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- Fotos: Dietmar Kelkel

Bürgermeister Walter Strauch, Anne Willmers und Manfred Eckl ziehen positives Fazit.

26.06.13 - STEINAU/STRASSE

Für ein tolerantes Marjoß - Infoabend über rechtsextreme Tendenz

Die Menschen im Spessartdorf Marjoß sind verunsichert. Wiederholt wird der Ort in den Medien mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht. Dass der stellvertretende Landesvorsitzende der Partei „Die Rechte", Duncan Bohnert, dort lebt und in seinem Heimatverein SV Marjoß wieder Fußball spielt, hat die Angst vor rechtsextremistischen Tendenzen ebenso geschürt wie satte acht Prozent für die NPD bei den Ortsbeiratswahlen.

Dass Marjoß diesen schlechten Ruf nicht verdient, hat am Montagabend eine Informationsveranstaltung der Interessengemeinschaft „Respekt . Tolerantes Marjoß", des Beratungsnetzwerkes Hessen „Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus" und der Stadt Steinau im Landgasthof Charlott in Marjoß gezeigt. Zwei Jahre lang hatten Manfred Eckl, Anne Willmers und Carolin Hesidenz vom Beratungsnetzwerk das Projekt besorgten Marjoßer Bürger begleitet.

Sie moderierten die Veranstaltung im überfüllten Saal des Landgasthofes. Nach einem Referat des Netzwerkvorsitzenden Dr. Reiner Becker über Möglichkeiten des Handelns gegen rechtsextremistische Tendenz im ländlichen Raum informierte Angelika Ribler, Referentin für Jugend und Sportpolitik bei der Sportjugend Hessen, darüber, wie Rechtsextremisten miteinander kommunizieren, ohne das es der normale Bürger merkt. „Hinter der Zahl 88 auf einem Trikot verbirgt sich der Heil-Hitler-Gruß. Die 28 steht für Blut und Ehre", nannte Angelika Ribler eine Reihe von Fallstudien aus dem Sportleben, die bundesweit – nicht in Marjoß - in den Schlagzeilen waren. Beim Thema „Rausschmeißen oder integrieren"  riet sie dem Sportverein, bei Mitgliedern mit rechtsextremen Hintergrund immer darauf hinzuweisen: „Du bist willkommen, wenn du unsere Grundsätze beachtest und teilst."

In einer zweistündigen emotional geführten  Diskussion prangerten Mitglieder des Sportvereins einen Bericht einer Lokalzeitung an, der beim Leser den Eindruck hinterlasse habe, das der SV Marjoß Rechtsextremismus dulde. „Wir sind aus allen Wolken gefallen, als dieser Artikel an dem Tag, an dem wir den Hessencup im Sommerbiathlon austragen,  in der Zeitung platziert wird und uns als Verein in die rechte Ecke stößt", sagte ein Vorstandsmitglied. Dass die Person Duncan Bohnert namentlich in Verbindung mit dem Verein gebracht wurde, habe dem Ruf des Vereins geschadet. Die Mediatoren wiesen darauf hin, dass Bohnert durch seine Funktion in der Partei eine öffentliche Person sei und daher auch mit Namen genannt werden dürfe. „Alles wird auf einen einzigen Menschen bezogen. Hat er die Lepra?", wollte ein Marjoßer wissen. Ein anderer betonte, dass sein Nachbar Duncan Bohnert ein normaler und freundlicher Nachbar sei, mit dem man normale Gespräche führen könne. Warum dieser Mensch hier an den Pranger gestellt werde, ohne die Möglichkeit zu haben, sich zu rechtfertigen, monierte ein anderer.

Ein Vereinstrainer wies darauf hin, dass sich Bohnert auf dem Platz sportlich verhalte. Es habe intensive Gespräche nach seiner Rückkehr gegeben. „Wir grenzen im Verein nicht aus. Duncan Bohnert ist seit 25 Jahren Vereinsmitglied. Wir haben klare Regeln und er hält sich daran", betonte ein Vorstandsmitglied. Der SV Marjoß tue auch einiges für die Integration behinderter Menschen. Die Initatoren der Informationenveranstaltung verteidigten die Ausschlussklausel damit, dass es beim ersten öffentlichen Informationsabend vor allem darum ging, die Dorfgemeinschaft für das Thema zu sensibilieren.

„Es macht keinen Sinn, sich an Herrn Bohnert abzuarbeiten. Ich behaupte aber, dass einige im Dorf ein Gefühl von Ohnmacht in sich tragen", sagte Dr. Reiner Becker. Die Mediatoren betonten, das eigentliche Problem seien nicht die Vorfälle im Ort, sondern die Gedanken und die Mentatlität. Viele Jugendliche glorifizierten die Geschichte des Dritten Reiches. Sie hörten dieses Gedankengut auch an Stammtischen. Mehrere Mitglieder der Interessengemeinschaft, die zunächst anonym blieben, betonten, dass die Integrationsarbeit in Marjoß gut gelinge. Es sei wichtig, für ein tolerantes Marjoß zu arbeiten und nicht gegen eine Person.

„Dieser Zeitungsartikel war kontraproduktiv und nicht zielführend", sagte eine Frau. Bürgermeister Walter Strauch fasste nach drei Stunden ein positives Fazit: „Wir wollten für das Thema sensibilisieren. Und das haben wir geschafft." Und Anne Wilmers gab zu: „Wir waren vielleicht ein wenig langsam. Für dieses sensible Thema mussten wir Vertrauen schaffen und das hat Zeit gekostet. Jetzt öffnen wir uns. Wir hatten Bürgermeister Walter Strauch und Landtagsabgeordneter Heinz Lotz gebeten, erst mal draußen zu bleiben." (Dietmar Kelkel) +++

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