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Stadt- und Kreisarchäologe Dr. Frank Verse... - Fotos: Florian Dietz

11.08.10 - GROSSENLÜDER

Auf der Jagd nach dem "verlorenen Ofen": Archäologische Ausgrabungen

Wird die Region Osthessen zu einem Eldorado für Archäologen? Vor ziemlich genau einem Jahr stand ein Stoppelfeld beim Fuldaer Stadtteil Trätzhof im Zentrum des Interesses (osthessen-news berichtete mit Video: http://osthessen-news.de/beitrag.php?id=1169928 ), nun nimmt Stadt- und Kreisarchäologe Dr. Frank Verse eine Viehweide nahe dem Großenlüderer Ortsteil Müs genauer in Augenschein. Er hat hier zusammen mit seinem Team einen Eisenverhüttungsplatz aus dem 15. oder 16. Jahrhundert zu Tage gefördert und hofft nun auf den sogenannten "B-Fund" - den Ofen. Heute durften Presse und Lokalpolitik während eines Ortstermins schon mal den Stand der Dinge begutachten.

Insgesamt vier Flächen hat das Team, das aus dem Archäologen Dr. Verse, Ausgrabungsleiter Sebastian Luke, studentischen Hilfskräften aus Marburg, Halle und Göttingen und zahlreichen anderen Helfern besteht, seit Projektbeginn am 26. Juli bereits geöffnet. Gefunden haben die Buddler schon einiges: Schmelzrückstände, Schlacken genannt, die bei der Erzverhüttung anfallen, zahlreiche Tonscherben und sogar ein Stück Fliese, das das Wappen der Familie "Riedesel Freiherren zu Eisenbach" trägt, die zum hessischen Uradel gehört. "Daher liegt die Vermutung nahe, dass der Verhüttungsofen hier von der Familie Riedesel betrieben wurde", erklärte Verse. Der Stadt- und Kreisarchäologe schätzt, dass die hier hergestellten Eisen-Rohlinge entweder in anliegende Dörfer gebracht wurden, um sie dort zu Werkzeugen oder Eisenreifen weiterzuverarbeiten, oder in eine Burg oder ein Kloster - um dort Waffen herzustellen.

Genauso interessant wie die Tonscherben ist für die Archäologen auch die Zusammensetzung der "Luppen" - schlackehaltige Eisenklumpen, die sie im "Müll" des Verhüttungsplatzes zwischen anderen Schmelzrückständen gefunden haben. "Die gehören eigentlich nicht in den Abfall. Entweder gab es da einen Fehler beim Verhüttungsvorgang, oder der Kohlenstoff-Anteil im Metall ist zu hoch. So wären die Luppen zu hart gewesen, um sie mit damaligen Mitteln bearbeiten zu können, und man hätte sie weggeworfen", erläuterte Ausgrabungsleiter Sebastian Luke die Fundstücke. Für letztere Theorie spreche, dass man beim Aufschneiden der Luppe insgesamt drei Trennscheiben verschlissen habe, die normalerweise problemlos für das Trennen von Stahl eingesetzt werden. Nach dem Ende der Ausgrabungen sollen die Rückstände chemisch analysiert werden, sofern der Ausgrabungs-Etat das noch erlaubt.

Verantwortlich dafür, dass auf den Weiden nahe Müs überhaupt Untersuchungen vorgenommen wurden, ist übrigens Landwirt Gerhard Hillenbrand. Er schreibt die Ortschronik von Müs; bei der Auswertung von früheren Chroniken war ihm aufgefallen, dass man bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts Schlacken an der heutigen Grabungsstelle gefunden und für den Straßenbau benutzt hatte. Dies war Anlass für weitere Nachforschungen, an deren Ende geomagnetische Messungen auf den Weiden gestanden hatten, die einige "Anomalien" zum Vorschein brachten. Anomalien, die es auszugraben galt. Das Projekt verschlingt insgesamt übrigens knapp 7.000 Euro, wovon der Löwenanteil auf die teuren geomagnetischen Messungen entfällt. Finanziert wird der Betrag jeweils zur Hälfte vom Landkreis und von der Sparkassen-Stiftung Hessen-Thüringen. Besondere Hilfe wird dem Ausgrabungs-Trupp übrigens von den Müsern zuteil: Sie versorgen die Buddler mit Kuchen und Getränken, und den Studenten steht eine Übernachtungsmöglichkeit im Ort zur Verfügung.

Am 22. August lädt das Archäologen-Team alle Interessierten zum "Tag der offenen Tür" ein. Neben einem Blick auf die Fundstücke und die Ausgrabungsstellen lockt dann auch die Möglichkeit, vor Ort einen Imbiss zu sich zu nehmen - quasi in mittelalterlicher Atmosphäre. (dz) +++


...stellt seine Fundstücke vor, wie dieses Fliesenstück...

...und Großenlüders Bürgermeister Werner Dietrich (2. von links) und Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld (rechts) hören aufmerksam zu.


Erz...

...Tonscherben...


...und Schlacke.

Eine wohlverdiente Pause für die Helfer.


Ausgrabungsleiter Sebastian Luke erläutert die Funktionsweise eines historischen Lehmofens.

Hier wird gebuddelt.



Das Sieb trennt die Schlacke vom Erdreich.





Natürlich muss auch gemessen und ausgewertet werden.




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