"Allianz für freien Sonntag" gegründet - Keine rund-um-die-Uhr-Gesellschaft

Für Viele ein Luxus: Ausschlafen, ohne dass der Wecker nörgelnd auf sich aufmerksam macht, dann einfach solange im Bett rumlümmeln, bis man den Tag beginnen möchte. Oder aber um 7 Uhr aus den Federn springen, um nach zwei Stunden Joggen ausgiebig zu frühstücken: Die Freiheit, seinen Sonntag frei nach persönlichem Geschmack zu gestalten, sehen Viele in Gefahr. Ein Netzwerk „Allianz für den freien Sonntag“ hat sich daher nun auch in Osthessen formiert. Worum es dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem Referat „Wirtschaft-Arbeit-Soziales“ der evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck, der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), dem Kolpingwerk und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dabei geht, ist gleichzeitig einfach und vielschichtig. Am Mittwochabend traf man sich im Fuldaer Felsenkeller, um die Allianz schriftlich zu Fixieren.

Nicht nur die „Notbesetzung“ wie zum Beispiel Rettungskräfte, Krankenhaus- und Pflegepersonal oder Polizei sind mittlerweile von regelmäßiger Sonntagsarbeitszeit betroffen. Auch in der Gastronomie, im Handel, in Freizeit- und Tourismus müssen die Arbeitnehmer zwangsläufig flexibel sein. Der Sonntag als der Tag in der Woche, der weder von Erwerbsarbeit noch von Konsum geprägt ist – das scheint in Zeiten der durchorganisierten Freizeitgestaltung, "überdüngtem" Konsumverhalten und Ideen- und scheinbarer Alternativlosigkeit kaum möglich. Doch nicht nur die Kirchen halten dagegen. So sei der Sonntag nicht nur ein Schöpfergedenktag, sondern auch der Tag in der Woche, an dem der Mensch zur Ruhe kommen könne und müsse. „Der Wert, Sinn und das Ziel des Lebens ist nicht die Erwerbstätigkeit – da wird eine Lebenszeit wirtschaftlich verwertet, die nicht dafür bestimmt ist“, formulierte Pfarrer Martin Lerg, stellvertretender Diözesanpräses der KAB Fulda.

„Eine rund-um-die-Uhr-Gesellschaft lehnen wir ab!“ Erika Preuß, Expertin bei ver.di im Fachbereich Handel, wies bei der Versammlung am Mittwochabend auf die Abhängigkeit der Arbeitnehmer von ihrer Erwerbstätigkeit hin – Sonntagsarbeit sei oft „freiwillig erzwungen“, ebenso die Flexibilisierung der Arbeitnehmer. Dabei habe noch nicht einmal eine öffentliche Debatte um das Ende 2011 um fünf Jahre verlängerte Gesetz zu den Ladenöffnungszeiten stattgefunden. Sechs mal 24 Stunden wöchentlich und vier Sonntage im Jahr, plus Ausnahmeregelungen sind in Hessen offene Läden erlaubt.

Vor der Änderung des Ladenschlussgesetzes in das Öffnungszeitengesetz habe der Handel argumentiert, die Umsätze dadurch  erheblich steigern und 50.000 neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Nach 5 Jahren zieht ver.di Bilanz: Die Umsätze stagnieren, Arbeitsplätze gebe es auch nicht wirklich mehr in der Branche. Im Vergleich zum Saarland und Bayern, wo das Gesetz nicht in Kraft ist, sehen die Zahlen vergleichbar aus, so Preuß. Warum dann daran festhalten? „Der Beschädigung durch Sonntagsarbeit steht kein gesellschaftlicher Nutzen gegenüber, daher muss es eine Diskussion über die Sonntagsarbeit geben“, schloss Preuß ihr Impulsreferat im Felsenkeller.

Mit der osthessischen Allianz gründet sich die 83. Regionale Untergliederung in der Bundesrepublik. Die Organisationen und Einrichtungen reagieren damit auf die zunehmende und teils ausufernde Auflösung des Schutzes der Sonn- und Feiertage. In der Zukunft sollen dazu verschiedene Veranstaltungen stattfinden, zum Beispiel Aktionen an Einkaufs-Sonntagen. Auch soll die Wertschätzung des Sonn- und Feiertages gesteigert und das Bewusstsein für einen berechtigten freien Tag gestärkt werden. (am)+++