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Solch ein Multitool-Messer kam bei einer Auseinandersetzung im Februar in Fulda zum Einsatz. Ein Mann wurde schwer verletzt. - Foto: picture alliance / Zoonar | JIRI HERA

FULDA Wer einmal lügt. . .

Scheinbar abgestimmte Zeugenaussagen: Wer will hier wen schützen?

11.11.22 - Erneut kam die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Fulda im Strafverfahren gegen einen 35-Jährigen zusammen. Nach einer Messerstecherei im Februar 2022 wird ihm versuchter Totschlag vorgeworfen. Die geplante Urteilsverkündung wurde durch vier geladene Zeugen am Freitag vertagt. Doch drei von ihnen scheinen sich vorab abgesprochen zu haben. Wer will hier wen schützen?

Der Tatort: die Künzeller Straße in Fulda Archivfotos: O|N

In der Nacht zum 19. Februar dieses Jahres war es auf dem Gehweg in der Künzeller Straße in Fulda zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen gekommen. Unser O|N-Reporter war damals vor Ort und hatte berichtet, dass dabei ein 32-jähriger Mann aus Fulda schwer verletzt wurde. 

Am Freitagvormittag wurden vier Zeugen geladen. Drei Freunde des schwer verletzten Mannes, sowie ein Polizeibeamter. Unklar ist noch immer, wer zuerst mit dem Multitool-Messer zustach: der Angeklagte oder das Opfer?

"Solch eine Erinnerungsleistung ist undenkbar"

Am Abend des 19. Februars - der Tatnacht - trafen sich die drei Freunde zusammen mit dem späteren Opfer in einem Café zum Karten spielen. Für das Gericht sollten heute unter anderem die Fragen "Wer ist mit zum Tatort gefahren?" und "Ist der 32-Jährige betrunken mit dem Auto gefahren oder zu seinem Onkel gelaufen?" geklärt werden.

Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft.

"Es war ein üblicher Abend. Unser Freund hat während des Spiels einen ersten Anruf bekommen, danach war er nachdenklich", fing der erste Zeuge an. "Wir spielten weiter, bis zum zweiten Anruf. Wir hatten dann mitbekommen, dass es zwischen dem Angeklagten und dem Onkel unseres Freundes Streit gab. Mehr wussten wir nicht." Anschließend habe man gefragt, ob man helfen kann und mitkommen soll. Das mache man unter Freunden eben so. "Aber er ist dann alleine aus dem Café gegangen."

Weder Inhalte zum Streit noch zu der Tatnacht seien dem "guten" Freund bekannt. Er habe auch nach der Nacht nicht mehr mit dem Opfer darüber gesprochen. Auch, wenn man sich wöchentlich zum Kartenspielen treffe.

"Solch eine Erinnerungsleistung ist undenkbar. Er sagt, er erfährt eben erst vom Richter, um was es geht und weiß dann genau, was im Februar abgelaufen ist", kritisiert Verteidiger Rechtsanwalt Scherzberg. Und auch nach Zeuge Nummer zwei hat er klare Worte: "Dass die Aussagen abgesprochen wurden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche." Auch er trug dem Gericht einen chronologischen Ablauf des Abends im Café vor, wisse darüber hinaus aber nichts. Mehrfach fügte der Zeuge an: "Wir sagen hier die Wahrheit." Umso öfter er das sagte, desto weniger glaubhaft kam dies bei den Anwesenden im Gerichtssaal an.

"Wieso sollte ich lügen? Ich sage die Wahrheit!"

Genau so ging es mit Zeuge drei weiter: Karten im Café gespielt - erster Anruf - Opfer wurde nachdenklich - zweiter Anruf - sollen wir mitkommen? - Nein, ich gehe alleine zu meinem Onkel. Auch hier blieb die Frage, ob er mit dem Auto, alleine, mit anderen Personen, oder sogar zu Fuß zum Tatort gekommen sei, unbeantwortet. "Er ist mein Chef, natürlich sehen wir uns oft und reden über den Vorfall", sagte der vorgeladene Mann. "Aber wir haben vorab nicht darüber gesprochen, was wir dem Gericht sagen werden."

Mehrfach mussten Staatsanwalt Hellmich und Vorsitzender Richter die drei Männer belehren, vor Gericht die Wahrheit zu sagen. 

Der Prozess wird am 25. November fortgesetzt. Dann wolle man sich auf die Berichte der Polizei fokussieren. (nb) +++


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