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07.04.13 - NACHGEDACHT (14)

„Ein Tag mit einem bekannten Menschen" - von Christina LEINWEBER

Mit welchem bekannten Menschen würden Sie gerne einen Tag verbringen? Diese Frage wurde mir einmal gestellt und ich konnte sie nicht allzu schnell beantworten. Heute kann ich dies entschiedener und anlässlich seines Todestages, der sich am kommenden 9. April zum 68. Mal jährt, möchte ich diese Person heute besonders würdigen: Es ist Dietrich Bonhoeffer. Ein evangelischer Theologe, der sich aktiv am Widerstand gegen Hitler und das Dritte Reich beteiligte. Er wurde dafür nur einen Monat vor Kriegsende 1945 im Konzentrationslager Flössenburg von den Nazis ermordet.

Letzte Woche wies mich jemand auf diesen großartigen Theologen hin, indem er ihn zitierte. Bonhoeffer soll einmal gesagt haben: „Wer in den Armen einer Frau liegt und sich den Himmel wünscht, ist ein Narr." Leider habe ich die Quelle nicht mehr finden können, aber ich denke, dass Bonhoeffer solch ein Zitat sehr gut zuzutrauen ist. Was wollte er damit überhaupt sagen: Ganz eindeutig spielt er darauf an, dass man in der Gegenwart leben sollte. Wenn es jemandem in der Gegenwart gut geht – in diesem Fall in den Armen einer Frau – dann wäre es verrückt, dabei an den Himmel zu denken, der ja im christlichen Glauben die letzte Erlösung ist und erst nach dem Tod kommt. Er wollte, dass die Menschen auch im Hier und Jetzt leben – quasi den Himmel auf Erden schon zu schätzen wissen.

Und genauso wollte er, dass sie im Hier und Jetzt ihren Glauben leben. Er wollte, dass Glauben und Handeln zusammenpassen und dass die Kirche lebt, was sie predigt. Ganz einfach gesagt: Wenn man sonntags in die Kirche geht, dann reicht es nicht, 60 Minuten lang fromm zu sein. Das, was man glaubt, soll man auch tun. Man kann nicht aus der Kirche raus gehen und dann zu Hause seinen Partner verärgern. Man kann auch nicht ständig lügen, betrügen und verletzen. Dieses „scheinheilige" Tun wollte Bonhoeffer nicht, er forderte die Menschen mit seinen Ideen auf, tatsächlich in der Nachfolge Jesu zu handeln – jeden Tag, eben nicht nur eine Stunde in der Woche.

Wie er sich Kirche heute vorstellen würde, wie er überhaupt die Kraft gefunden hat, sich gegen Hitler zu widersetzen – das alles und noch viel mehr würde ich ihn so gerne an einem Tag im Gespräch fragen. Leider ist mir dies nicht möglich, aber vergessen darf man solch einen großartigen Menschen nicht. Sicher ist, dass sein theologisches Erbe groß ist und eine Bereicherung für den christlichen Glauben darstellt. (Christina Leinweber) +++

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ZUR PERSON: Christina Leinweber, 1988 geboren in der osthessischen Bischofsstadt Fulda, neun Jahre katholisch-private Schulausbildung – so war der Weg zum Theologiestudium für sie vorbestimmt und beschlossen. Es ging dann für vier Jahre Studium in die nächste Bischofsstadt Paderborn - und derzeit bereitet sie sich auf ihr 1. Staatsexamen vor. Gleichzeitig ist sie freie Mitarbeiterin bei osthessen-news.de, bezeichnet sich selbst als liberal-theologisch und kommentiert (seit 14 Sonntagen) in der neuen Serie "NACHGEDACHT" Dinge des Alltags aus ihrer persönlichen Sicht. +++

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