Archiv
Der Bundestag soll künftig nur noch 630 Abgeordnete zählen. - Foto: O|N - Archiv

REGION Künftig nur noch 630 Abgeordnete

Umstrittene Wahlrechtsreform gebilligt: Der Bundestag soll kleiner werden

17.03.23 - Seit Langem wird es von verschiedenen Seiten gefordert, am Freitag wurde ein wichtiger Schritt zur Realisierung getätigt: Dem Bundestag sollen künftig maximal nur noch 630 Abgeordnete angehören dürfen. Bislang sind 736 Politiker im Parlament vertreten. Die Verkleinerung soll erreicht werden, indem auf die so genannten Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird - was heftige Kritik hervorgerufen hat.

Die entsprechende Wahlrechtsreform wurde nach längerer Debatte mit den Stimmen der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP verabschiedet. 400 Abgeordnete stimmten dafür, 261 dagegen, 23 enthielten sich. Vor allem die Union und die Linke lehnen dpa zufolge die Reform strikt ab.

Hintergrund

Die Reform soll ab der nächsten Wahl den Bundestag verkleinern. Zuletzt hatten Überhang- und Ausgleichsmandate für ein "aufgeblähtes" Parlament gesorgt, so dass es anstatt der vorgesehenen 598 Sitze aktuell 736 Mitglieder gibt. Die neuen Regeln sollen dem ein Ende bereiten: Direkt gewählte Kandidaten ziehen nur noch ein, wenn ihre Mandate auch durch das Zweitstimmenergebnis ihrer Partei gedeckt sind.

dpa zufolge erachtet dies die Opposition als Ungerechtigkeit: Es könne vorkommen, dass in einem Wahlkreis eine Bewerberin oder ein Bewerber das Direktmandat gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht, weil die Partei der Gewinnerin oder des Gewinners unter fünf Prozent liegt. Kritik kam daher besonders von der CSU, die  massive Mandatsverluste fürchtet, da ihre zahlreichen Direktmandate aus Bayern verfallen würden. 

CDU-Chef Friedrich Merz nannte das Procedere eine "Beschädigung des Vertrauens in unsere Demokratie", der man zu keinem Zeitpunkt zustimmen werde. "Wir werden jederzeit jede Gelegenheit nutzen, das wieder zu ändern."  CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kündigte an, Bayern werde vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Linkenfraktion, Jan Korte, kritisierte massiv die Streichung der Grundmandatsklausel. Deren Sinn sei gewesen, dass regional verankerte Strömungen im Bundestag vertreten seien. Es handele sich um einen Anschlag auf die Demokratie.

Statement Jürgen Lenders (FDP)

Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Lenders aus Fulda (FDP). Foto: O|N - Archiv

Der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders aus Fulda, der für die Wahlrechtsreform stimmte, erklärt dazu: "Wir machen den Bundestag kleiner und das deutlich und dauerhaft. Mit der Wahlrechtsreform zeigen wir, dass wir auch die Kraft haben, uns selbst zu reformieren. So stärken wir die Akzeptanz der parlamentarischen Demokratie und verschlanken den Staat."

Die Zahl der Wahlkreise bleibe auch nach der Wahlrechtsreform bei 299. Neu eingeführt werde die Zweitstimmendeckung. Dadurch werden, wie angeführt, Überhangmandate und Ausgleichsmandate künftig entfallen. Sie hatten dafür gesorgt, dass die Größe des Bundestages immer weiter anwuchs. Betroffen sind von der Verkleinerung des Bundestages alle Parteien gleichermaßen. Lenders erklärt dazu: "Jede Partei erhält durch die Reform im Verhältnis ihrer Zweitstimmen Sitze, das ist fair und behandelt alle Parteien gleich. Damit gelingt uns, was die Große Koalition und insbesondere die CSU über zehn Jahre lang blockiert haben."  

Statement Michael Roth (SPD)

Der Bundestagsabgeordnete Michael Roth aus Hersfeld-Rotenburg )SPD). Foto: O|N - Archiv / Michael Farkas

Der Bundestagsabgeordnete Michael Roth (SPD) aus Hersfeld-Rotenburg schreibt: "Seit Jahren mahnt das Bundesverfassungsgericht uns dazu an, die Anzahl der Bundestagmandate auf die gesetzlich vorgesehene Größe von 598 zu reduzieren. Auch im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern habe ich diese Erwartungshaltung immer wieder sehr deutlich gespürt. Diese dringend notwendige Reform, die in den vergangenen 16 Jahren, aber vor allem am Widerstand der Fraktion der CSU gescheitert ist, geht die Ampel-Koalition nun endlich an.

Ich selbst hatte den Vorschlag unterstützt, mit dem wir den Bundestag auf die bislang vorgesehene Regelgröße von 598 Mandaten begrenzt und trotzdem die Anzahl der bestehenden 299 Wahlkreise erhalten hätten. Das hätte aber absehbar zur Folge gehabt, dass einige Kandidatinnen und Kandidaten in den Wahlkreisen trotz ihres Sieges bei den Erststimmen nicht in den Bundestag eingezogen wären. Mit der Erhöhung der Regelgröße auf 630 Mandate wurde jetzt ein vernünftiger Kompromiss gefunden, der sicherstellen soll, dass möglichst viele Wahlkreise durch eigene  Abgeordnete vertreten sind. Die Alternative wäre gewesen, die Zahl der Wahlkreise massiv zu vermindern. Der Bundestag hatte dazu bereits einen Beschluss gefasst. Im Falle meines Wahlkreises Werra-Meißner/Hersfeld-Rotenburg hätte das entweder dazu geführt, dass der Wahlkreis aufgelöst oder abermals deutlich vergrößert worden wäre. Ich wüsste nicht, wie man dann noch angemessen ansprechbar und präsent in der Fläche sein könnte. Was wir heute erlebt haben, ist also kein weiteres Reförmchen, sondern eine echte Reform unseres Wahlrechts. Ein unkontrolliertes Aufblähen des Bundestages wird damit langfristig verhindert. Die Ampel-Koalition hält Wort". (bl) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön