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Louis Schaub will mit Österreich bei der EM angreifen - Foto: picture alliance / ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com | ROBERT JAEGER

BUKAREST Louis Schaub spielt bei der EM

Zeit, Geschichte zu schreiben

14.06.21 - Liebe Eichenrieder, liebe Heubacher: Nicht wundern, wenn’s morgen laut wird. Österreich spielt bei der Europameisterschaft und Louis Schaub (26) ist dabei. In Kalbach (südlicher Kreis Fulda) liegen seine Wurzeln und diese hat er nicht vergessen. Mit Johannes Götze, Redakteur bei torgranate.de, hat er vor Turnierstart gesprochen 

"Dann hoffe ich, dass wir uns bald wieder hören", schrieb mir Louis Schaub vor ein paar Wochen, nachdem ich einen Zwischenbericht über seine fulminante Zeit beim FC Luzern verfasst hatte. Vorher hatte ich getextet: "Spätestens wenn du dein persönliches EM-Ticket in der Tasche hast, hören wir voneinander." Und wir haben uns gehört. Gut für ihn, denn das Ticket ist gelöst. Gut für mich, denn mit ihm macht’s Spaß. Letzte Woche fand er Zeit: Zwischen Stippvisite bei Bundespräsident und Bundeskanzler sowie der Nachmittagseinheit mit der österreichischen Nationalmannschaft. Diesmal waren seine Schlussworte: "Ich schicke dir noch die Nummer von unserer Pressesprecherin. Ich bin jetzt nicht dafür bekannt, dass ich irgendwelche Dinge raushaue, aber sie will’s trotzdem gerne gegenlesen." Business as usual.

Stimmt, rausgehauen hat er in den 30 Minuten Interview nichts, was nur annähernd für Verstimmungen im österreichischen Verband sorgen könnte. Für manchen Journalisten nicht zwangsläufig das Traumszenario. Mir aber bleiben die 30 Minuten in bester Erinnerung. Denn am anderen Ende der Leitung sprach jemand, der trotz Millionenvertrags ganz fest mit dem Boden verankert ist. Da lohnt ein Blick auf sein Instagram-Profil, hinter dem sich keine Werbemaschinerie verbirgt. Fotos von Frau Verena und Sohnehmann Nino (3) gibt es nicht zu sehen. Hier und da ein Bild, das mit Fußball zu tun hat. Das war‘s. Darum kümmert er sich selbst, nicht sein Beraterteam. Seine Frau passt ebenfalls nicht in das Selbstbild, das viele Spielerfrauen von sich erzeugen. Ihr Profil auf Instagram ist privat. "Jeder muss selbst wissen, wie er damit umgeht. Aber Gesichtsfotos von meinem Sohn haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen", sagt er.

Schaub nehme ich ab, was er sagt. Wort für Wort. Dass Wasser sein Lieblingsgetränk sei, dass er – ganz klischeehaft – Wiener Schnitzel am liebsten esse oder dass er früher Mario Götze ein Vorbild nannte, er das nicht mehr sagt, weil er damit immer wieder konfrontiert wurde. Und natürlich den Stolz, den er verspürt, wenn er über seinen Platz im EM-Kader spricht. Der hatte bedenklich gewackelt. Vor einem Jahr wäre er wohl nicht dabei gewesen. Beim Hamburger SV spielte er nach Corona keine Rolle mehr. Er kehrte kurz zurück zu seinem derzeitigen Verein, doch der 1. FC Köln verlieh ihn erneut – diesmal zum FC Luzern. Genau die richtige Entscheidung, wie sich nicht nur durch die jüngste EM-Nominierung durch Teamchef Franco Foda herausstellte. "Ich habe genau das bekommen, was ich mir erwartet hatte. War ich fit, habe ich von Anfang an gespielt und immer wieder gute Leistungen bringen können. Ich bin voll happy, dass ich diesen Sprung gemacht habe." Gekrönt wurde die Saison mit dem Pokalsieg. Der erste Titel für Luzern seit 29 Jahren. Die Stadt war außer Rand und Band. Schaub, der offensive Freigeist mit ausgeprägtem Hang zu Spektakel, nennt den Cupsieg den größten Moment seiner Karriere. 

Erst EM, dann Zukunft

Vielleicht geht es für ihn sogar in Luzern weiter. Seine Zukunft ist unsicher. Der Vertrag in Köln läuft noch ein Jahr, Luzern besitzt eine Kaufoption. Fest steht, "dass ich jetzt sicherlich besser dastehe als vor einem Jahr". Mehr will er zu seiner Zukunft nicht sagen. Der Fokus gelte der EM, der Rest könne nachher entschieden werden. Geht’s zurück nach Köln, wartet ein Trainer, der auf Offensivfußball steht. Steffen Baumgart ist bekannt dafür. Schaub will sich auf solche Gedankenspiele nicht einlassen. EM und so. Glücklich, dass Köln dringeblieben ist, ist er dennoch. "Der FCgehört in die Bundesliga", sagt er – und betont das nachhaltig.

In der Nationalmannschaft hat sich Schaub seinen Platz dank der Leistungen im vergangenen Jahr verdient. "Eine gute Qualität", sagt Schaub über den Kader. Spieler, die sich ständig auf höchstem Niveau beweisen müssen, beinahe ausschließlich im Ausland spielen. Gerne will er in der Startelf stehen, gibt dafür in jedem Training Gas. Und wird es international, ist Schaubs Quote herausragend. Foda wird’s wissen. Doch, und das weiß Schaub, bei so einem Turnier ist jeder wichtig. Für die Grundstimmung. Gerade in der Corona-Zeit hätte man nur sich, hänge für Wochen aufeinander.

Zurück nach Osthessen. Ins Kalbach. Nach Eichenried und Heubach. Dort leben Bruder Fabian, Schwester Larissa und Oma Annelie. Der Kontakt ist da. Ständig. Der letzte Besuch schon länger her. "An Fabians Hochzeit vor zwei Jahren", erinnert er sich und fügt an, "dass ich gerade im letzten Jahr gar nicht aus der Schweiz herauskam, uns niemand besuchen konnte. Schade." Jetzt aber kommt Fabian vorbei. Im zweiten Gruppenspiel reist der Fliedener Stürmer zum Spiel gegen die Niederlande nach Amsterdam. Louis hat Karten besorgt. "Ich freu mich riesig drauf", sagt Fabian. Am Sonntag ist aber erst mal zuhause die Hölle los. Rudelgucken mit der Verwandtschaft. Es könnte laut werden.

Österreich bei der EM

Der geneigte Sportschau-Zuschauer muss sich am Sonntag nicht neu gewöhnen: 21 der 26 Spieler in Österreichs EM-Kader spielten am Ende der gerade abgelaufenen Saison in der Bundesliga. Hinzukommen mit Louis Schaub (1. FC Köln)und Marko Arnautovic (Werder Bremen) zwei weitere Spieler, die bereits Bundesliga spielten. Zum Vergleich: Aus dem deutschen Kader spielten im Mai "nur" 19 Spieler in der Bundesliga.

Beim ersten Gegner werden Erinnerungen wach: Gegen Nordmazedonien (in Bukarest) verlor kürzlich die deutsche Nationalmannschaft. Weitere Gruppengegner sind die Niederlande (in Amsterdam) und die Ukraine (in Bukarest). Die Chancen aufs Weiterkommen stehen nicht schlecht. Und das wäre Neuland: Erst zum dritten Mal ist Österreich bei einer Endrunde dabei. 2008 im eigenen Land war genau wie vor fünf Jahren in Frankreich nach der Vorrunde Schluss. Ein Sieg gelang bei beiden Turnieren nicht, jeweils sprang nur ein Punkt heraus. Ein Sieg, schon hätte das ÖFB Geschichte geschrieben.

Bei Weltmeisterschaften waren die Österreicher erfolgreicher, überstanden viermal die Vorrunde: 1954 Dritter, 1934 Vierter, 1978 Siebter und 1982 Achter. (Johannes Götze)+++

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Dieser Artikel ist zuerst auf torgranate.de erschienen.


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