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Wenn es Nacht wird... das Klinikum Fulda - Alle Fotos: Hendrik Urbin

Exklusiv-Interview mit (v.li): Dietmar Pawlik, Priv.Doz. Dr. Thomas Menzel sowie OB und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU)

17.01.13 - FULDA

EXKLUSIV: "QUO VADIS KLINIKUM?" (2) - "Qualität, Personal und Renommee"

Es behandelt jährlich 40.000 Patienten, es ist der größte Arbeitgeber in der Region Fulda (2.800 Mitarbeiter / 1.800 Vollzeitstellen), es verfügt über 1.000 Betten, vereinigt unter seinem Dach 30 Institute und Kliniken und sorgt mit seinen Töchtern jährlich für einen Umsatz von 180 Millionen Euro. Die Rede ist von der Klinikum Fulda gAG als einzigem Krankenhaus der Maximalversorgung im Umkreis von knapp 100 Kilometern. Knapp zwei Stunden lang ging es am Dienstag in einem exklusiven Redaktionsgespräch von osthessen-news-Chef Martin Angelstein und ON-Mitarbeiter Christian P. Stadtfeld mit Oberbürgermeister und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU) sowie den Klinikum-Vorständen Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel (Krankenversorgung) und Dietmar Pawlik (Administration) um viele heiße Themen, Probleme und aktuelle Ereignisse, die das Klinikum Fulda bewegen.

Gestern veröffentlichte ON den ersten Teil unter dem Titel "QUO VADIS KLINIKUM?" (1) - Privatisierung, Defizite & Finanzen" ( http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225469 ). Heute folgt Teil zwei und am morgigen Freitag Teil drei zum Thema "Wege für eine Zukunft des Klinikums".

Thema: "Qualität, Personal und Renommee"

Personelle Rundumschläge und Konsequenzen, kritische Blicke in alle Abteilungen - alles steht derzeit im Klinikum Fulda auf dem Prüfstand. Was ist wirklich wirtschaftlich? Wo können wir sparen? Viele Fragen, mit denen sich - nach eigenen Angaben - die neue Doppel-Spitze im letzten Jahr beschäftigte. Und anders, als es Patienten und Mitarbeiter wahrnehmen, ist das Fazit von Thomas Menzels eindeutig: "Wir haben genug Personal um unsere Patienten zu versorgen - mehr als wir finanzieren können." Die Personalkosten liegen um zehn Prozent höher, als in Krankenhäusern in vergleichbarer Größe. Und von einem "Wasserkopf in der Verwaltung" will der Vorstand auch nichts wissen. Dort wurde das Personal deutlich reduziert (minus zehn Prozent) - "auch in den gut bezahlten Positionen", erklärte Dietmar Pawlik. Und er bestreitet auch "zu wenig Personal". Er machte deutlich: "Der Personalstand im ärztlichen Dienst ist der höchste in der Historie des Klinikums." Und das , trotz der Sanierung ("im Jahr 2010 und 2011 wurden signifikant rote Zahlen geschrieben").

"50 Unzufriedene findet man immer"

Von einer "Skandal-Klinik" ist das Klinikum Fulda nach Ansicht von Vorstand und Aufsichtsrat weit entfernt. Man sieht es eher als "Abbild unserer Gesellschaft". Deren Probleme fänden sich eben auch in einem Krankenhaus. Die einen seien mit ihrer Situation zufrieden, anderen sei es egal, andere seien unzufrieden. "Eine ganz normale Entwicklung", meinen die Klinikum-Chefs Menzel und Pawlik - beide gemeinsam seit 18 Monaten an der Klinikum-Spitze. Ihrer Meinung nach gibt es in jedem Betrieb unzufriedene Menschen. Pawlik sprach von einem "subjektiven Merkmal" - eine "Beurteilung ist hier sehr schwierig". Die Unzufriedenheit sei ein "individuelles Merkmal" und eher spekulativ. In einem Sanierungsfall gebe es immer einige Unzufriedene. Und wörtlich sagten sie dazu: "Bei 2.800 Klinik-Mitarbeitern findet man immer 50 Unzufriedene." Fraglich ist, ob Mitarbeiter und Betriebsrat diese Vorstands-Meinung teilen.

"Wir brauchen Ruhe, wir dürfen unsere Patienten nicht verunsichern - jede Negativ-Schlagzeile ist schädlich und kostet uns Patienten." Worte von OB Möller, der im Klinikum den "kompliziertesten Betrieb in Fulda" sieht. Er und der Vorstand räumen durchaus ein, dass Fehler möglich sind und gemacht werden, aber dass man stets nach Lösungen mit den Betroffenen suche ("Unsere Haftpflichtversicherung ist sehr teuer und wir stellen uns den Schadensfällen."). Als Belastung für das Betriebsklima empfindet Möller ständige anonyme Briefe "mit Anschuldigungen, Beleidungen, Verleumdungen, Vermutungen, Verunglimpfungen". Unerträglich sei es für ihn, "von Oberklugen und Besserwissern", ständig unter Generalverdacht gestellt zu werden. Manche Briefe ähnelten einem "verbalen Amoklauf auf Stammtischniveau", so Möller. Der Vorstand ist - nach eigenen Angaben - regelmäßig im Haus unterwegs und für Kritik empfänglich, "wenn ein Gesicht dahinter steht".

"Im Spannungsfeld zwischen Spezialisten und Generalisten"

In den zurückliegenden knapp vier Jahrzehnten Klinikum Fulda am jetzigen Standort hat sich das medizinische Angebot radikal verändert. Meist zum Vorteil der Patienten, die von Spezialisierung und modernster Medizintechnik profitieren. Es ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung im Spannungsfeld zwischen Spezialisten und Generalisten. "Wir bieten als einzige die Spezialisten an - auch bei Verzicht auf Familiäres", sagte Menzel. Und bei der Umorientierung bleiben natürlich auch Glanzstücke der Vergangenheit auf der Strecke. Zu Zeiten des Herz-Spezialisten und Chefarzt Professor Dr. Thomas Stegmann (1984-2005) wurden deutlich über 100 Herztransplantationen vorgenommen. Damit ist seit Jahren Schluss. Jetzt sind Herz-Operationen für Bypässe und Klappen (etwa 300 jährlich) "fast Tagesgeschäft" geworden. Der Grund: die Nachversorgung von Transplantations-Patienten ist extrem aufwändig - "das können die Uni-Zentren besser als wir", so Menzel. Allerdings gibt es nach wie vor etwa 25-30 Transplantationen. Das Klinikum Fulda ist nämlich zugelassenes Zentrum für Nierentransplantationen.

Ziel: "hohe Fach-Kompetenz halten und Region Osthessen optimal versorgen"

Nicht mit Negativ-Schlagzeilen, sondern mit "Spitzen- und Hochleistungsmedizin" will das Klinikum in Zukunft bestehen. Und das werde regelmäßig - auch derzeit - unter Beweis gestellt. Das Klinikum Fulda hat Abteilungen mit internationalem Renommee etwa in der Frühchenversorgung (Klinderklinik: Professor Dr. Reinald Repp), der Urologie (Professor Dr. Tilmann Kälble) oder der Psychiatrie (Professor Dr. Georg Wiedmann). "Wir haben schöne Ergebnisse in der Psychosomatik (Menzel)." / "Professor Schächinger (Kardiologie) und PD Dr. Dörge (Herz- und Thoraxchirurgie) sind ein Glücksfall für Fulda (Möller)." / "Das Modell unserer Zentralen Notaufnahme wird von der Universitätsklinik Leipzig kopiert - das zeugt auch vom nationalen Renommee vom Klinikum Fulda (Menzel)." Hinzu kommt: das Fuldaer Klinikum hat nicht nur eine Reihe von "Top-Ärzten in Deutschland", sondern gehört auch zu den Top 100-Krankenhäuser in der Bundesrepublik (Rang 74). Das geht aus einem Bericht des Nachrichtenmagazins Focus (Juli 2012) hervor. Das Potential des Klinikums zeigt sich nach Meinung der Klinik-Leitung auch an einer anderen Tatsache: seit Jahren gab es 2012 erstmals ein Wachstum bei den stationären Patienten, trotz wirtschaftlich schwieriger Phase. (MARTIN ANGELSTEIN / CHRISTIAN P. STADTFELD). +++

Gestern: Teil 1 des Interviews zu "Privatisierung, Defizite & Finanzen"

http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1225469

Morgen: Teil 3 des Interviews über "Wege für eine Zukunft des Klinikums"


Das Klinikum Fulda im winterlichen Kleid: knapp 1.000 Betten, 2.800 Mitarbeiter, vereinigt unter seinen Dächern 30 Institute und Kliniken und sorgt mit seinen Töchtern jährlich für einen Umsatz von 180 Millionen Euro

(v.li): Dietmar Pawlik und Priv.Doz. Dr. Thomas Menzel


OB und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU) regte sich auf...

Er mag keine anonymen Briefe "von Oberklugen und Besserwissern"..


"...da steht man unter Generalverdacht und bekommt einen Stempel"

Exklusives Redaktionsgespräch von osthessen-news-Chef Martin Angelstein (re) und ON-Mitarbeiter Christian P. Stadtfeld mit Oberbürgermeister und Aufsichtsrats-Chef Gerhard Möller (CDU)

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