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Hier werden die Kugeln poliert. - Fotos: Konstantin Müller

20.09.13 - FULDA

Hundert Jahre KGM Kugelfabrik Gebauer & Möller: Hier läuft es einfach rund

FULDA. 1.254.300.001 ... 1.254.300.002 .... 1.254.300.003... Sie alle zu zählen wäre wohl die reinste Sisyphusarbeit  kaum überschaubar sind die Riesenmengen an Kugeln, die die KGM (Kugelfabrik Gebauer & Möller) im letzten Jahrhundert fabriziert hat. Denn die Fuldaer Firma kann inzwischen auf ein 100-jähriges Jubiläum zurückblicken. Ein stetiges Auf und Ab, der Blick in die ungewisse Zukunft und permanent auftretende Existenzkrisen konnten den Firmengründer Walter Gebauer nicht von seinem Ziel abbringen, Kugeln zu produzieren, obwohl die Nachfrage zunächst sehr beschränkt war. Im Laufe der Zeit mauserte sich das Unternehmen zur weltweit vernetzten Anlaufstelle in Sachen Präzision und Qualität. In über 40 Ländern ist der Name KGM ein Begriff, ganze drei Milliarden Kugeln verlassen das Werk jährlich. Alles in Allem erwirtschaftet die Kugelfabrik ca. 20 Mio. Euro Umsatz jährlich, trotz großem Konkurrenzdruck durch den asiatischen Markt. Grund dafür sind die weltweit 2.500 Kunden, die der Fuldaer Firma die Treue halten. Mittlerweile hat sich das Unternehmen auf "kleine" Kugeln, mit einem Durchmesser zwischen einem und 25 mm spezialisiert, gefertigt werden sie aus 140 unterschiedlichen Materialien.

In der nachfolgenden "Geschichtsexkursion" werden die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der KGM zusammengefasst und erläutert. Sehen Sie zusätzlich den Videobericht auf osthessen-tv, in dem sie den Entstehungsprozess vom Drahtstück bis zur polierten Kugel mitverfolgen können.

Kein leichter Start

Mit einem Kapital von 100 Mark gründete der Handlungsgehilfe Walter Gebauer im Jahre 1913 sein erstes eigenes Unternehmen in Frankfurt. Der Schritt in die Selbstständigkeit im Kugelgewerbe schien zu damaligen Zeiten noch sehr riskant, die Konkurrenz in Schweinfurt war riesig. Im Jahre 1918 dann verlagerte Gebauer seinen Produktionsstandort nach Fulda, nach der Ressourcenknappheit während des Ersten Weltkrieges war der Unternehmer auf der Suche nach alternativen Energiequellen. Fündig wurde er bei einem leerstehenden Fabrikkomplex an der Johannisstraße 5. Für die nötige Energiezufuhr sorgte die Fulda an der "Hornungsmühle".

Nationalsozialistische Aufrüstung und Wirtschaftswunder

Fluch und Segen zugleich stellte die militärische Aufrüstung der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs für die KGM dar. Im Jahre 1933 nahm die Kugelfabrik die Gelenklagerproduktion für Flugzeuge in ihr Programm auf. Auf diese Weise verfünffachten sich die Umsätze von 479.000 auf 2.172.000 Reichsmark bis zum Jahre 1944. Auch die Belegschaft wuchs während des Weltkrieges stark an. Ende 1943 beschäftigte die KGM 400 Mitarbeiter, von denen ab er nur ein Drittel die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, die Mehrheit waren Zwangsarbeiter aus Osteuropa, die unter den miserablen Arbeitsbedingungen litten.

Nach Kriegsende brachte das Jahr 1948 den wirtschaftlichen Aufschwung und die Währungsreform mit sich. Am 20. Juni löste die D-Mark die Reichsmark ab, der Umsatz steigerte sich bis zum Jahr 1950 auf 2.246.000 D-Mark. Zu den Kunden der Kugelfabrik gehörten in den 1950er Jahren Firmen wie AEG, Leitz, Siemens und Automobilhersteller wie Opel und Peugeot. Auch die Produktionspalette vergrößerte sich: Kugeln aus Stahl, Messing, Bronze, Keramik und Silber wurden für unterschiedlichste Anwendungsgebiete angeboten: Kleine Stahlkügelchen fanden Verwendung in Schreibmaschinen, Kaffeemühlen und Kraftwagengetrieben sowie in Kugelschreibern, Motorrädern und Schubkarrenrädern.

Gebauer stirbt – Nachfolger sorgen für frischen Wind

Am 19. März 1966 verstarb Walter Gebauer, seine Nachfolge war bis zu dem Zeitpunkt noch nicht geklärt. Ein Testament gab es nicht und sein gleichnamiger Neffe konnte zunächst keine Erbberechtigung nachweisen. Die Zukunft der Kugelfabrik und ihrer 270 Angestellten war ungeklärt. Ein langjähriger Freund Gebauers, Dr.Georg Schäfer senior übernahm die Kugelfabrik und sicherte so den Fortbestand der KGM. Der frische Wind war auch dringend notwendig, seit drei Jahren machte die Firma Verluste, die Mitarbeiterzahl war auf 270 gesunken. Für den weiteren Ausbau gedachte Darlehen mussten zur Schuldentilgung herhalten. Am 1. April 1967 übernahm Johannes L. Richter die Kugelfabrik, noch heute ist der 83-Jährige fast täglich im Unternehmen. Er machte sich zur Aufgabe, Produktqualität, Fertigungsprozesse und Termintreue zu verbessern, außerdem sollte die Produktivität gesteigert und kostenbewusstes Denken verankert werden. Zum 60-jährigen Jubiläum 1973 konnte dann eine positive Bilanz gezogen werden.

Mauerfall und Währungsreform der DDR

Mit dem Mauerfall im November 1989 schien ein Weg in den osteuropäischen Markt erschlossen. Der zusätzliche Aufschwung in den neuen Bundesländern verhieß Gewinne und zusätzliche Kapazitäten konnten gewonnen werden. Diese Rechnung ging allerdings aufgrund der Währungsreform in der DDR nicht auf; asiatische Investoren interessierten sich für die KGM, waren jedoch lediglich an Technologie und Kundenstamm und nicht an dem Erhalt des Unternehmens interessiert. Nach 80 Jahren drohte der Kugelfabrik erneut das Aus und den damalig 175 Beschäftigten der Verlust des Arbeitsplatzes.

Globalisierung und Firmenübernahme

Im Jahre 1994 stand der Geschäftsführer Johannes L. Richter im Alter von 64 Jahren kurz vor seinem Ruhestand, er wagte jedoch den riskanten Schritt, das Tochterunternehmen KGM von der Schweinfurter FAG (Fischers Aktien-Gesellschaft) abzukaufen. Problematisch war die Entscheidung insofern, als dass die Hauptabnehmer der KGM-Produkte zu der Zeit selbst eine Krise erlebten. KFZ-Hersteller drückten kräftig auf die Kostenbremse, um auch international wettbewerbsfähig bleiben zu können. Die Marktsituation der KGM war also auch in den 90er Jahren schwierig. Am 01. Juli entstand aus der Konzerntochter KGM schließlich ein Familienunternehmen: Johannes Richter wurde Mehrheitsgesellschafter, seine Ehefrau Gisela, sein Sohn Matthias und sein Neffe Stefan Boes übernahmen ebenfalls Familienanteile.

Das Wagnis der Firmenübernahme wurde belohnt: Umsätze konnten zwischen 1994 und 2001 erfolgreich gesteigert werden. Bis heute ist das Familienunternehmen in Fulda präsent und produziert mit seinen 200 Mitarbeitern für Kunden in aller Welt. Im Jahre 2012 eröffnete die KGM eine Tochterfirma in der Nähe von Shanghai.

Die nächsten 100 Jahre?

Auch in Zukunft möchte die KGM erfolgreich ihre Kugeln weltweit vertreiben, jährlich investiert das Unternehmen "beträchtliche" Summen in die technische Weiterentwicklung, um ihren Fortschritt weiterhin ausbauen zu können. (Quelle: "Rundum präzise – KGM Kugelfabrik 1913 – 2013) (km)+++


Hier wird die fertige Kugel auf ihre Eigenschaften kontrolliert.

Aus diesem Draht entstehen die Kugeln:



Mithilfe dieser V-förmig angeordneten Walzen können die Kugeln auf ihre Größe kontrolliert werden.


Firmgründer Walter Gebauer. - Fotos(4) + Titelbild: KGM Fulda



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