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Am Mittwochnachmittag beim Rotlicht-Prozess am Landgericht Fulda. -

FULDA Rotlicht- und Falschaussage-Prozess:

Haben sich Polizisten doch geirrt?

05.12.13 - Eine spannende Verhandlung mit unerwartetem vorläufigen Ausgang begann gestern vor der Berufungsinstanz des Fuldaer Landgerichts. Zwei Polizisten aus Hünfeld und Künzell, die im Oktober 2012 wegen uneidlicher Falschaussage und Verfolgung Unschuldiger vom Amtsgericht Fulda zu Geldstrafen verurteilt worden waren, wehrten sich gegen das – aus ihrer Sicht – harte Fehlurteil. Der außergewöhnliche Fall hatte seinen Ausgang in der Nacht vom 14. auf den 15. September 2010. Die beiden Polizeibeamten – ein erfahrener 44-jähriger Polizist und ein 23-jähriger Praktikant – waren in dieser Nacht in Fulda auf Streife. Gerade als sie vom Bahnhof kommend in die Nikolausstraße eingebogen waren, sahen sie ihren Angaben zufolge einen Mercedes bei Rotlicht die Ampel am unteren Ende der Straße in die Lindenstraße abbiegen. Sie verfolgten die Fahrerin mit Blaulicht bis in die Dalbergstraße, stoppten und überprüften sie und konfrontierten sie mit dem Verstoß.

Die 24-Jährige bekam einen Bußgeldbescheid, gegen den sie Widerspruch einlegte – die Verhandlung fand im April 2011 vor dem Amtsgericht Fulda statt. Überraschenderweise wurde die junge Frau aber freigesprochen. Sie konnte mit Hilfe ihres Anwalts nachweisen, dass die angeblich rote Ampel um diese Uhrzeit bereits auf einen Dauerblinkmodus umgeschaltet worden war wie jede Nacht. Diese Tatsache ließ sich eindeutig mittels Verkehrsrechner belegen. Trotz dieser gegen sie sprechenden Sachlage blieben die Polizisten aber bei ihrer Aussage. Daraufhin zeigte die Fahrerin beide nun ihrerseits an. Die Anklage lautete auf Verfolgung Unschuldiger. Schlimmer als die Geldstrafen, zu denen beide anschließend verurteilt wurden, waren wohl die disziplinarrechtlichen Folgen: der Ältere wurde vom Dienst suspendiert und der Jüngere nicht übernommen.

Der jüngere Angeklagte Christian K. beschrieb gestern vor Gericht noch einmal, wie er die Tatnacht in Erinnerung hatte, wollte sich aber bei den Bemessungen der Distanz vom Streifenwagen zum Mercedes nicht festlegen. Da er mittlerweile wisse, dass besagte Ampel nicht rot gewesen sein könne, zweifle er seine damalige Wahrnehmung an. Vermutlich habe er sich geirrt.Ähnlich äußerte sich auch der 44-Jährige. Die Überprüfung der jungen Frau sei völlig unspektakulär, die Atmosphäre nicht aggressiv oder aufgeheizt gewesen - ein Vorfall, wie er ihn ähnlich schon häufig erlebt habe. Seit seiner Verurteilung grübele er darüber, was denn tatsächlich vorgefallen sei.

Manipuliertes Protokoll


Die anschließende Vernehmung von Technikern zur Ampelschaltung und der unschuldig verfolgten Autofahrerin belegten erneut, dass sich die beiden Polizisten im Unrecht befunden hatten. Eine wichtige Rolle spielte bei der Verhandlung die Kopie eines polizeilichen Tätigkeitsprotokolls besagter Tatnacht, das der 44-Jährige dem Gericht zu seiner Entlastung vorgelegt hatte. Seine Erklärung: er habe wohl - nach 20 Stunden Dienst übermüdet - die einzelnen Einsätze der Nacht zeitlich falsch zugeordnet. Da es sich bei dem Dokument um eine Kopie des Computereintrags handelte, konnte nicht von Urkundenfälschung – wohl aber von Beweismanipulation die Rede sein. (Eine Kopie ist keine Urkunde). Den Ausdruck will er so von einem ihm unbekannten Kollegen des Polizeipräsidiums zugefaxt bekommen haben.

Empörung beim Staatsanwalt

Diese Aussage empörte den Staatsanwalt sichtlich: „Ich frage Sie, wollen Sie weitere Kollegen ins Messer laufen lassen?" In eindringlicher Weise kündigte der Anklagevertreter an, alle in Frage kommenden Polizeibeamten vorzuladen und ihre Aussage vereidigen zu lassen. Diese Aussicht brachte den 44-Jährigen offenbar zur Besinnung. Nach einer Beratung mit seinem Anwalt verkündete der, sein Mandant habe das besagte Protokoll „so nicht erhalten." Nach der so eingestandenen Manipulation unterbrach der Richter die fast fünfstündige Verhandlung und vertagte auf kommenden Donnerstag (12.12.13) um 13 Uhr. (Carla Ihle-Becker)  +++

Oberstaatsanwalt Lars Streiberger. Alle Fotos: Christian P. Stadtfeld

Richter und Landgerichts-Präsident Erich Fischer verhandelte den Prozess.

Großer Andrang im Zuschauerbereich.

Haben sich die beiden Polizisten vielleicht doch geirrt?

Im Gespräch: Rechtsanwalt und Staatsanwalt.


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