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Das Klinikum Fulda mit dem (eingezeichnet) geplanten neuen OP-Zentrum. Kostgen: 25 Mio. Euro - Fotos:Hendrik Urbin

In der Notaufnahme - hier der Schockraum - werden monatlich über 3.000 Patienten behandelt

18.01.13 - FULDA

EXKLUSIV: "QUO VADIS KLINIKUM?" (3) - "Wege für Zukunft des Klinikums"

Es behandelt jährlich 40.000 Patienten, es ist der größte Arbeitgeber in der Region Fulda (2.800 Mitarbeiter / 1.800 Vollzeitstellen), es verfügt über 1.000 Betten, vereinigt unter seinem Dach 30 Institute und Kliniken und sorgt mit seinen Töchtern jährlich für einen Umsatz von 180 Millionen Euro. Die Rede ist von der Klinikum Fulda gAG als einzigem Krankenhaus der Maximalversorgung im Umkreis von knapp 100 Kilometern. Knapp zwei Stunden lang ging es am Dienstag in einem exklusiven Redaktionsgespräch von osthessen-news-Chef Martin Angelstein und ON-Mitarbeiter Christian P. Stadtfeld mit Oberbürgermeister und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU) sowie den Klinikum-Vorständen Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel (Krankenversorgung) und Dietmar Pawlik (Administration) um viele heiße Themen, Probleme und aktuelle Ereignisse, die das Klinikum Fulda bewegen.

In Teil Eins - am Mittwoch dieser Woche - ging es in unsere Serie "QUO VADIS KLINIKUM?" um "Privatisierung, Defizite & Finanzen" ( http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225469 ). Am gestrigen Donnerstag veröffentlichte ON den zweiten Teil unter dem Titel "Qualität, Personal und Renommee" ( http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225471 ). Und am heutigen Freitag folgt der dritte und letzte Teil zum Thema "Wege für eine Zukunft des Klinikums".

Ausbau der Zentrale Notaufnahme, der Neubau des OP-Zentrums, die Sanierung des knapp 40 Jahre alten Bettenhauses oder die Etablierung neuer medizinischer Disziplinen bis hin zur Problematik von Zielvereinbarungen für Chefärzte - das sind Themen, die jetzt unmittelbar das Klinikum beschäftigen. Vorstand, Aufsichtsrat und Mitarbeiter sind gleichermaßen gefordert gemeinsam die Weichen für eine "Zukunft des osthessischen Krankenhauses der Maximalversorgung" zu stellen. Und der Auftrag des Klinikums ist kein Selbstzweck, sondern es hat gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten die Versorgung der Menschen in der Region Osthessen sicherzustellen. Dieses Ziel wird in der Praxis allerdings meist durch die unzureichende finanzielle Unterstützung von Bund, Ländern und den Krankenkassen ausgebremst.

ZNA: "immense Steigerungen, viele Pseudo-Notfälle"

Immer mehr Notfälle, zu wenig Platz und zu wenig Personal - das ist die "Achillesferse" der Zentralen Notaufnahme (ZNA). Aus Sicht der Klinik-Leitung ist sie die "Visitenkarte des Klinikums mit nationalem Renommee" (Menzel). Doch wer Patienten befragt, die in der Notaufnahme behandelt wurden, hatten den Eindruck vom genauen Gegenteil. Zu lange Wartezeiten, zu wenige Ärzte und scheinbar willkürliche Behandlungsabfolgen. Eine Abteilung, wie kaum eine andere, die täglich im öffentlichen Brennpunkt steht. Und möglicherweise offenbart sich in dieser Situation noch ein anderes Problem, denn wenn der Arzt nicht zum Patient kommt (Hausbesuche), gehen die Patienten in die rund um die Uhr besetzte Notaufnahme - mit fatalen Folgen. "Es kommen immer mehr Pseudo-Notfälle - zu jeder Tages- und Nachtzeit - und diese Patienten nehmen den ernsthaft erkrankten Patienten die Zeit, die sie wirklich brauchen" - den "richtigen", lebensbedrohlichen Notfällen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Polytrauma nach Verkehrsunfällen oder dem abgesägten Finger.

Und deshalb muss und wird die ZNA wachsen. Von Jahr zu Jahr kommen mehr Patienten - monatlich weit über 3.000 Fälle (Pawlik). Vor vier Jahren waren es noch 1.200 Notfälle. "Die Steigerungsrate ist immens", sagte Menzel und erklärte: "Wir setzten uns regelmäßig mit der GNO (Gesundheitsnetz Osthessen) zusammen und überlegen wie wir die Zuweisung in die Notaufnahme verbessern können." Der ZNA-Ausbau erfolgt parallel mit dem Neubau des millionenteuren OP-Zentrums.

"Zu wenig Geld fürs neue OP-Zentrum" 

Eines der größten Bauprojekte der letzten zehn Jahre am Klinikum ist zweifelsohne das neue OP-Zentrum mit geschätzten Kosten von 25 Millionen Euro. Dringlichkeitsstufe I für ein Projekt, für das eigentlich nicht genug Geld zur Verfügung steht. Das Dilemma: die Landesfinanzierung reicht nur für die Hälfte und deshalb springt die Stadt Fulda mit 12 Millionen Euro als finanzieller Lückenbüßer erstmals ein. OB Möller spricht von einem "gigantischen Projekt" und versucht Kritiker zu beruhigen, weil die Millionen aus dem "Stadtseckel" ausreichend abgesichert seien.

Auf einer Ebene wird alles vorhanden sein: 14 Operationssäle, eine zusätzliche Intensivstation mit 16 Betten sowie eine neue IMC-Station ("Intermediate Care" als Zwischenglied zwischen Intensiv- und Normalstation) mit 20 Betten. Mit dem Bau will das Klinikum in den nächsten Monaten beginnen. "Ich gehe davon aus, dass die Kosten eingehalten werden", sagte Menzel. Er bezeichnete seine Einschätzung aber zugleich als "mutige Aussage für einen öffentlichen Bau". Gestützt wird seine Meinung aber durch Aussagen von Architekt und Generalplaner - "beide sind sehr erfahren und habe detaillierte Kostenpläne aufgestellt". In der Investitionssumme sind nicht nur Baukosten, sondern auch die "feste Einrichtung" enthalten. Ein Teil von "beweglichen OP-Ausstattung" zieht um.

Doch die 25 Millionen sind nicht alles, weitere zehn Millionen sind konkret für den zweiten Bauabschnitt des Mutter-Kind-Zentrums und ein neues Parkhaus fest eingeplant. Viel Geld, doch im Vergleich zum wichtigsten Sanierungsprojekt eher nur Peanuts, denn das Klinikum Fulda wird nur dann in Zukunft bestehen, wenn endlich daszwölfgeschossige Bettenhaus umfassend saniert wird. "40 Jahre Non-Stop-Betrieb rufen förmlich nach einer Modernisierung", sagte Pawlik und betonte: "Die Bausubstanz ist zwar nicht untragbar, aber nicht mehr zeitgemäß." Das Dilemma für das Klinikum: "die Investitionsfinanzierung des Landes ist signifikant zurückgegangen" (Menzel).

"Zielvereinbarung, aber Qualität steht vor Quantität"

Dieses Thema ist heikel und wird bundesweit von Berufsverbänden stark kritisiert. Es ist ein Dauerkonflikt zwischen dem Wohl des Patienten und den Wirtschaftsinteressen der Krankenhäuser. Angekommen sind "Zielvereinbarungen" - also Prämien für Chefärzte - jetzt auch im Klinikum Fulda. "Wir stehen da noch am Anfang", bestätigte Menzel gegenüber ON. Die wichtigste Intention ist für ihn aber: "Qualität steht vor Quantität." Es gehe mehr um Qualitätsziele und den Abschluss bestimmter Projekte innerhalb eines angesetzten Zeitraums, als um den ökonomischen Faktor ("Das ist nur ein geringer Teil."). "Die Parameter müssen sinnvoll und vertretbar sein - derzeit diskutieren wir einen Katalog mit den Chefärzten", so der Vorstand für Krankenversorgung. Er gab zu, dass die Chefarztverträge teilweise mit Zielvereinbarungen ausgestattet seien. "Wir haben in den betroffenen Abteilungen aber keine auffällig großen Steigerungen." Das soll wohl bedeuten, dass es im Klinikum Fulda keine überflüssigen Operationen gibt. (MARTIN ANGELSTEIN / CHRISTIAN P. STADTFELD). +++

NACHTRAG DER AUTOREN:  Dieses Zwei-Stunden-Gespräch mit den Verantwortlichen des Klinikums Fulda konnte erwartungsgemäß nicht alle Problemthemen eines solchen Krankenhauses umfassen. Auch wenn der Redaktion mehrere anonyme Briefe und Hinweise auf mögliche Missstände vorliegen - nicht alles ist nachprüfbar, manches auch sehr pauschaliert. Hinzu kommt, dass auch Journalisten als außenstehende Beobachter nicht wirklich hinter die Kulissen blicken können und weitgehend auf offizielle Statement angewiesen sind - egal ob richtig oder subjektiv aus der Sicht der Anderen. Wo Menschen sind, werden Fehler gemacht - das räumt die Klinikleitung ein, doch jeder Fehler ist auch einer zuviel, schließlich geht es nicht um irgendeine Ware, sondern um das Kostbarste: die Gesundheit von Menschen. Dennoch ist die ON-Redaktion überzeugt, mit dieser kleinen Serie etwas zur Aufklärung der Vorgänge im Klinikum Fulda bzw. der Sichtweise der Verantwortlichen beigetragen zu haben.

In Teil Eins - am Mittwoch dieser Woche - ging es in unsere Serie "QUO VADIS KLINIKUM?" um "Privatisierung, Defizite & Finanzen" ( http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225469 ). Am gestrigen Donnerstag veröffentlichte ON den zweiten Teil unter dem Titel "Qualität, Personal und Renommee" ( http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225471 ).


Exklusives Redaktionsgespräch von osthessen-news-Chef Martin Angelstein (re) und ON-Mitarbeiter Christian P. Stadtfeld mit Oberbürgermeister und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU)

Dreh- und Angelpunkt an 365 Tagen im Jahr: die Zentrale Notaufnahme.


Abstimmung zwischen ZNA-Direktorin Dr. Petra Zahn und Wanja Wolf von der ZNA-Pflegeleitung.

Der Gesamtkomplex des Klinikum mit dem geplanten OP-Zentrum (vorne rechts zwischen Mutter-Kind-Haus und Schwesternwohnheim) an der Stelle, wo sich der Altbau der abzureißenden ehemaligen Kinderklinik befindet.


Der Plan für die neue Zentrale Notaufnahme - Rot: Anmeldung / Blau: Koordination / Gelb: Wartebereiche / Grün: Behandlungsplätze / Türkis: Chest-Pain (engl. für Brustschmerz-Einheit)/ Grün-Gelb: Schockräume / Orange: Radiologie

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