Kommentar von Franziska Schaub

Unterschätzt und geliebt: Das Schlitzerländer Heimat- und Trachtenfest

Archivfotos: O|N - Mit Stolz wird hier die Schlitzer Tracht getragen.

09.07.2019 - Jede Stadt, jedes Dorf und jeder Ort hat seine ganz eigene Identität. Im Schlitzerland wird diese maßgeblich durch das alle zwei Jahre stattfindende Schlitzerländer Heimat- und Trachtenfest geprägt. Doch was macht es unter uns Einheimischen eigentlich so besonders, dass wir dieser Tage kein anderes Thema mehr haben? Das Trachtenfest ist die Riesenparty, die niemand der kleinen Stadt im Vogelsberg zutraut und die von vielen Fuldaer Nachbarn belächelt wird. Zumindest solange, bis sie sie selbst einmal miterleben. Denn es sind so einige Menschen, die sich vom Namen „Trachtenfest“ in die Irre führen lassen und damit die Tage voller Musik, Tanz, Spaß und Lebensfreude verpassen.



O|N-Reporterin ...Foto: Laura Struppe

Wir schreiben das Jahr 2019, ein Trachtenfestjahr. Ein Jahr, in dem das Schlitzerland auf das zweite Juli-Wochenende hin fiebert und die Vorfreude überall spürbar ist. Seit Beginn des Jahres hört man immer wieder, wie die Zeit gezählt wird. Und jetzt ist soweit. Seit Monaten laufen die Vorbereitungen, die dieser Tage in Form von Straßensperrungen, Lichterketten und gehissten Fahnen an niemandem mehr vorbeigehen. So richtig beginnt mein Trachtenfest donnerstags abends. Wenn Familie Richter ihren Süßigkeitenstand aufbaut, so wie sie das schon mein ganzes Leben lang tun, der Autoscooter zentimetergenau vor der Volksbank aufgebaut wurde und die Schlitzer sich zum inoffiziellen Auftakt am alten Schulhof treffen, um ihre internationalen Gastgruppen willkommen zu heißen.

Grundsätzlich kann man in Schlitz zwei Gruppen von Menschen unterscheiden: Die Menschen, die bereits im letzten Jahr Urlaub eingereicht haben, seit Monaten auf dieses Wochenende hin fiebern und das Fest in vollen Zügen auskosten werden und dann noch den winzigen Prozentteil Schlitzer, die sich dieser Tage lieber aus der sonst so beschaulichen Burgenstadt verabschieden. Die große Mehrheit ist aber da, wenn sonntags zum Festumzug die Menschen in Massen in die Burgenstadt strömen und bereits morgens die besten Plätze gesichert werden, damit man mittags allen Freunden zuwinken kann - falls man denn selbst nicht mitläuft. Denn es ist die Schlitzer Urlaubszeit, in welcher der Montag mit dem Frühschoppen inzwischen zum städtischen Feiertag geworden ist.

Einzug ...

Der Musikzug ...

Und wenn es dann so richtig losgeht, sollte man auch keinen Plan haben: An jeder Ecke trifft man Kollegen, Klassenkameraden, Bekannte und Familienmitglieder, denn fast jeden Schlitzerländer zieht es an diesem Wochenende zurück in die Heimat. Dorthin wo die Stadtwache im Gleichschritt durch die Stadt läuft und die internationalen Gäste zum Marktplatz führt, wo das Schlitzer Lied zwischen den historischen Fachwerkhäusern erklingt, wo die wertvollen und handgemachten Trachten wie der neuste Trend getragen werden, wo das Feuerwerk vom Hinterturm die Stadt erhellt, die Musiker aus Plön zu Superstars wurden und der letzte Festtag 25 Stunden hat, weil man das Ende nicht wahrhaben möchte.

In der heutigen Zeit sind wir von besonderem Stolz erfüllt, wenn internationale Verständigung, Akzeptanz, Toleranz und Zusammenhalt so gelebt werden, wie es hier dieser Tage der Fall ist. Wenn zahlreiche Stunden Ehrenamt ein solches Ereignis möglich machen und das Schlitzerland von einem großen Gemeinschaftsgefühl erfasst wird.
Trachtenfest ist ein Lebensgefühl, das weit über die vier Tage des offiziellen Festes hinausgeht und an welchem die Schlitzerländer ihre nationalen und internationalen Gäste mit größter Freude teilhaben lassen. (Franziska Schaub) +++