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Podiumsdiskussion am Mittwochnachmittag zum Thema "Spezialleistungen im Rettungsdienst" ... - Alle Fotos: Christian P. Stadtfeld

Podiumsdiskussion am Mittwochnachmittag zum Thema "Spezialleistungen im Rettungsdienst" ... - Alle Fotos: Christian P. Stadtfeld

12.05.11 - RETTmobil 2011

Rettungsdienst: Spagat zwischen Kosten & med. Professionalität

"Der Bedarf an Verlegungen von kritisch kranken und schwerverletzten Patienten von einem Krankenhaus in ein geeignetes Spezialzentrum ist deutschlandweit vorhanden. Und klar ist auch, dass der ganz gewöhnliche Rettungswagen nicht das geeignete Transportmittel dafür ist." So fasste Professor Dr. Peter Sefrin aus Würzburg - er ist bundesweit als Urgestein in der Notfallmedizin bekannt - das Ergebnis einer Podiumsdiskussion auf der 11. RETTmobil in Fulda zusammen. In einer einstündigen Gesprächsrunde thematisierten Experten aus Rettungsbranche und Feuerwehrwesen die „Spezialleistungen im Rettungsdienst". Dabei ging es vor allem um Sinnhaftigkeit, Nutzen und Chancen von Intensivtransportwagen, speziellen Fahrzeugen zum Transport von adipösen Patienten und dem so genannten Baby-Notarztwagen (NAW). Anästhesist und Notfallmediziner Sefrin erörterte mit den Fachleuten ganz genau, ob "wir solche Spezialfahrzeuge brauchen". Er sprach von einem Spagat zwischen zunehmender Kostensteigerung und medizinischer Professionalität.

"Es muss sichergestellt sein, dass kritische Patienten zeitnah verlegt werden können", betonte Professor Dr. André Gries, Direktor der Interdisziplinären Notaufnahme am Klinikum Fulda. Er berichtete jedoch von einer Zunahme der adipösen Patienten und stufte deshalb die Wichtigkeit von Schwerlast-Rettungswagen höher ein, als etwa die Priorität eines Intensivtransportwagens. Immer wieder kam die Frage auf, wie viele disponierte ITW-Einsätze auch die Indikation dafür hätten. Thomas Jackel, Direktionsbereichsleiter Infrastruktur bei der der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main beleuchtete die Thematik aus Sicht der Koordinierungszentrale für Sekundäreinsätze (KST-Hessen) und erklärte, dass der Faktor Zeit bei Intensivtransporten eine besondere Rolle einnehme. Deshalb müsse man zwischen dringlichen Verlegungen, die von einem Rettungswagen mit Primär-Notarzt durchgeführt werden, und einem Intensivtransport deutlich unterscheiden.

"Der ITW ist eine Schnittstelle zwischen zwei Intensivstationen", sagte Dr. Ralf Blomeyer - stellvertretender Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Stadt Köln - und berichtete, dass Patienten mit den schwierigsten Krankheitsbildern adäquat behandelt werden müssten. Das könne nur durch ein eingespieltes Team und entsprechenden Platz im Fahrzeug gewährleistet werden. Wichtig sei dabei auch die richtige Befestigung der speziellen Gerätschaften und einer besonderen ITW-Trage.

Ein normaler Rettungswagen kommt wegen der Unterbringung von zusätzlichem Equipment für die Durchführung von Intensivtransporten nicht in Frage, waren sich die Experten einig. "Für einen qualitativ hochwertigen Transport ist ein hohes technisches und medizinisches Wissen unbedingt erforderlich", betonte der Ärztliche Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) im Landkreis Fulda, Roland Stepan. Auf die Personal-Problematik ging auch Günter Ohlig, Rettungsdienst-Teamleiter beim DRK Landesverband Hessen, ein. Welches Personal ist für den Einsatz auf dem ITW geeignet? Er sprach von hohen Standards im deutschen Rettungswesen und zog eine Grenze zwischen Regelversorgung und den Spezialbereichen.

"Weil es für Intensivtransportwagen keine Norm gibt, baut jeder Kunde seine Fahrzeug individuell und das kostet mehr Geld, als wenn alle einheitlich wären", sagte Dr. Hermann Kaste von der Firma Binz aus Ilemnau. Um die ITW-Anschaffungskosten minimieren zu können, müsste es entweder einheitliche Standards geben oder die Produkte müssten in einer größeren Stückzahl bestellt werden. Für Regierungsdirektor Wilhelm Schier, "Referent Rettungswesen" im hessischen Sozialministerium, ist es wichtig, dass die Rettungsdienste flexibel reagieren können. Deshalb sei eine Norm weniger interessant. Durch die veränderte Krankenhauslandschaft und modernste Technik könne man heute kritische Patienten von A nach B transportieren, die vor 20 Jahren noch gestorben wären.

Die Frage welchen Bedarf es wirklich gebe, warf Professor Gries in die Runde. Seiner Meinung nach sei nur ein geringer Anteil "extrem krank". In Köln würden 90 Prozent aller Sekundärverlegungen mit einem Rettungswagen und Notarzt durchgeführt, in nur 10 Prozent der Fälle müsste der ITW eingesetzt werden. Das legte Ralf Blomeyer dar und betonte, dass dann aber "besonderes know-how" gefragt sei. Der Anästhesist sieht die Fixierung von Krankenhäusern auf ein bestimmtes Rettungsmittel als problematisch an und fordert - wie auch seine Diskussionspartner - eine überregionale Disposition.

Wie viele echte Sekundärtransporte wirklich indiziert sind, ist eine gute Frage, die sich allerdings nicht ganz einfach beantworten lässt. KST-Chef Jackel ist jedoch der Meinung, dass es nur ein geringer Anteil sei. Er sieht seine Behörde als Organ, die handeln müsse, wenn ein Sekundärtransport von einem Krankenhaus angefordert werde. Deshalb sei es von enormer Wichtigkeit, dass die anfordernden Personen die Strukturen des Rettungswesen kennen und etwa ärztlich besetzte Rettungsmittel unterscheiden könnten.

Im Gesamtfazit waren sich alle einig: spezielle Fahrzeugsysteme wie etwa ein ITW oder ein Transportmittel für adipöse Patienten werden gebraucht, allerdings muss nicht jeder Rettungsdienstbreich über diese Rettungsmittel verfügen. Auch sei klar, dass es immer Sonderfälle geben wird. "Diese müssen aber nicht zum Standard werden", fügte Brandrat Georg Weber, Leiter der Feuerwehrschule der Berufsfeuerwehr München, abschließend hinzu. Bedarf und Notwendigkeit müssten immer im Einklang miteinander stehen. In Hessen sind ITW-Standorte in Kassel, Marburg, Gießen, Frankfurt und seit November letzten Jahres auch in Fulda. (Christian P. Stadtfeld). +++


Professor Dr. André Gries (li. / Direktor der Interdisziplinären Notaufnahme am Klinikum Fulda) und Brandrat Georg Weber (re. / Leiter der Feuerwehrschule der Berufsfeuerwehr München).

Thomas Jackel (li. / Direktionsbereichsleiter Infrastruktur der Feuerwehr Frankfurt/Main) und Dr. Hermann Kaste (re. / Firma BINZ, Ilmenau)


IKR-Chef Manfred Hommel (li.) ...

Thomas Jackel (li.) und Dr. Hermann Kaste (re.) ...


Roland Stepan, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Gesundheitsamts-Chef (Landkreis Fulda) ...



Auch die diensthabende Besatzung vom ADAC-Rettungshubschrauber "Christoph 28" folgte der Podiumsdiskussion: Chef-Pilot Klaus Mader, Rettungsassistent Gerhard Müller und Notarzt Dr. Arndt Köbler ....


Im Publikum (v.l.n.r.): Messe-Chef Dieter Udolph, Fuldas Feuerwehr-Chef Thomas Hinz und IKR-Chef Manfred Hommel ...



Günter Ohlig (li. / Teamleiter Rettungsdienst - DRK Landesverband Hessen), Wilhelm Schier (Mitte / "Referent Rettungswesen" - Hessisches Sozialministerium) und Professor Dr. Peter Sefrin (re.)


"Notfall-Papst" Professor Dr. Peter Sefrin aus Würzburg leitete die Podiumsdiskussion ...

Das Podium mit Experten aus dem Rettungs- und Feuerwehrwesen ...

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