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Ligionellen - unterm Mikroskop betrachtet

Dr. Kortüm ist "sauer" aufs Klinikum

07.08.07 - Fulda

Grabenkrieg um KLINIKUM-Legionellen - KORTÜM: "Mir fehlen die Worte"

"Mir fehlen einfach die Worte", kommentiert der Leiter des Kreisgesundheitsamts Fulda, Dr. Stefan Kortüm die Behauptungen der vom Klinikum Fulda als Hygiene-Expertin am Freitag präsentierte Prof. Ines Kappstein aus dem bayerischen Traunstein. Die hatte bei der Pressekonferenz im Klinikum explizit behauptet, die von der Aufsichtsbehörde gegen die Legionellen im Trinkwasser angeordneten Maßnahmen wie Duschverbot und Filtereinbau seien völlig überflüssig gewesen. Darüberhinaus gebe es keine Grenzwerte für diese Bakterien im Trinkwasser, das überall und grundsätzlich mit Legionellen belastet sei - und auch keine Meldepflicht bei erhöhten Werten. Auch die geforderte Sanierung der gesamten Wasserleitungsanlage ist nach Kappstein Ansicht unnötig. Mit diesen Aussagen hatte die Hygienikerin vor allem auch die teure Anschaffung von Filtersystemen im Klinikum in Frage gestellt. Den Besuch der Hygienikerin am Klinikum und deren Vorstellung vor der Presse hatte offenbar noch der "alte" Klinikumsvorstand Claus-Dieter Schad und der medizinische Direktor Achim Hellinger initiert, was einer Kampfansage an die Aufsichtsbehörde, das Kreisgesundheitsamt und dessen Leiter Dr. Stefan Kortüm gleichkam.

"Das sind Aussagen, die mich empören, die zutiefst unethisch sind", reagierte Dr. Kortüm auf die Thesen seiner Medizin-Kollegin. Im Gegensatz zur Darstellung von Kappstein habe es schon 26 krankenhausassoziierte Legionellenausbrüche - darunter auch mit Todesfällen - gegeben. Eine solche Gefahr für Patienten herunterzuspielen, sei verantwortungslos und leichtfertig.

Dr. Kortüm verwies auf mindestens zwei spektakuläre Ausbrüche der Legionellose in der Vergangenheit , die zu Todesfällen geführt hatten. So wurden dem Brandenburger Gesundheitsministerium im Juli 2003 fünf durch Legionellen verursachte Erkrankungen von Patienten gemeldet, die sich im Krankenhaus Frankfurt/Markendorf befanden. Bei zwei Patientinnen führte die Erkrankung zum Tod. Die behördlichen vorgeschrieben Meldwege (städtisches Gesundheitsamt, Landesgesundheitsamt, Ministerium) seien eingehalten worden. Das Krankenhaus hatte umgehend Gegenmaßnahmen wie Ziehen und Untersuchung von Wasserproben, Duschverbot für den betroffenen Gebäudetrakt, Einbau von Filtern und die chemische Sanierung des Wassersystems vorgenommen.

Ein noch dramatischerer Fall hatte sich 1999 im niederländischen Bovenkarspel ereignet. 192 gesicherte Fälle von Legionärskrankheit mit hoher Todesrate wurden damals von den niederländischen Gesundheitsbehörden bestätigt. Alle Infizierten hatten die Flora Blumenshow in Bovenkarspel am Ijsselmeer besucht. Nach intensiven Untersuchungen war ein Ausstellungs-Whirlpool als Infektionsquelle identifiziert worden. Das Ausstellungsstück, das mit Wasser gefüllt und erwärmt, aber nicht desinfiziert wurde, produzierte Aerosole, die von Besuchern der Messehalle eingeatmet wurden und verursachte diese bisher größte Epidemie in Europa. In den Niederlanden löste die Epidemie einen Schock aus, der zu zahlreichen Verordnungen und Gesetzen führte, die das Wachstum von Legionellen in wasserführenden Systemen verhindern sollten. "Nach Einschätzung von Frau Prof. Kappstein, wonach nur Schwerkranke überhaupt ein Risiko auf Infizierung haben, müssten alle diese Infizierten der Gartenschau in Holland supprimiert (= bereits gesundheitlich stark beeinträchtigt) gewesen sein - dasist doch nicht haltbar", sagte Kortüm.

Mindestens von diesen - allgemein bekannten und breit publizierten Fällen von Legionellose mit Todesfolge sollte Frau Prof. Kappstein Kenntnis haben, kritisierte Dr. Kortüm die Äußerungen seiner Kollegin. Der von seiner Behörde für das Klinikum angeordnete Maßnahmenkatalog sei als Prävention zur Abwehr der Gefahr weiterer Vermehrung von Legionellen allgemein anerkannt und natürlich auch mit dem Ministerium abgestimmt gewesen. Die Trinkwasserverordnung und die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts in Berlin sähen für Krankenhäuser verbindlich eine zweimal jährliche Untersuchung auf Legionellen vor. Bei erhöhten Werten sei eine Nutzungseinschränkung und der Einbau endständiger Filter Vorschrift - nicht etwa eine "Kann-Bestimmung". Das Gesundheitsamt hatte am 5. Juli ein befristetes Duschverbot erlassen und den schnellstmöglichen Einbau von Filteranlagen vorgeschrieben. "Eine solche weitreichende Entscheidung treffe ich doch nicht mit dem Würfel, sondern nach Abstimmung mit den Fachämtern", sagte Kortüm.

Den neuen Klinikums-Vorstandsvorsitzenden Prof. Reiner Dölp nahm Kortüm von seiner Kritik ausdrücklich aus: "Prof. Dölp kenne ich schon lange und habe immer gut mit ihm zusammengearbeitet. Ihm nehme ich ab, dass er sich auch künftig mit der nötigen Kompetenz für klare Verhältnisse am Klinikum Fulda einsetzen wird". +++


Vertritt eine umstrittene Lehrmeinung: Prof Ines Kappstein war am vergangenen Freitag zu Besuch im Klinikum.


Dr. Achim Hellinger freut sich - Prof.- Reiner Dölp schaut eher skeptisch.

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