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- Fotos: Hanns Friedrich

06.09.11 - Bad Königshofen

Nahrungsmittel - Nachkriegsdepot der Amerikaner durch Zufall entdeckt

Es war ein Zufall, dass vor einigen Monaten ein Stück Mauer aus einem ehemaligen Hühner- und Schweinestall an der einstigen „Stuterei“ der Julius-Spitalstiftung in der Wallstraße herausfiel. Es war auch ein Zufall, dass Josef Schober davon erfuhr und letztendlich ein lange gehütetes Geheimnis gelüftet werden konnte. Auf dem Dachboden der kleinen Scheune lagern an die 80 bis 100 Pakete aus der Zeit der Belagerung von Königshofen nach dem Einzug der Amerikaner am 8. Mai 1945. „Es war ein Depot der Amerikaner, das den Königshöfern aber nicht bekannt war,“ sagt Rainer Schunk aus Würzburg, dessen Elternhaus nicht weit davon entfernt stand.

„Hoyt’s Baking Powder“ liest man auf den Dosen oder auch "Baking Powder Medium Quick Acting“ und auf einer weiteren Dose „Herring Cooked“. Beim Öffnen der Dosen stellt sich dann schnell heraus, dass in der einen reinweißes Backpulver, wohl eher Milchpulver zu finden ist, in der anderen sind Heringe in einer entsprechenden Sauce, übrigens noch gut riechend, zu finden. Schunk, heute Apotheker am Heuchelhof in Würzburg, erinnert sich, dass es sich dabei um ein Depot der Amerikaner gehandelt haben könnte. Sein Elternhaus gegenüber der Sparkasse stand nicht weit davon entfernt. Als Kind sei er immer im Bereich des Grundstücks Gernert und der Stuterei „herumgestromert“. Da könnte es durchaus sein, dass die Amerikaner hier ein Depot angelegt hatten.

„Aber das durfte ja niemand wissen und wir wußten es auch nicht,“ sagt Schunk. Er weiß, dass in seinem Elternhaus und in der „Winkelmann-Villa“ amerikanische Offiziere einquartiert waren. „Es könnte gut sein, dass es ein Nahrungsdepot war,“ das hier eingerichtet worden war. Das bestätigt auch Konrad Trauth. Er weiß noch, dass die Amerikaner immer für die Besatzung der Stadt in der Küche der einstigen Landwirtschaftsschule in der heutigen Festungsstraße kochten. Trauth vermutet, dass es sich um Milchpulver handelt. „Das gab es in rauen Mengen für den Eigenbedarf.“ Ebenfalls für den Eigenbedarf hatten die Amerikaner in Königshofen in einer Garage hunderte von Zigarettenstangen gelagert. Wer da hineinging und erwischt wurde, der wurde eingesperrt.

So erging es einem Königshöfer Jungen, der in der Garage sein Spielzeug holen wollte. Drei Tage wurde er im sogenannten „Beamtenhaus“ in der Festungsstraße, am „weißen Kreuz“, das dort heute noch steht eingesperrt. Seine Freunde versorgten ihn damals unter anderem mit Essen. An was sich Trauth noch erinnert, sind die guten, gelbgoldenen Pfannkuchen, die die Amerikaner hatten. „Solche guten Pfannkuchen, die habe ich seitdem nie mehr gegessen und wir haben zu Haus immer versucht sie nachzubacken, was nicht gelungen ist.“ Es sei wohl ein besonderes Pulver gewesen, dass die Amerikaner da hatten, vermutet der Königshöfer. Überhaupt hätte die Besatzungsmacht viel Trockenware, auch Trockenkekse gehabt. Als die Amerikaner dann aus Königshofen abgezogen wurden, da ließ man die Reste wohl im Depot und bis heute wusste keiner, dass hier noch aus der Nachkriegszeit Essenspakete mit Trockennahrung vorhanden sind.

Erlebnis Nachkriegsgeschichte

Für Manfred Bühner, dem Heimleiter des Juliusspitals, war es deshalb keine Frage, der Sache mit den Paketen, die eine amerikanische Aufschrift tragen, nachzugehen. Damit hat sich nun wieder ein Stück Nachkriegsgeschichte in Königshofen gezeigt, die über 65 Jahre in einem geheimen Nahrungsdepot, dass die amerikanische Besatzung angelegt hatte, schlummerte. Interessiert hat auch Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert die Recherchen um die Pakete mit der englischen Aufschrift verfolgt. Er hat vor einigen Jahren ein Buch über den Einzug der Amerikaner in Königshofen am 8. April 1945 verfasst.

Magda Ogiermann berichtet, in ihrem Elternhaus an der Tuchbleiche seien einige Tage Amerikaner einquartiert worden. Sie hätten sich "überaus anständig" verhalten. In der benachbarten Tankstelle Heller befand sich ein Fuhrpark der US-Armee. Interessant in diesem Zusammenhang mit dem Fund in der ehemaligen Stuterei: Als die amerikanischen Soldaten weiterzogen und sich von der Familie verabschiedeten, stellte diese fest, dass auf dem Küchentisch Lebensmittel in Hülle und Fülle lagerten. Die Mutter fragte, ob sie nicht vergessen hätten, die Waren mitzunehmen. Nein, nein, winkte ein Soldat ab: „Für Euch!“ (hf) +++


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