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In ungewohnter Perspektive, aber mit sichtlich frisch sanierter Fassade: Haus-Nr. 24 der oberen Bahnhofstraße - Foto: Martin Engel

FULDA Vorbildliches Engagement der Eigentümer

Schmuckstück in der Bahnhofsstraße innen und außen aufwendig saniert

16.01.23 - Im Frühjahr letzten Jahres löst sich aus der Fassade des Hauses in der Bahnhofstraße 24 unvermittelt ein Teil einer Natursteinverzierung und zerschellt auf dem Pflaster. Zum Glück wurde niemand getroffen. "Der Sandstein war so mürbe, es sah aus wie ein zerplatzter Schneeball", sagt Architekt Martin Burischek, der anschließend die Verfallserscheinungen an dem historischen Gebäude dokumentiert und die folgenden Sanierungsarbeiten geleitet hat. 

"Die gesamte Fassadenfläche weist altersbedingte mittlere bis starke Verschmutzungen ...Fotos (9): Martin Burischek (Reith Wehner Storch)

Das Geschäftshaus, als Landmaschinenhandlung 1900/1901 nach Plänen von Ernst ...

Auch die Frauenmaske als Scheitelstein brauchte eine "Kur"

Während der Sanierung "hinter Gittern"

Die originale Farbigkeit der Fassade war bei einer frühen Renovierung vollständig ...

Der bauzeitliche Putz war verwittert, der Stein lag vielfach frei und war weiterer Erosion ausgesetzt - es war höchste Zeit, etwas zu tun. Die Apothekerfamilie Fahr-Becker, die das Haus 2004 von der ÜWAG gekauft hatte, war schnell entschlossen, nicht nur das Notwendigste zu sanieren. "Dann machen wir das gleich richtig", bedeutete, dass nicht nur die Fassade erneuert, sondern auch die "Modernisierungen" im Inneren, die der Energieversorger in den 80er Jahren veranlasst hatte, kritisch in Augenschein genommen wurden. Damals war nicht nur der Außenputz überstrichen worden, sondern auch ein Aufzug eingebaut, Decken abgehängt und Säulen verschalt worden. Im Erdgeschoss hatte die Fahrschule Krebs und der Friseursalon Weber ihre Geschäfte, deren Mietverträge beim Verkauf ausgelaufen waren. Rechts neben der Apotheke befindet sich jetzt das alteingesessene Fuldaer Juweliergeschäft Ehrlich. Die Inhaber freuen sich über das runderneuerte Antlitz des Baus: "Wir werden oft darauf angesprochen, wie hell und freundlich das Haus jetzt aussieht!"

Außergewöhnlich schöner Stuck und gusseiserne Säulen "freigelegt"

Als Zierelemente befinden sich zwei rund 20 kg schwere Kugeln in 15 Metern Höhe ...

Die schöne Jugendstildame mit Zahnrad, das wohl auf den ehemaligen Landmaschinenverkauf ...Fotos: Architekten Reith Wehner Storch

Undatiertes Bild aus den 60er Jahren Foto: Stadtarchiv Fulda

Ansicht der oberen Bahnhofstraße von 1965 Foto: Stadtarchiv Fulda

Nicht nur die Fassade, sondern auch die verhüllten Stuckdecken wurden restauriert ...Fotos: Martin Engel

Arbeitszimmer von Sarah Fahr-Becker im 1. Stock

"Wir haben nicht schlecht gestaunt, was dann da unter Styropor und MDF-Platten zum Vorschein kam", erinnert sich Askan Fahr-Becker an die folgende "Entkleidung". Die aufwendige Innenausstattung mit zum Teil vergoldeten und farbig gefassten Stuckdecken und gusseisernen Säulen im heutigen Verkaufsraum der Apotheke zeugen vom Wohlstand des einstigen Bauherrn, des jüdischen Landmaschinenhändlers Julius Karpf. Der hatte das Haus ab 1900 als eines der ersten in diesem oberen Teil der Bahnhofstraße nach dem knapp 25 Jahre zuvor errichteten Bahnhof bauen lassen - vier Geschosse mit geschweiftem Neo-Renaissancegiebel und reich verzierten breiten Balkonen. Doch sein unternehmerisches Glück währte nicht lange, der Handel ging pleite und Karpf wanderte 1931 nach Amerika aus. Fahr-Becker ist froh darüber, dass dieses Haus nicht im Zuge der so genannten Arisierung der Nazis enteignet wurde. "Das wäre für mich sonst ein schlimmer Makel, auch wenn wir das Haus erst 60 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus gekauft haben."

Die gusseisernen Säulen wurden aus ihrer Verschalung befreit

Sarah Fahr-Becker und ihr Vater Askan sind mit Recht stolz auf die Vorzeige-Immobilie ...

Architekt Martin Burischek ist voll des Lobes darüber, wie verantwortungsvoll die Eigentümerfamilie mit dem Erhalt ihres Besitzes umgegangen ist: "Das ist wirklich ein tolles Beispiel für vorbildliches Engagement. Denn es wurden nicht nur die 'sichtbaren' Geschäftsräume restauriert, sondern auch Bereiche, die für die Öffentlichkeit gar nicht zugänglich sind." So wie das Büro im 1. Stock mit den hübschen niederländischen Szenen über den großen Profiltüren, das Apothekerin Sarah Fahr-Becker wie die Apotheke von ihrem Vater übernommen hat. "Das ist eben kein Renditeobjekt, da hängt wirklich das Herz der Besitzer dran", so der Architekt. Auch die untere Denkmalbehörde in Fulda und das Wiesbadener Landesamt für Denkmalpflege waren natürlich eingebunden und haben ihre Expertise beigesteuert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und sollte beispielgebend für die Besitzer historischer Gebäude in Fulda und anderswo sein. (Carla Ihle-Becker)+++

 


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