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- Fotos: Dieter Graulich

17.06.12 - REGION

Verein "Natur- und Lebensraum Vogelsberg" informierte sich im Osterzgebirge

Das Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg sucht nach Lösungen die national bedeutsame Kulturlandschaft des Vogelsberg für den Naturschutz, gemeinsam mit den Landnutzern, zu erhalten. Die landwirtschaftlichen Betriebe im Vogelsberg, die diese einzigartige Kulturlandschaft über Generationen geschaffen haben, müssen sich heute mit hohen wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Rahmenbedingungen bei der Produktion auseinandersetzen. In der vergangenen Woche blickte eine 26-köpfige Gruppe aus Mitgliedern und Freunden des Vereins „Natur- und Lebensraum Vogelsberg“ der Träger des Projektes ist, einmal „über den Tellerrand“ und unternahm eine fachliche Exkursion zu den Bergwiesen im Osterzgebirge. Projektleiter Sebastian Stang mit seinem Team hatte das dortige Naturschutzgroßprojekt ausgewählt, da es in vielen Gegebenheiten mit den Bedingungen im Vogelsberg vergleichbar ist. Neben dem fachlichen gab es aber auch einen kulturellen, touristischen Teil, der am Mittag des ersten Tages mit einer Besichtigung des Bergbaumuseums Altenberg begann.

Bei einer rund einstündigen Untertageführung im 1802 begonnenen „Neubeschert-Glück-Stollen“ bekamen die Vogelsberger Einblicke in die Methoden und Arbeitsbedingungen im untertägigen Erzabbau. Die Aufbereitung des gewonnenen Zinnerzes sah man anschließend in der historischen Zinnwäsche, die schon im 16. Jahrhundert an dieser Stelle Erz verarbeitete. Die Altenberger Zinnwäsche ist von der Originalität, Größe und Ausstattung her einmalig in Europa. Danach ging es zu der unmittelbar an das Altenberger Stadtgebiet angrenzenden Pinge. Dieser 400 Meter Durchmesser und 150 Meter Tiefe große Krater zählt zu den eindrucksvollsten Bergbaudenkmälern der Region. Er entstand 1620, als gewaltige, untertägige Brüche, große Teile des Bergwerkes zerstörten. Letztes Ziel am ersten Tag war dann das Naturschutzgebiet „Georgenfelder Hochmoor“ in Zinnwald-Georgenfeld, das einzige gut erhaltene und touristisch erschlossene Hochmoor im Osterzgebirge. Auf sächsischem Gebiet befindet sich mit einer Größe von zwölf Hektar nur rund ein Zehntel des Moorkomplexes, der bis ins Böhmische reicht. Auf einem Knüppeldamm ist das Hochmoor begehbar und man konnte die verschiedensten Pflanzengesellschaften wie Moorkiefer, Rausch- oder Trunkelsbeere, den „Fleischfressenden Sonnentau“, Wollgras, Sumpfporst und viele andere bewundern. Zu Fuß ging es dann in das nahe gelegene Hotel „Lugsteinhof“ zur Übernachtung.

Informationen über das dortige Naturschutzgroßprojekt erhielten die Vogelsberger am nächsten Morgen von Projektleiter Holger Menzer. So habe die Phase I von 1999 bis 2008 gedauert und in 2010 wurde mit der Phase II begonnen. Sie dauert bis 2015. Die Größe des Projektgebietes bezifferte er mit 2.700 Hektar. Davon beinhalte die Phase I 890 Hektar Kerngebiet und die Phase II 780 Hektar. Die Investitionen der Phase I bezifferte Menzer mit 5,4 Millionen Euro und für die Phase II seien 3,4 Millionen Euro geplant. Als Schwerpunkte der Phase I bezeichnete Menzer den Erwerb von Flurstücken für eine nachhaltige Sicherung der Projektziele. Insgesamt seien bis jetzt rund 480 Hektar erworben worden. Rund 60 Kilometer Steinrücken seien fachgerecht auf den Stock gesetzt und 1,5 Kilometer Trockenmauern instand gesetzt worden. Die Entbuschung von Langzeitbrachen erfolgte auf 20 Flächen mit insgesamt 18 Hektar. Ausführlich ging er auch auf verschiedene Modelle der Bewirtschaftung ein. Besondere Formen seien dabei die portionierte sowie eine räumliche und zeitversetzte Mahd.

Nach diesen umfangreichen Informationen ging es dann in das Gebiet Geisingberg um sich vor Ort die Bergwiesen anzuschauen. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit, denn es war nebelig und regnete leicht. Trotzdem sahen die Vogelsberger Gäste eine Artenvielfalt, wie sie nicht mehr oft vorhanden ist. Kreuzblume, Bleitblättriges Knabenkraut und Arnika in hoher Anzahl. Zum Mittagessen war dann noch ein leichter Anstieg zur Bergbause Geisingberg erforderlich, aber er lohnte sich. Frisch gestärkt ging es danach zum nahe gelegenen Landwirtschaftlichen Betrieb von Jens und Manja Schröfel. Der in 1994 mit sechs Hektar Wiesenfläche und einem alten DDR-Traktor gegründete Betrieb, begann 2001 mit zwei Mutterkühen mit Kälbern der Rasse „Rotes Höhenvieh“. Heute bewirtschafte das Ehepaar 155 Hektar eigene Fläche und rund 40 Hektar Wiesenfläche in Lohnarbeit. Die Mutterkuhhaltung ist inzwischen auf 34 Kühe angewachsen. Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes wird Steinrücken und Bergwiesenpflege betrieben. Zudem steht Landwirtschaftliche Lohnarbeit, Forstarbeit, die Bereitstellung eines acht Hektar großen Wildackers für die Jäger sowie als gewerbliche Dienstleistung Schüttguttransport und Winterdienst auf dem Programm.

 Der Vogelsberger Projektleiter, Sebastian Stang, überreichte abschließend seinem Osterzgebirgskollegen Holger Menzer, abschließend einen Präsentkorb mit Vogelsberger Spezialitäten als Dank für die sehr lehrreiche und informative Exkursion. Besonders interessant war die Exkursion für den 81-jährigen Gottfried Leuteritz (Ober-Breidenbach). Er musste im Jahre 1958 wegen kritischer Äußerungen zur Landwirtschaft aus einem Nachbarort von Altenberg in die Bundesrepublik flüchten. Seine Familie durfte später nicht ausreisen. Er wurde am Abend des ersten Tages von seinem Sohn abgeholt und nutzte so die Gelegenheit zu einem Besuch in seinem Heimatort.  (gr) +++


Viel Informationen gab es Untertage...

...und in der historischen Zinnwäsche über Tage!





Nahe der Grenze zu Böhmen ging es auf einem Knüppelweg durch das Hochmoor




Projektleiter Holger Menzer informierte über das dortige Naturschutzgroßprojekt


Trotz leichtem Regenwetters sah man deutlich die große Artenvielfalt der Bergwiesen




Auch im Vogelsberg soll das Rote Höhenvieh wieder seinen Platz finden

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