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Altkanzler Schröder steht wegen der Freundschaft zu Putin massiv in der Kritik. Am Montag wird öffentlich, ob er aus der SPD ausgeschlossen wird. - Foto: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON

REGION Fragen an Unterbezirksvorsitzende Kömpel

Vor der Entscheidung: Soll Gerhard Schröder die SPD verlassen?

06.08.22 - Darf der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder in der SPD bleiben? Im sogenannten Parteiordnungsverfahren gegen den 78-Jährigen steht eine erste Entscheidung an, wenn am kommenden Montag der Beschluss der zuständigen Schiedskommission in Hannover verkündet wird. Aus der SPD waren insgesamt 17 Anträge für ein solches Verfahren eingegangen. Auch bekannte SPD-Mitglieder hatten den Ausschluss mit der Begründung gefordert, Schröders Verhalten sei parteischädigend.  Vor diesem Votum, das mit Spannung erwartet wird, hat O|N der Fuldaer SPD-Unterbezirksvorsitzenden Birgit Kömpel verschiedene Fragen zukommen lassen.

Zum Hintergrund: Gerhard Schröder steht seit Längerem massiv in der Kritik. Diese entzündet sich unter anderem an der trotz des Ukraine-Krieges allzu großen freundschaftlichen Nähe des 78-jährigen SPD-Politikers zu Russlands Präsident Wladimir Putin und an seinen Engagements für russische Energiekonzerne. Im Mai hatte Schröder zwar entschieden, seinen Aufsichtsratsposten bei Rosneft aufzugeben und auf einen angebotenen Aufsichtsratsposten bei Gazprom zu verzichten. Parallel wehrt sich der langjährige SPD-Vorsitzende rechtlich dagegen, dass ihm Mitte Mai seine Privilegien als Altkanzler weggenommen wurden. So soll er sein Büro und vier Mitarbeiter aufgeben.

Gleichwohl mischt er weiterhin munter in der Tagespolitik mit und hat erst kürzlich Schlagzeilen mit einer erneuten Moskaureise gemacht. Danach waren unter anderem heftige Vorwürfe laut geworden, Schröder übernehme Formulierungen des Kremls. 

Birgit Kömpel, die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Fulda. Archivfoto: O|N/Henrik Schmitt

O|N: Am kommenden Montag will die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Hannover ihre Entscheidung verkünden, ob Altkanzler Gerhard Schröder in der SPD bleiben darf. Mit welchem Votum rechnen Sie?

Birgit Kömpel: Ich rechne mit einem klaren Votum für einen Parteiausschluss.

O|N: Müssten Sie diese Entscheidung treffen – wie sähe die dann aus?

Birgit Kömpel: Ich persönlich finde es schade, dass Gerhard Schröder seine Verdienste während seiner Kanzlerschaft mit seiner starren Haltung pro Putin schmälert oder gar zunichte macht. Ein Parteiausschlussverfahren ist ein sehr langwieriges Verfahren mit hohen rechtlichen Hürden. Für viel wichtiger und wirksamer halte ich die Entscheidung des Bundestags, einen Teil seiner Privilegien und finanziellen Zuwendungen zu streichen.

O|N: Schröder steht seit Kurzem wieder einmal massiv in der öffentlichen Kritik. Wie beurteilen Sie seine freundschaftliche Nähe zu Russland Präsident Wladimir Putin?

Birgit Kömpel: Mit Männerfreundschaften kenne ich mich nicht aus. Dennoch glaube ich, dass er sich durch die Beziehung zu Wladimir Putin erhofft, den diplomatischen Austausch zu Deutschland aufrecht zu erhalten. Aber ich kann mich auch irren.

O|N: Was glauben Sie, treibt Schröder an – Altersstarrsinn oder doch hehre Motive?

Birgit Kömpel: Ich würde gerne glauben, dass er hehre Motive hat, allerdings zweifele ich inzwischen daran. Mit einem Kriegstreiber und derart aggressiv agierenden Herrn Putin pflegt man keine Freundschaft. Ich wünsche mir, dass er Klartext mit Herrn Putin spricht, statt sich mit ihm freundschaftlich auszutauschen.

O|N: Schadet Schröder mit seinem Verhalten der Bundesregierung unter Vorsitz von SPD-Kanzler Olaf Scholz?

Birgit Kömpel: Ich unterscheide hier zwischen dem Amt des Bundeskanzlers und der Partei. Der SPD insgesamt schadet Gerhard Schröder natürlich. Am meisten aber schadet er sich selbst. Die Regierung und insbesondere Bundeskanzler Scholz braucht keine öffentlichen Aussagen und Ratschläge eines Gerhard Schröders. Prinzipiell gilt für mich: Wenn man aus einem Amt ausscheidet, sollte man sich auch nicht mehr in das politische Tagesgeschäft einmischen. 

Zu dem Sachverhalt der Kommentar von O|N-Redakteur Bertram Lenz: 

O|N-Redakteur Bertram Lenz kommentiert das Parteiausschlussverfahren gegen Ex-Kanzler ...Archivfoto: O|N/Henrik Schmitt

Gerhard Schröder ist in der SPD aufgrund seines Verhaltens inzwischen zu einer "Unperson" geworden, auch wenn diese Formulierung für so manche Sozialdemokratin/so manchen Sozialdemokraten starker Tobak sein mag. Doch der 78-Jährige hat sich längst selbst aus dem Reigen der "elder statesmen" herauskatapultiert, so dass ihn eigentlich niemand mehr ernst nehmen kann. Zu widersprüchlich, mitunter bizarr, ist Schröders Verhalten Russland und seinem Männerfreund Wladimir Putin gegenüber. Und dies nicht erst seit Beginn des Ukraine-Krieges.   

Kein Wunder also, dass die Reaktionen nach dem jüngsten "Russland-Urlaub" des 78-Jährigen verheerend sind - um es milde zu formulieren.  Darunter einmal mehr auch aus der SPD, der er (noch) angehört.  Schon früher hatten führende Sozialdemokraten die Vermischung von Schröders privatem und beruflichem Engagement als inakzeptabel kritisiert. Und weil es höchst unwahrscheinlich ist, dass der Altkanzler in absehbarer Zeit damit aufhört, seine politischen Spielchen im Ruhestand zu betreiben und sich damit weiter der Lächerlichkeit preiszugeben, kann die Antwort eigentlich nur der Parteiausschluss sein.  

Der "Basta"-Kanzler, wie er einst genannt worden ist, verspielt mit seinem Verhalten, das immer mehr Züge von Altersstarrsinn trägt, auch noch den letzten Rest an Respekt, der ihm geblieben sein mag. Denn dass er über seinen Kontakt zu Putin etwas am Ukraine-Krieg zu ändern vermag, glaubt wahrscheinlich nur noch Schröder selbst. (Bertram Lenz) +++


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