TSV Steinbach Haiger

Geschäftsführer Wohlfarth: Müssen nicht auf Teufel komm raus in die 3. Liga

Archivfotos: Jonas Wenzel/yowegraphy - Zuletzt siegte Steinbach Haiger im Hessenpokal bei der SG Barockstadt. Links Marcell Sobotta, rechts SGB-Kicker Marius Löbig

02.08.2022 - Es ist der Auftaktgegner der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz in der neuen Saison der Regionalliga Südwest: am 6. August ist er zu Gast in der Johannisau. Es ist ein Verein, dessen Name sich 2018 erweiterte: vom Kreisligisten TSV Steinbach zum TSV Steinbach Haiger. Innerhalb von sieben Jahren stieg der Verein sechsmal auf. Er führte professionelle Strukturen ein und entwickelte sich - im Lahn-Dill-Kreis in Mittelhessen gelegen - zu einem Spitzenteam der Regionalliga. OSTHESSEN|NEWS stellt den ersten Gegner der Barockstadt etwas genauer vor. 



"Viele unserer Konkurrenten haben eine Infrastruktur, die tauglich ist für die 3. Liga. Wir sind auf einem guten Weg, müssen aber noch was tun", sagt Arne Wohlfarth, Geschäftsführer der TSV Steinbach Haiger. "Wir haben gute Bedingungen. Aber ein Stadion, an dem noch Änderungen vorgenommen werden müssen - beispielsweise brauchen wir irgendwann eine neue Flutlichtanlage". Seine Heimspiele trägt der TSV im Sibre-Sportzentrum Haarwasen in Haiger aus - es bietet knapp 5000 Zuschauern Platz. Es klingt plausibel, wenn er nachschiebt: "Wir wollen Schritt für Schritt machen und in jedem Jahr eine größere Investition tätigen. Wir müssen nicht auf Teufel komm raus in die 3. Liga."

Ein Buch über den TSV: Fast 200 Seiten, zahlreiche Geschichten

Barockstadts ...

Ein Blick zurück lohnt sich. Steinbach ist mit gut 800 Einwohnern ein Stadtteil von Haiger und "immer", wie es Wohlfarth sagt, "ein typischer Dorfverein gewesen". Wohlfarth ist ein spezieller Typ: Seit 2019 ist er für den Verein in der Verantwortung tätig - begleitet ihn aber seit 2015. Auch in seinem Job zuvor: als Sportjournalist in Wetzlar. Im vergangenen Jahr schrieb er zum 100-jährigen Jubiläum ein Buch. Das hat einen Umfang von fast 200 Seiten. Wohlfarth erzählt darin Geschichten. Sicher auch die, wie es zur Namens-Erweiterung des Vereins kam - wie es zum sportlichen Aufschwung kam. 

An einem Skatabend im Jahre 2006 sei es gewesen, als sich Roland Kring, Geschäftsführer des Hauptsponsors Sibre, und Hans-Gerhard Franz austauschten und berieten, wie man den Status Quo des Steinbacher Fußballs verbessern könne. Ziel war es, aus der Kreisliga heraus- und in die Kreisober- oder besser noch Gruppenliga zu kommen. Bis dahin gab es in Steinbach lediglich einen Ascheplatz, zudem kaum Ehrenamtliche. Natürlich pumpte Kring in das Vorhaben, die Kräfte zu bündeln und vorwärts zu kommen, Geld hinein.

Verein ändert seine Ausrichtung: Brdaric übernimmt für Cestonaro, auch Profis kommen

War das Anfangsjahr noch schwierig, stellte sich ab 2008 der Erfolg ein: In den folgenden sieben Jahren stieg der Verein sechsmal auf - als Krönung galt der Sprung in die Regionalliga unter dem aus Haiger stammenden und Ex-Darmstädter Torjägers Peter Cestonaro als Trainer. Seit diesem Jahr, seit 2015, gehört der TSV der Regionalliga an - und spielte stets eine gute Rolle in der vierten Liga. Der Verein schuf Voraussetzungen für die neue Umgebung, erneuerte die Umkleidekabinen und erstellte eine Zuschauertribüne. Das Vorhaben ging bis zur Winterpause gut - bis man im Verein andachte, etwas ändern zu müssen. Ende Oktober 2015 übernahm der Ex-Leverkusener Thomas Brdaric für Cestonaro - der Verein gestaltete den Kader komplett um und stellte auf Profifußball um. 

Als vorläufiger Höhepunkt springt in der abgebrochenen Corona-Saison 2020 der zweite Platz in der Regionalliga heraus - die beste Platzierung der Vereinsgeschichte. Zweimal wurde der TSV Steinbach Haiger Hessenpokal-Sieger: 2018 und 2022 (im Halbfinale setzte sich das Team Ende April bei der SG Barockstadt mit 3:1 durch). Auf das Finale dieses Wettbewerbs scheint die Mannschaft aus Mittelhessen ein Abo zu besitzen: gegen den Drittligisten Wehen und den Regionalliga-Konkurrenten Offenbach zog Steinbach Haiger allerdings den Kürzeren.

Zwiegespalten nach der Vorbereitung - Geschwindigkeit auf den Außenpositionen

Die Vorbereitung auf die neue Spielserie sieht Wohlfarth als eher "zwiegespalten" an. Auf der einen Seite "sehr gut, da der TSV gegen Wehen Wiesbaden einen "tollen Auftritt" hinlegte (0:1). Auf der anderen Seite unglücklich, weil sich Daniel Gabriele bereits im zweiten Training einen Kreuzbandriss zuzog; zudem fallen fünf Spieler wegen "mittelschweren Verletzungen" fünf oder sechs Wochen aus - werden also auch bei der SG Barockstadt nicht mit dabeisein. Trotzdem hat Wohlfarth ein "gutes Gefühl". Vor allem auf den Außenpositionen habe man Geschwindigkeit hereingebracht. 

29 Spieler umfasst der Kader, Trainer ist der 44-jährige Ersan Parlatan. Nicht weniger als 14 Neue gehören dem Aufgebot nunmehr an - elf verließen den Verein. "Umbruchssituation" trifft die personelle Neuordnung am besten. Dreizehn der 14 Zugänge kosteten keine Ablöse - der neueste aber schon: Offensivspieler Mick Gudra von Hannover 96 II wird mit einem Marktwert von 50.000 Euro eingestuft. Unter den Neuen sind auch: Serkan Firat (Kickers Offenbach), Lloyd-Addo Kuffour (Optik Rathenow), Dennis Owusu (FC Gießen) oder Gianluca Korte (Wehen Wiesbaden). Unter den Abgängen befinden sich Dennis Chessa, Marcell Sobotta oder Jannik Bandowski, die Ende April noch beim 3:1-Hessenpokal-Sieg in Lehnerz mitmischten. Ziel ist es, vorn mitzuspielen. Die vergangene Runde beendete Steinbach Haiger als Vierter. "Unser Anspruch ist es schon, vorne etwas zu bewegen", sagt Wohlfarth.

Kleiner Verein, professionelle Strukturen - "Das Familiäre nicht aus den Augen verlieren"

Er betrachtet den TSV Steinbach Haiger als "kleinen Verein, der professionelle Strukturen aufgebaut habe". Man habe einen komplett neuen Trainingsplatz geschaffen und "überragende Bedingungen" - wichtig sei aber, "das Familiäre nicht aus den Augen zu verlieren und stets zu wissen, wo wir herkommen". Was die sportliche Ausrichtung betrifft, "wolle der TSV Fußball spielen". Eine gute Spieleröffnung gehöre dazu, mit technisch sehr guten Kräften fix zu kombinieren. "Wir haben Tempo dazubekommen", unterstreicht der Geschäftsführer, "gerade auf den Außenbahnen. Wir verfügen aber auch über eine gute Defensive". 

Zu den Favoriten zählt der Geschäftsführer Kickers Offenbach, Ulm oder Homburg. Auch die U-Mannschaften der Bundesligisten seien zu beachten. Vor zwei Jahren überraschte Freiburgs U23, in der vergangenen Saison Mainz 05, auch Stuttgart verfüge über ein gutes Team. "Ich schätze auch den Bahlinger SC, im Vorjahr Sechster. Kein großer Name, aber da wird gut gearbeitet." 

"Wollen die Rolle des Favoriten ausfüllen. Brauchen aber einen guten Tag in Fulda"

Und was hält er von der SG Barockstadt? "Eine schwierige Aufgabe. Gleich am ersten Spieltag gegen einen Aufsteiger zu spielen. Aber wir freuen uns darauf." Wohlfarth ist sich sicher, dass seinem Team alles abverlangt werde. "Wir sind gewappnet. Aber auch der Favorit und wollen diese Rolle ausfüllen. Wir brauchen aber einen guten Tag." (wk) +++