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Die Staubwolke ist unübersehbar, aber muss für deren Bindung tatsächlich Trinkwasser eingesetzt werden? - Foto: hr

HOMBERG (OHM) Gegen Staub an der Baustelle

Ökologischer Wahnsinn: Tausende Liter Trinkwasser für die A-49-Baustelle

29.08.22 - Angesichts der vorherrschenden Dürre sehen sich immer mehr Kommunen gerade dazu genötigt, den Verbrauch von Trinkwasser zum Beispiel zum Rasensprengen, Blumengießen, Pool-Befüllen oder Autowaschen behördlich zu untersagen, weil die knapper werdende Ressource dafür zu wertvoll ist. Nicht so in der Stadt Homberg/Ohm. Dort werden tausende von Litern Trinkwasser verkauft, um damit den Staub an der Riesenbaustelle der A 49 zu beregnen.

Wie unser hr-Kollege Jochen Schmidt in seinem Hessenschau-Beitrag dazu recherchiert hat, kostet ein Kubikmeter Wasser für diesen profanen Zweck gerade mal 2,53 Euro. Die Gegner des Autobahnbaus monieren seit langem, dass für die umstrittene Baustelle der A 49 zu viel Wasser verbraucht wird. Bürgermeisterin Simke Ried (CDU) ist offenbar der Meinung, diese Wassernutzung sei in Ordnung, weil Hombergs Brunnen ausreichend gefüllt und die Wasserversorgung der Einwohner gesichert sei.


Diese verschwenderische Praxis und die lapidare Begründung der Stadt dafür hatte für ungläubiges Kopfschütteln und Empörung gesorgt. Bauamtsleiter Pfeffer hatte den Homberger Stadtverordneten auf entsprechende Nachfragen erklärt, die projektverantwortliche Bau-ARGE habe innerhalb von acht Monaten 2.480 Kubikmetern Wasser aus Hydranten der Stadt abgezapft, die aus den Tiefbrunnen 1,2 und 3 Dannenrod stamme. Der Bau-Arge seien bis zum 30. April dieses Jahres dafür 4769,49 Euro in Rechnung gestellt worden. Die Höhe der Kosten richte sich nach der Wasserversorgungssatzung, die einen Preis von 2,53 Euro pro Kubikmeter vorsehe. Diese Regelung gelte auch für die Bau-Arge.

Hombergs Bürgermeisterin Simke Ried Archivfoto: O|N/Henrik Schmitt

O|N hat selbstverständlich die Homberger Bürgermeisterin Simke Ried um ihr Statement dazu gebeten. "Im Unterschied zu zahlreichen Kommunen in der Region fördert und nutzt die Stadt Homberg (Ohm) ihr Wasser vollständig selbst. Die Förderung erfolgt in einem geschlossenen System – es gibt keine Leitungen für einen Wasserexport, beispielsweise in das Rhein-Main-Gebiet. 0 cbm Trinkwasserexporte - mit Blick auf die Schonung unserer Trinkwasserressourcen ist dies ein unschätzbarer Vorteil gegenüber anderen Städten und Gemeinden, die teilweise seit Jahrzehnten das Mehrfache ihres Eigenbedarfes exportieren und gewinnbringend bewirtschaften", schreibt Simke Ried auf unsere Anfrage.

Keine Wasserverschwendung?

Der verantwortungsvolle und nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser durch die Stadt spiegele sich auch im jährlichen Gesamtverbrauch Hombergs wider: Im laufenden Jahr werde die Stadt voraussichtlich etwa 70 Prozent der behördlich genehmigten Jahreswassermenge fördern.

"Vor diesem Hintergrund ist es der Stadt möglich, unter kontinuierlicher Kontrolle der Pegel mittels Fernwirktechnik, auch im begrenzten Umfang Wasser an den Bau der A49 auf Homberger Gemarkung gemäß der gültigen Wassersatzung abzugeben. Neben der Nutzung von Niederschlagswasser, das die bauausführende Firma selbstständig sammelt, wird städtisches Wasser zugekauft. Dies wird bei trockenem Wetter benötigt, um Staubimmissionen zu minimieren – zum Arbeitsschutz, aber auch zum Schutz der angrenzenden Dörfer. Die Begrenzung der täglichen Entnahme durch die Bau-ARGE wird durch die Stadt je nach Menge so definiert, dass die Pegel nicht belastet werden – der Nachlauf in den Brunnen also stets deutlich höher ist als die Entnahme", so Simke Ried.

Im August habe die Entnahme durch die Bau-ARGE bei 45.000 Litern pro Tag und somit sehr klar innerhalb der gesetzten Limits gelegen. Dies entspreche etwa der Füllmenge von drei handelsüblichen, aufstellbaren Gartenpools. "Wir haben in den vergangenen Wochen einen engen Dialog und Austausch mit der Bau-ARGE zur Minimierung der Verbräuche etabliert", so Bürgermeisterin Simke Ried. Alternativen würden laufend geprüft – jedoch seien teils aus technischen Gründen, teils aufgrund fehlender Infrastruktur derzeit keine Ausweichmöglichkeiten vorhanden. Denkbar wäre nur ein Antransport von Wasser über Tanklastzüge aus anderen Kommunen, die ihr Wasser extern vermarkten. Dies sei "in Sachen Nachhaltigkeit und auch mit einem Blick auf eine regionale Solidarität der Städte und Gemeinden untereinander sachlich betrachtet keine Verbesserung", so Ried. Zum Autobahnbau könne man stehen, wie man wolle - aber bezüglich des Trinkwassers von einem "Ausverkauf" oder gar von "ökologischem Irrsinn" zu sprechen, gehe gänzlich an der Realität vorbei.

Abschließend bekräftigt die Rathauschefin: "Wir pflegen von Seiten der Stadt und mit unseren Gremien einen sachbezogenen und durchaus sehr kritischen Dialog zum Thema Wasserverbrauch und der Schonung der kostbaren Ressource Wasser. Kurzum: Homberg bestimmt und verfügt ganz allein über sein Wasser. Wir bewirtschaften es sehr nachhaltig, verantwortungsvoll und sparsam im Sinne des Allgemeinwohls - und ganz im Gegensatz zu vielen Kommunen in der Region eben nicht gewinnorientiert. Das Thema Trinkwasser ist deshalb in keinster Weise dazu geeignet, gerade die Stadt Homberg in ein schlechtes Licht zu rücken - ganz im Gegenteil", so die Bürgermeisterin abschließend.

Wassersparendes Vorgehen? Notwendiges Mindestmaß?

Auch die A49-Autobahngesellschaft haben wir um eine Stellungnahme gebeten. Die Antwort lautet lapidar: "Gemäß den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt die Befeuchtung des Baustellenbereichs zur Verminderung des Staubaufkommens im Sinne des Arbeitsschutzes und der Verhinderung von Verschmutzungen der Umgebung. Die Bau-ARGE ist selbstverständlich aus ökologischen Beweggründen an einem wassersparenden Vorgehen interessiert. Die Wassernutzung wird auf ein notwendiges Mindestmaß begrenzt und erfolgt gezielt nur dort, wo Bauabläufe oder der Arbeits-/Umgebungsschutz dies erforderlich machen. Die eingesetzte Wassermenge ist abhängig von Faktoren wie dem Baufortschritt, den jeweils durchzuführenden Arbeiten und der Witterung." 

"Das ist doch irre, dass man so viel Trinkwasser einfach nur auf eine Trasse kippt", hatte eine Homberger  Stadtverordnete kommentiert. Dem ist nichts hinzuzufügen. (Carla Ihle-Becker)+++


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