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Der Palmsonntag hat nicht nur für die Kirche seine festen Abläufe, sondern im katholischen Fulda zieht es an diesem Sonntag vor allem die engagierten Schiffsmodellbauer ans Wasser, genauer gesagt den heimischen "Aueweiher" unmittelbar vor dem Vereinshaus im Naherholungsgebiet Johannisaue. Absoluter Höhepunkt und von vielen mit Spannung erwartet ist dann nicht nur das "Anfahren" der Saison. Vorher gibt es einen ganz feierlichen "Akt" - nämlich die Taufe von neuen Modellen, die zwischen Herbst und Frühjahr (und manchmal noch viel länger) in heimischen Bastelstuben entstanden sind. "Ich taufe dich auf den Namen.... und wünsche dir immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel" war auch am gestrigen Tage zu hören. Insgesamt drei Mal für die Yacht "Lotte", den Kutter "Tön 12" sowie der naturgetreue Nachbau des Kriegsschiffes "Bismarck" im Maßstab 1:200. Und ohne "Sekttaufe" gehts natürlich nicht, aber dann nur ganz vorsichtig in Form weniger Tropfen über den Bug. Und die "Neuen" bestanden dann auch ihre erste Fahrt - statt Badewanne nun den großen Aueweiher.

Eigentlich wäre es ein "Quartett" gewesen, doch der Schöpfer des "Feuerlöschbootes Düsseldorf" fiel wegen Krankheit aus. Deshalb galt das Augenmerk den drei anderen Neuschöpfungen. Etwa neun Monate hat das Nachwuchsmitglied Fabian Dreßler gebraucht, um den elektrisch betriebenen Kutter "Tön 12" buchstäblich zu Wasser lassen zu können. Viel Zeit investierte auch Simone Nowitzki aus Fulda für ihre Yacht "Lotte", ein Robbe-Modell.

Ein ganz anderes Kaliber im doppelten Sinne das dritte Modell. Es handelt sich um einen 1:200 Nachwuchs der "Bismarck", einem Schlachtschiff der deutschen Kriegsmarine. Fast 251 Meter lang und 26 Meter breit, erreicht das Schiff eine Geschwindigkeit von bis zu 60 Kilometern, berichtete Modellbauer Norbert Heidmann aus dem unterfränkischen Fladungen/Rhön. Fast ein Jahr lang hat er im heimischen Keller geschnitten, gebohrt, gesagt und geklebt, bevor das naturgetreue Modell mit einer Länge von 125 Zentimetern und einem Drei-Schrauben-Antrieb fertig war. Das Original war bei der Indienststellung im August 1940 unter dem Kommando von Kapitän zur See Ernst Lindemann das "weltweit größte und kampfstärkste Schlachtschiff". Nach schwerem Gefecht mit Einheiten der britischen Royal Navy Ende Mai 1941 sank sie mit dem Großteil ihrer Besatzung im Nordatlantik. Nach Angaben von Modellbauer Heidmann liegt die Bismarck heute etwa 600 Seemeilen vor Brest in 4.600 Metern Tiefe.

Für den Schiffsmodellclub Fulda (SMC) ist 2012 die 52. Saison. Er wurde 1960 gegründet und kann bei sportlichen Wettbewerben durchaus jedes Jahr eine erfolgreiche Bilanz ziehen kann. Er ist Mitglied im Deutschen Dachverband für Schiffsmodellbau und Schiffsmodellsport „nauticus e.V.“ und somit auch dem Weltverband „NAVIGA“ angeschlossen. Es ist ein Freizeitvergnügen, so ganz ohne Hektik und mit viel Geduld und ruhigen Fingern. Aber es ist auch nicht billig, denn Funksteuerung, Batterien und auch Bausatz verschlingen nicht selten viele hundert Euro.

Für die etwa 30 SMC-Mitglieder im Alter von 8 bis über 80 Jahre steht der Spaß und die Zeit, die man zusammen verbringt, im Vordergrund. Mit Gleichgesinnten sich Sonntags zu treffen, ein paar Runden zu fahren und anschließend beim Frühschoppen ein wenig zu reden, so sagt der neue Vorsitzende Leo Axt, ist der schönste Zeitvertreib, den man sich mit anderen Mitglieder vorstellen kann. Man merkt allen Vereinsmitgliedern ihre Begeisterung für die Schifffahrt an und findet sich als Zuschauer nicht selten selbst in einer zusammen gedachten Welt der Träume wieder.

Doch wer glaubt, die Fuldaer Kapitäne ziehen nur im Aueweiher ihre Kreise und finden sich damit ab, ihre Lieblinge durch heimische Gewässer zu manövrieren, irrt sich gewaltig. Regelmäßig qualifizieren sich die Fuldaer etwa für die deutschen Meisterschaften und für internationale Turniere. Übrigens: laut Vorsitzendem Axt wird es dieses Jahr vielleicht noch zwei "Nottaufen"für fertig werdende Modelle geben. Und diese "Nottaufen" sind notwendig, weil - so Axt - "sonst der Klabautermann sein Unwesen mit den Schiffen treibt". Mehr im Internet unter www.smc-fulda.de (Martin Angelstein). +++