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FULDA Expertenrunde in der Esperantohalle

Feuereifer und Burnout: Was Normalos vom Profi-Sportler lernen können

25.01.19 - Physische Fitness und technische Finesse sind im Leistungssport nicht genug: Nur die richtige Motivation, der innere Antrieb bringt langfristig den Erfolg und erlaubt dem Sportler, über sich hinauszuwachsen, sagt Professor Dr. Hans-Dieter Hermann, langjähriger Begleiter der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft, der am Donnerstagabend zusammen mit dem Lahrbacher Fußballprofi Sebastian Kehl, inzwischen Leiter der Lizenzspielerabteilung bei Borussia Dortmund, interessante Einblicke in die Psyche von Leistungssportlern gab – und erklärte, wie auch der Normalbürger von der Hochleistungs-Denke profitieren kann.

Präsentiert wurde die Veranstaltung in der Esperantohalle von der Sparkasse Fulda, moderiert von Thomas Schafranek, dem stellvertretenden Chefredakteur der Fuldaer Zeitung. Am dramatischen Beispiel der deutschen Leichtathletin Gesa Felicitas Krause, die im Finale der Weltmeisterschaften 2017 stürzte, dann aber scheinbar unbeeindruckt zwei Wochen später einen neuen deutschen Rekord aufstellte, machte Hermann gleich zu Beginn die Wichtigkeit der Psychologie im Spitzensport fest: Eine Sportler-Karriere gleicht einer menschlichen Biografie – im Schnelldurchlauf: Rückschläge, Erfolge und extreme Emotionen müssen verarbeitet werden, ein Kaderathlet kann selbst aus der Enttäuschung noch Motivation für kommende Ziele destillieren.

Diskussionsrunde mit (v.li.): Thomas Schafranek, Sebastian Kehl und Professor Dr. ...Fotos: Martin Engel

1.300 Gäste in der Fuldaer Esperantohalle.

Fotos: Hendrik Urbin


Blinder Ehrgeiz ist dagegen nicht gefragt: "Das kann blockieren und verkrampfen. Man braucht eine gewisse Lockerheit, genau diese Mischung aus Fokussiertheit und Gelassenheit, die so schwer zu erlangen ist." Der Kopf, erklärte der Sportpsychologe, der seine Expertise auch in den Dienst von Großunternehmen stellt und Führungskräften bei der Stressbewältigung hilft, sei auch bei Leistungssportlern das wichtigste Körperteil für Spitzenleistungen. Profi-Fußballer stehen unter enormem Stress, gegenüber dem selbst der von Top-Managern harmlos wirkt: Himmelhochjauzend, dann zu Tode betrübt – die Reaktion der Fans lässt selbst den coolsten Profi nicht kalt. Psychosomatische Erkrankungen und Versagensängste plagen so manchen Spitzensportler. Kehl, der aus Lahrbach bei Tann stammt, beschrieb am Abend, wie die Stimmung allein den Spieler zum Erfolg tragen kann: "Bei einem Heimspiel von Borussia Dortmund kommt man sich vor wie ein Gladiator - man läuft ein und sieht vor sich die gelbe Wand der Fans. You'll never walk alone. Das ist unbeschreiblich - ich hätte gerne meine Karriere-Highlights in Flaschen abgefüllt, um sie ab und zu genießen zu können." Kehl stand von 2002 bis 2015 bei Borussia Dortmund unter Vertrag, gewann drei deutsche Meisterschaften und stand in zwei Europapokalendspielen. Nach seiner Spielerkarriere wechselte er vom Rasen ins Management und ist inzwischen Leiter der Lizenzspielerabteilung bei Borussia Dortmund.


Die Kehrseite der großen Emotionen beschrieb Psychologe Hermann am Abend im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. "Es ist ein sensibles Thema, immer noch: Wer zugibt, ein Problem damit zu haben, vor 80.000 Leuten zu spielen, gefährdet seinen Marktwert. Früher wurde in der Kabine gefrotzelt über solche Schwächen - und immer noch muss der Trainer mithelfen und eine solche Beratung anbieten." In Einzelgesprächen, manchmal beim Frühstück oder im Flieger, werde beim Profi an der Einstellung gearbeitet, auch der Umgang mit Verletzungen sei ein großes Thema. Der deutsche Fußball hat sich in den letzten Jahren verändert - auch durch Rückschläge: "Früher war die Deutsche Nationalmannschaft ein Tanker. Wir konnten nicht verlieren bei großen Meisterschaften - oder hatten auf jeden Fall einen der vorderen Plätze sicher. Misserfolge bei Turnieren haben die Mentalität der Spieler verändert. Das hat sich besonders bei der WM 2014 in Brasilien gezeigt: Das Team-Quartier, Campo Bahia, wurde zu einem regelrechten gallischen Dorf, in dem sich die Spieler gegenseitig motiviert und gecoacht haben - ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs." Am Ende des Abends konnten die Besucher eine Lebensweisheit mitnehmen, die durch dramatische Beispiele aus der Welt des Spitzensports eindrücklich vermittelt wurde: Es zählt nicht der Stress, sondern was man daraus macht. (Marius Auth) +++


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