Fürstliches Gartenfest
Mehr als Biedermeierstrauß: "Als Floristin kann ich mich selbst verwirklichen"
Fotos: Marius Auth - Sophie Heid beim floralen Selfie-Point27.05.2022 - Das Fürstliche Gartenfest in und um Schloss Fasanerie zeigt nicht nur aktuelle Trends, sondern erlaubt auch dem Nachwuchs, sich kreativ auszuprobieren. Hessische Florist-Azubis haben florale Selfie-Points gestaltet - und Sophie Heid aus Hünfeld hat ihren Traumberuf gefunden.
Im Innenhof des Schlosses sind die Auszubildenden mit Blumenschere und Bindedraht fleißig zugange, um aus dem kargen Metallgestänge einen Selfie-Point zu machen, an dem die Besucher sich gerne fotografieren. Heid entscheidet sich für etwas mehr Grün und schaut kritisch aufs Ergebnis: "Ich wollte etwas Kreatives machen im Handwerk, nicht die ganze Zeit im Büro sitzen. Ein Blumenstrauß oder ein Gesteck verlangen viel mehr Fachwissen und Arbeit, als vielen klar ist. Ich bin im ersten Lehrjahr, aber allein die Stilkunde ist schon sehr umfangreich und interessant. Events wie Messen oder Hochzeiten mitgestalten, das macht den Beruf zusätzlich abwechslungsreich", erklärt die 22-Jährige.
Berufsschullehrerin Iris Stake leitet die Azubis, allesamt junge Frauen, fachlich an: "Von der Wiege bis zur Bahre, von der Geburt bis zur Trauerfeier: Floristen begleiten feierliche Anlässe das ganze Leben lang. Heute ist die Eventfloristik am Boomen: Hochzeitspaare wollen Themenfeiern wie aus einem Guss - da braucht es Profis, um die passende Blumengestaltung zu konzeptionieren und umzusetzen. Aber alles fängt ganz klein an: Die Azubis bekommen in Praxistagen während ihrer dualen Ausbildung die Aufgabe, ein kleines Gesteck oder einen Brautstrauß umzusetzen. Botanisches Fachwissen und kaufmännische Grundlagen sind für die Arbeit im Blumenladen oder der Gärtnerei natürlich auch wichtig - aber die Gestaltungslehre bildet einen Schwerpunkt: Am Ende muss es gut aussehen und sich ins gestalterische Gesamtkonzept einfügen." Drei Jahre dauert die Ausbildung, mindestens ein Hauptschulabschluss ist nötig.
Trotz aller Stilkunde sei das Bauchgefühl sehr wichtig, erklärt Stake: "Außerdem Fachmessen wie die IPM Essen - und natürlich heute Social Media als Inspirationsquelle. Viele Blumenläden sind auf Instagram präsent, da gibt es jede Menge neuer Ideen." Dass florale Gestaltung vorhersehbar sei, das macht Stake lachen: "Momentan ist es im Trend, mit bunten Kabelbindern zu arbeiten. Experimentelle Techniken wie Betonieren oder Schweißen bringen zudem ungewohnte Materialien und Looks. Langweilig wird es nie." Zusätzlich zur Lehre kann das Duale Studium "Gestalter im Handwerk" den fachlichen Horizont erweitern und die Zusammenarbeit mit anderen Handwerks- und Designbereichen ermöglichen.
Wie sehr die Floristin sich selbst verwirklichen kann, das hängt vom Arbeitgeber und vom Kunden ab, meint Heid: "In manchen Läden wird vor allem die Laufkundschaft angesprochen, die einen schönen Strauß spontan mitnimmt, vielleicht für den Geburtstag. Da gibt es auch die opulenteren Varianten - aber 08/15 mit drei Rosen und fünf Gerbera muss man natürlich auch machen. Jeder hat seine eigene Handschrift - und die findet man auf Dauer als Floristin. Mit Kreativprojekten, zum Beispiel solchen wie hier am Gartenfest, geht das natürlich schneller." (mau) +++