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30.10.07 - IM WORTLAUT

Doppikeinführung, fast ausgeglichener Etat 2008 - Rede von OB MÖLLER

Einen fast ausgeglichenen Haushalt für das kommende Jahr konnte Oberbürgermeister Gerhard Möller gestern Abend den Fuldaer Stadtverordneten ankündigen. Mit knapp 900 000 Euro bezifferte der OB die zu erwartende Lücke zwischen Einnahmen in Höhe von rund 129 Millionen Euro und 130 Millionen Euro Ausgaben - weniger als in den Vorjahren. Und auch der Schuldenberg von 97,3 Millionen Euro soll 2008 ebenfalls weiter abgebaut werden. Die Netto-Neuverschuldung will der OB dauerhaft auf Null drücken, um auch die Zinsbelastung niedrig zu halten. Gebühren und Steuern bleiben bei diesen erfreulichen Haushaltsaussichten auf dem selben Niveau wie 2007.

Einen besonderen Schwerpunkt seiner Haushaltsrede legte der OB auf die in Fulda auf kommendes Jahr vorgezogene Einführung der Doppik. Die vom Gesetzgeber ab 2009 vorgeschriebene sogenannte doppelte Buchführung - im Gegensatz zu bisherigen kameralistischen Haushaltsführung werde einen direkten Vergleich zwischen altem und neuem Etat für die Stadtverordneten erschweren. Besonders die Arbeit der Ausschüsse, die die Haushaltssitzung für den Dezember vorbereiten müssen, sei davon betroffen. Die Verwaltungsmitarbeiter sollen den Fraktionen für "Nachhilfeunterricht" in Sachen Doppik zur Verfügung stehen, versprach der OB.

Um die einzelnen Posten des Etats transparent zu machen, veröffentlicht die Redaktionen die Rede von Oberbürgermeister Gerhard Möller - trotz ihres Umfangs - hier im WORTLAUT:

„Durch ordentliches Haushalten

werden die Kammern voll aller

köstlichen, lieblichen Reichtümer.“

(Salomon; Sprüche – Kap. 24 Vers 4)

In jedem Jahr haben wir für das künftige die Aufgabe, die Ressourcen zu planen, um Verwaltung und Stadtentwicklung finanziell abzusichern. Jahr für Jahr müssen wir um die Beschaffung und Verteilung der in aller Regel knappen Mittel miteinander ringen. Dies wird auch jetzt nicht anders sein. Allerdings stehen wir vor der großen Herausforderung, hierfür eine neue Methodik anzuwenden.

I. Einführung der Doppik

1. Nach 500 Jahren soll das kamerale Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen durch ein neues Rechnungs- und Steuerungssystem (NKRS) abgelöst werden. Herzstück hierfür ist die von der Privatwirtschaft übernommene doppelte Buchführung, modifiziert um kommunalspezifische Merkmale. Dieser Reformprozess hat bereits in den 90er Jahren begonnen. Einerseits waren es die immer knapper werdenden finanziellen Mittel, auf der anderen Seite der Ruf der Bürger nach mehr und verbesserten Dienstleistungen, die die Verwaltung zu höherer Effizienz antreiben mussten. Um bessere Steuerungsmöglichkeiten einzuführen, beschloss 2003 die Innenministerkonferenz den Wechsel von einem zahlungs- zu einem ressourcenorientierten Haushalts- und Rechnungswesen.

Hessen hat seine Kommunen verpflichtet, spätestens zum 01.01.2009 die Haushalte entweder in erweitert kameraler oder in doppischer Form zu führen. Die Option einer Verwaltungsbuchführung ist dem Konnexitäts-prinzip der Hessischen Verfassung geschuldet. Der bundespolitische Trend geht eindeutig in Richtung Doppik. Wir haben bereits 2005 beschlossen, sie zum 01.01.2008 einzuführen.

Wir stehen damit am Anfang einer „Jahrhundertreform“, die uns alle – ob ehren- oder hauptamtlich – im besonderen Maße fordert, gerade in der Zeit des Umbruchs und Übergangs. Unser ehrgeiziger Plan, bereits ein Jahr vor der verpflichtenden Umstellung die Doppik einzuführen, hat uns in der Vorbereitung außerordentlich stark strapaziert. Wir konnten nur mit Erfahrungen von Pilotkommunen starten, ohne zunächst auf gesetzliche Grundlagen zurückgreifen zu können. Diese wurden erst später geschaffen – häufig mit zahlreichen Änderungen. In vielen Fällen fehlte es an einheitlichen Vorgaben. Deshalb mussten wir eigene Wege gehen und vieles selbst entwickeln, zumal es wenig vergleichbare Städte mit analoger Verfahrenssituation gab.

Eine aus allen Verwaltungsbereichen zusammengesetzte Projektgruppe hatte vielfältige Vorstellungen und Interessen aufzuarbeiten und zu einem abgerundeten Vorschlag zusammenzuführen. Allein die Inventur zur Vorbereitung der Bilanz hat viele Kräfte gebunden. Mit hohem Aufwand haben wir die kameralen Planwerte 2007 in einer Matrix doppisch übergeleitet, um zu einem Kernvergleich zu kommen. Vielfach sind aber Vergleiche wenig aussagekräftig, da oft geänderte Berechnungsmethoden und Grundlagen nicht kompatibel gemacht werden konnten.

2. Was können wir nun vorlegen? Die neuen Haushaltsstrukturen sind geschaffen. Sie bestehen aus:- den drei Komponenten Ergebnis-, Finanz- und Vermögensrechnung, den Teilhaushalten mit der Kostenstellen- und Kostenträger struktur, dem Kontenplan sowie dem produktorientierten Haushalt mit Produktbeschreibungen, Zielen und Kennzahlen.

Diese müssen künftig noch ergänzt, vertieft und verfeinert werden. In der internen Leistungsverrechnung werden die Personal- und Sachkosten verursachungsgerecht auf Kostenstellen und Kostenträger wie auch auf Produkte verteilt. Verrechnet werden Betriebsamt, Gebäudemanagement, Grünflächen-, Umwelt- und Friedhofsamt, Druckerei, Brandsicherheitsdienst, interne Vermietungen, öffentliches Grün und Steuerungsleistungen. Das Vermögen und die Schulden sind komplett erfasst und bewertet. Die Eröffnungsbilanz wird vorbereitet. 2008 wird der erste doppische Jahresabschluss möglich sein.

3 Folgende Teilelemente sind besonders bedeutsam:Produktbildung

Verwaltungsleistungen werden künftig als Produkt mit Zielen und Kennzahlen beschrieben. 16 Produktbereiche sind vorgeschrieben. Hierbei haben wir 64 Produktgruppen gebildet und 109 Produkte nach eigenen Bedürfnissen definiert. Dieser Prozess hat länger als erwartet gedauert. Es war nicht immer einfach, Produkte abzugrenzen und mit steuerungsrelevanten Zielen und Kennzahlen zu formulieren. Die jetzige Darstellung ist ein Einstieg. Die Produktgruppen und die Produkte bilden Teilergebnisse und Teilfinanzhaushalte, zugleich ein Budget im Sinne eines Deckungskreises.

Rückstellungen

Für Verbindlichkeiten, die der Höhe und dem Fälligkeitszeitpunkt und gegebenenfalls auch dem Grunde nach noch ungewiss sind, müssen wir finanzielle Rückstellungen vornehmen. Sie schmälern das Eigenkapital in der Bilanz und werden durch Zuführungen finanziert, im gegenteiligen Fall aufgelöst. Wir bilden Rückstellungen für Pensionen, Beihilfen, Altersteilzeit sowie für die Rekultivierung und Nachsorge von Abfalldeponien.

Abschreibungen

Erstmals werden verwaltungsweit die Abschreibungen auf das Vermögen als Werteverzehr ausgewiesen. Das galt bisher nur für die kostenrechnenden Einrichtungen. Sie stellen Aufwand dar und sind somit ergebnisrelevant. Sie erschweren damit den Haushaltsausgleich. Jetzt stehen rund 14,4 Millionen Euro Abschreibungen bisherigen 2,36 Millionen Euro gegenüber. Gegenläufig wirkt die Auflösung der enthaltenen Investitionszuschüsse mit einem Volumen von zurzeit 5,3 Millionen Euro.

Bilanz

Künftig ist jährlich zum 31.12. eine flächendeckende Erfassung und Bewertung des kompletten städtischen Vermögens zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten aufzustellen. Die Bilanz bildet die dritte neue Haushaltskomponente. Die Arbeiten hierfür sind im Gange, die Eröffnungsbilanz wird in 2008 aufgestellt, geprüft und beschlossen. Vorläufig können wir von einem Anlagevermögen in der Größe von rund 400 Millionen Euro ausgehen. Aus der kontinuierlichen Fortschreibung wird sich ein klares Bild über die Vermögens- und Schuldenlage der Stadt ergeben.

4. Wir stehen also vor einem Systemwechsel. Viele tief eingegrabenen Strukturen, Erfahrungen und Kennzahlen müssen nun umgebrochen werden. Dafür brauchen wir allesamt Zeit, sicherlich auch eine Menge Geduld, um dann nach einer gewissen Zeit in der doppischen Haushaltswelt ebenso zu Hause zu sein, wie das über Jahrzehnte in der kameralen möglich war.Für die Beratung war es uns wichtig, auf der Ebene der Teilergebnispläne die Vergleichszahlen des kameralen Ansatzes 2007 dem doppischen Ansatz 2008 gegenüber zu stellen, um Veränderungen sichtbar zu machen. Das war nicht in allen Fällen möglich. Viele Kommunen verzichten daher bei der Umstellung auf Doppik völlig auf Vergleichszahlen.

Ich muss schon jetzt um Verständnis bitten, wenn vieles ohne zusätzliche Erläuterung aus sich allein heraus nicht verständlich nachzuvollziehen ist. Ich biete deshalb an, dass Mitarbeiter der Kämmerei auch und für die Fraktionsberatungen – wenn gewünscht – zur Verfügung stehen.

II.Aktuelle Finanzsituation der Kommunen

1.Für die öffentlichen Haushalte ist die wirtschaftliche Entwicklung maßgebend. Die Forschungsinstitute prognostizieren in ihrem Herbst-gutachten (FAZ vom 19.10.2007) ein Wirtschaftswachstum von 2,2 % (2007 2,6 %). Sollte die Immobilienkrise in Amerika aber wider Erwarten ein schlimmes Ende finden, könnte die Wachstumsrate niedriger ausfallen. Die Institute rechnen damit, dass der private Konsum eine größere Stütze sein wird. Die Forscher gehen von einem beschleunigten Lohnanstieg aus. Sie warnen davor, wegen der besseren Kassenlage wieder spendabel zu werden.

2. Der Gemeindefinanzbericht 2007 verweist mit Befriedigung auf die unerwartet positive Steuereinnahmeentwicklung und beschreibt die Möglich-keiten, die Gemeindehaushalte zu konsolidieren. Für 2006 nennt der Städtetag die Deckungslücke für seine Mitglieder mit 9,2 Milliarden Euro. Im Ausblick auf 2007 hat sich die Einnahmeentwicklung verlangsamt und das Wachstum der gemeindlichen Steuereinnahmen halbiert (12,4% 2006 / 6 % 2007). Auch beim Anstieg der Gewerbesteuervorauszahlungen ist dies sichtbar. Der Bericht hebt zugleich die höchst unterschiedliche Entwicklung innerhalb der Kommunen hervor. Auch die Einkommenssteuerentwicklung ist abflauend. Sie liegt nach den Mitteilungen des Hessischen Städtetages aufgrund der Information aus dem Hessischen Finanzministerium zurzeit nur noch 2,76 % über dem dritten Quartal des Jahres 2006.

3. Vertieft beschäftigt sich der Gemeindefinanzbericht mit der Entwicklung der Gewerbesteuer innerhalb der Unternehmenssteuerreform 2008. Hierbei war den Städten die Aufkommensneutralität zugesagt worden. Die

seinerzeit geschätzten Mindereinnahmen in der Größenordnung von 4,3 Milliarden Euro waren Anlass, auf Nachbesserung zu drängen, so dass durch Absenkung der Gewerbesteuerumlage und Maßnahmen für eine schnellere Kassenwirksamkeit auf dem Vorauszahlungsweg die Steuer-ausfälle nach den Schätzungen des Finanzministeriums in den Jahren 2008 bis 2011 auf knapp 2 Milliarden Euro reduziert werden könnten. Hinzu kommen mittelbare Mindereinnahmen über den Steuerverbund mit den Ländern. Die strukturell gravierendsten Steuerausfälle werden durch die Messzahlenabsenkung auf einheitlich 3,5 % für Kapitalgesellschaften und Personenunternehmungen verursacht. In welcher Weise die gegenläufigen Ausgleichselemente (erweiterte Zinshinzurechnung / Abschaffung des Betriebsausgabeabzugs der Gewerbesteuer bei der Gewinnermittlung / Zinsschranke) zu einem Ausgleich führen, muss abgewartet werden. Entscheidend wird die Stabilität der Konjunktur sein.

III. Situation des Haushaltes in Fulda

2004 haben wir den Konsolidierungsprozess begonnen und ihn konsequent fortgesetzt. Das zeigt dauerhaft Wirkung. Er wird durch eine gegenwärtig verbesserte Einnahmesituation flankiert. Nach wie vor sind aber große Kraftanstrengungen notwendig, um im Vollzug des jeweiligen Etats den Ausgleich sicherzustellen. Durch die neuen Anforderungen der Doppik, insbesondere durch die Erwirtschaftung und Abschreibung, sind neue ehrgeizige Zielmarken gesetzt. Das gilt umso mehr, als wir im Vergleich der Sonderstatusstädte die niedrigste Finanzkraft pro Einwohner haben mit dem niedrigsten Anteil an Einkommenssteuer und Familienlastenausgleich.

Der Ergebnishaushalt schließt mit Gesamterträgen in Höhe von 129.479.500 Millionen Euro und Gesamtaufwendungen in Höhe von 130.377.600 Millionen Euro – also mit einem Fehlbetrag in Höhe von 898.100 Euro. Angesichts des Anstiegs der Abschreibungen ein erstaunliches Ergebnis mit der Hoffnung, im Haushaltsvollzug noch den Ausgleich zu schaffen!

Im Einzelnen stellen sich die bedeutsamsten Ertragsarten des Ergebnishaushaltes wie folgt dar:

1.Steuern

Wir erwarten ein Gesamtsteueraufkommen in Höhe von 59,6 Millionen Euro. Das sind 3,7 % mehr. Den Hauptanteil macht hierbei der Zuwachs an der Einkommens- und Umsatzsteuer in Höhe von 2,2 Millionen Euro aus.

Das Gewerbesteueraufkommen ist erfreulich. Nach den Einbrüchen der Jahre 2000 bis 2002 hat sich die Gewerbesteuer wieder auf einem höheren Niveau stabilisiert. Aktuell hoffen wir, in 2007 den Ansatz ein Stück zu überschreiten. Aber erst am Jahresende können wir sicher sein. Im Haushaltsplanentwurf 2008 haben wir die Einnahmen auf dem Niveau des Vorjahres in Höhe von 27 Millionen Euro veranschlagt. Die Herabsetzung der Steuermesszahl von 5 % auf 3,5 % wird sich auswirken. In der Vergangenheit wie auch jetzt machen wir immer wieder die Erfahrung, dass sich die Gewerbesteuerentwicklung in Fulda im Vergleich zum bundesweiten Schnitt meist sehr verhalten entwickelt. Die in den Medien immer wieder groß herausgestellten Boomzahlen einiger Städte sind für uns nicht repräsentativ.

Die Erträge aus Zuweisungen und Zuschüssen sowie aus allgemeinen Umlagen sind mit 27,7 Millionen Euro veranschlagt. Das sind 7,1 Millionen Euro gegenüber dem laufenden Jahr mehr. Dazu tragen die Mehreinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich entscheidendes bei:

Ansatz 2007 15,1 Millionen Euro

Ansatz 2008 20,7 Millionen Euro.

Die privatrechtlichen Leistungsentgelte (Eintrittsgelder, Teilnehmerbeiträge, Mieten etc.) und die öffentlich-rechtlichen Entgelte (Abfall-, Verwaltungs-, Benutzungs-, Parkgebühren, Buß- und Verwarngelder) stellen die dritte große Finanzierungssäule des Ergebnishaushaltes mit 16,5 Millionen Euro dar.

2. Wesentliche Aufwandsarten des Ergebnishaushaltes

Personalaufwand

2007 waren 39,2 Millionen Euro veranschlagt. In 2008 sind es 39,8 Millionen Euro einschließlich einer Deckungsreserve von 568.000 Euro für Strukturausgleich und Tariferhöhungen nach dem TVöD. Das ergibt eine Steigerung von 1,5 %. Allerdings sind diese Zahlen im neuen Ergebnishaushalt so nicht abgebildet. Nach den doppischen Vorgaben werden die Aufwendungen für die Beschäftigten der proCom und für Honorarkräfte sowie ehrenamtliche Mitarbeiter unter Sach- und Dienstleistungsaufwendungen gebucht. Die Versorgungsaufwendungen beinhalten jetzt auch die Rückstellungen für Pensionen und Beihilfen für Versorgungsempfänger und Altersteilzeit. Sie sind nicht mehr aufwandswirksam abgebildet, sondern dem Finanzhaushalt zugeordnet. Nach wie vor wird es notwendig sein, den Personalaufwand zu begrenzen, gleichwohl aber eine qualitätsvolle Dienstleistung zu sichern und interne Personalentwicklung zu befördern.

Sach- und Dienstleistungsaufwand

Mit 32,8 Millionen Euro ist der Dienstleistungsaufwand der zweitgrößte Aufwandsblock. Der um die neue Zuordnungsstruktur bereinigte Aufwand im Vergleich zu 2007 ist um 1,7 Millionen Euro gestiegen und ganz überwiegend durch Bauunterhaltungsmaßnahmen bedingt.

Steueraufwand / Umlagen

Mit 20,8 Millionen Euro sind die Steueraufwendungen einschließlich der Umlageverpflichtungen bemessen. Die Gewerbesteuerumlage vermindert sich Dank eines niedrigeren Vervielfältigers von 73 auf 65 Punkte. Sie beträgt 4,8 Millionen Euro. Der Ansatz der Kreisumlage in Höhe von 16 Millionen Euro basiert auf dem derzeitigen Umlagesatz von 43,4 %. Nach den jetzigen Einschätzungen wird der Umlagesatz prozentual stabil bleiben. Durch die gestiegene Steuerkraft erhöht sich aber die Kreisumlage um 2 Millionen Euro ohne Veränderung des Umlagesatzes.

Der Ermäßigungssatz von 50 % für die Sonderstatusstadt Fulda soll auch 2008 bestehen bleiben. Der seinerzeitige Kompromiss mit einer Einmalzahlung wird auch 2008 fortgeschrieben. Danach sind zusätzlich 797.000 Euro zu zahlen. Wie in den beiden Vorjahren suchen wir mit dem Kreis die Möglichkeiten einer Kompensation. Auch für 2008 hat sich also der Kampf gegen die prinzipielle Absenkung des Ermäßigungsbetrages gelohnt. Dieses Moratorium wird aber aller Voraussicht nach 2008 das letzte Mal als Kompromiss verfügbar sein, denn das Land strebt für das Jahr 2009 eine Neustrukturierung des kommunalen Finanzausgleichs an.

IV.Schwerpunkte des Haushalts

1. Familie

Der größte Einzeletat ist der Produktbereich 06 / Kinder-, Jugend- und Familienhilfe mit einem Aufwand von 24,1 Millionen Euro. Es verbleibt ein ungedeckter Saldo von 18,1 Millionen Euro. Neben der wachsenden und leider stetig steigenden Bedeutung der Erziehungs- und Eingliederungshilfen bleibt als immer wieder fortzuentwickelnder Auftrag die Kindertagesbetreuung. Der Ausbau für die unter 3-Jährigen ist mittlerweile von allen politischen Kräften eine Vorgabe, um deren Finanzierung aber immer wieder gestritten wird. Unsere Ausbauplanung steht, sie wird flexibel auf die Einzelbedürfnisse immer wieder anzupassen sein. Klar ist: Mit einem Zuschussbedarf von über 7 Millionen Euro ist eine Finanzierungslast zu stemmen, die trotz aller zusätzlicher Hilfen aus Wiesbaden und Berlin auf Dauer stetig wachsend uns begleiten wird.

2. Stadtentwicklung

Die Investitionen in Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr sind beachtlich. Einen besonderen Investitionsschwerpunkt bildet die Innenstadt mit dem Neubau des Borgias- und des Universitätsplatzes. Sie wird uns in besonderer Weise fordern; aber im Blick auf die umfassende Modernisierung der Stadtmitte lohnen sich die Anstrengungen!

Der Straßenbau verlangt zu Recht eine hohe Priorität. Die Erneuerung der inneren Münsterfeldallee ist lange geplant. In 2008 wird sie umgesetzt. Sie ist eine wichtige Erschließungsstraße für das Gewerbegebiet, das sich höchst erfreulich entwickelt. Die Einhardstraße, die Pacelliallee, der Endausbau der Daimler-Benz-Straße, insbesondere aber der Ausbau der Hermann-Muth-Straße wie auch des Abtstors mit Hopfengarten sind Projekte, die schon seit längerer Zeit anstehen. Die Ostumfahrung mit der Entwicklung des Emaillierwerks ist im Hinblick auf den vorbereitenden Grunderwerb, Veränderungen der technischen Einrichtungen und Sicherstellung der GVFG-Förderung besonders anspruchsvoll. Die Anschaffung eines neuen Verkehrsrechners tritt nach außen nicht spektakulär in Erscheinung, ist aber für die Verkehrssteuerung unerlässlich. Die Dorferneuerung Maberzell soll nun endlich auch im dortigen Kernort nach Abschluss am Trätzhof sichtbare Zeichen setzen.

Mit dem Förderprogramm „Stadtumbau West“ haben wir die Aufnahme in eine Förderkulisse geschafft, die für die Stadtentwicklung langfristig von besonderer Bedeutung ist. Grunderwerb, Ordnungsmaßnahmen und Abbrüche sind häufig erste Voraussetzungen, um insbesondere private Investitionen möglich zu

machen.

3. Schule und Bildung

Fulda als „Stadt der Schulen“ ist seit jeher im Bildungsbereich profiliert. Zentrale Schulangebote über den Eigenbedarf hinaus für die gesamte Region werden von uns als oberzentrale Aufgabe wahrgenommen. Die gewaltigen Kraftanstrengungen für die Modernisierung unserer Schulen in der Vergangenheit werden in 2008 ergänzt durch die Erweiterung der Richard-Müller-Schule für Verwaltung und Lehrerzimmer. Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium steht die Erneuerung der Toilettenanlagen und des Eingangsbereiches an.

4. Kultur

Für das Vonderau Museum haben wir vor kurzem das Konzept zur Attraktivitäts- steigerung verabschiedet. Hier gilt es, für die nächsten Jahre kontinuierlich die Einzelschritte abzuarbeiten. Gerade für die kulturellen Angebote wird deutlich, welchen Aufwand wir für die gesamte Region Jahr für Jahr schultern. Allein die eigenen Einrichtungen machen deutlich, in welcher kulturellen Tradition wir uns sehen und was wir mit den „weichen Standortfaktoren“ für die gesamte Region leisten: Museum, Archiv, Schlosstheater, Konzerte, Musikschule, Volkshochschule, Bücherei, freie Kulturangebote und Förderung kultureller Einrichtungen. 4,2 Millionen Euro tragen wir als ungedeckten Aufwand. Es bleibt unsere Daueraufgabe, diese Leistungen immer wieder in die Diskussion um die Umverteilung von Chancen und Lasten innerhalb der Stadtregion einzuführen.

5. Gesamtinvestition

Die Gesamtinvestitionssumme von 22,1 Millionen Euro ist beachtlich. Sie liegt zwar unter der Investitionssumme des laufenden Jahres. Allerdings sind hierbei Wiederholungsinvestitionen in Höhe von rund 6,8 Millionen Euro aufgenommen worden, die schon einmal in Vorjahren veranschlagt waren, aber nicht kassenwirksam wurden. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zum kameralen Haushaltsrecht die Deponie-Rekultivierungen in Bronnzell bzw. Löschenrod nicht mehr im Finanzhaushalt abgebildet werden. Zur Betrachtung der gesamten städtischen Investitionsleistung gehören auch die Bauprojekte der Fulda-Galerie in Höhe von 2,5 Millionen Euro.

V. Zukunftsvorsorge und -lasten

1. Rücklagen und Rückstellungen

Am Ende dieses Jahres wird der buchmäßige Bestand der allgemeinen Rücklage 19,4 Millionen Euro betragen. Wir werden diese Summe in der Bilanz als zweckgebundene Rücklage separat ausweisen. Sie soll dem Ausgleich erhöhter Belastungen, beispielsweise aus dem Sonderstatus und der Zentralörtlichkeit, dienen. Erstmalig weisen wir in der Anlage zum Haushaltsplan Pflichtrückstellungen für künftige Verbindlichkeiten in der Größenordnung von 31,7 Millionen Euro aus:

·Pensionsverpflichtungen 17,1 Millionen Euro

·Beihilfeverpflichtungen 3,2 Millionen Euro

·Altersteilzeit 3,0 Millionen Euro

·Rekultivierung Abfalldeponien 8,4 Millionen Euro

2. Kreditaufnahmen und Verschuldung

Im Finanzhaushalt 2008 sind Kreditaufnahmen und Investitionsfinanzierungen in Höhe von rund 8,5 Millionen Euro veranschlagt, davon rund 8,361 Millionen Euro als zinsfreie und zinsvergünstigte Darlehen aus dem Investitionsfonds und lediglich 138.000 Euro vom Kreditmarkt. Zum Ende des Haushaltsjahres 2007 haben wir einen voraussichtlichen Stand der Kernschulden in Höhe von 97,3 Millionen Euro. Der vergleichbare Ist-Schuldenstand betrug Ende 2006 noch 98,4 Millionen Euro. Im Ist-Bestand haben wir damit die Verschuldung um 1,1 Millionen Euro senken können. Es bleibt mein nachhaltiges Ziel, die Netto-Neuverschuldung dauerhaft auf Null zu halten, um die Zinslast zu begrenzen und langfristig – unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung – Handlungsfreiheit zu bewahren.

Das mittelfristige Investitionsprogramm hat ein Gesamtvolumen für die Jahre 2007 bis 2011 in Höhe von 106,5 Millionen Euro. Es muss das Ziel städtischer Investitionspolitik bleiben, unbeschadet unterschiedlicher Schwerpunkte auch Kontinuität in den jährlichen Größenordnungen fortzuschreiben.

Entwicklung, Erneuerung und Substanzsicherung werden den Dreiklang bilden, um die Stadt mit ihren Einrichtungen zukunftsfähig zu halten. Allerdings muss die hierfür notwendige Finanzierungslast für uns immer tragfähig sein.

VI.Gesamtausblick

Der Haushalt ist das Fundament jeglicher Stadtentwicklung. Auch der Haushalt 2008 in seiner doppischen Gestalt wird von dieser Grundstruktur getragen. Die Abbildung des Werteverzehrs, der Notwendigkeit ihrer

Refinanzierung und der Ausweis künftiger Belastungen legen es in besonders dringlicher Weise nahe, sich immer wieder dieser Grundvorgabe zu erinnern. Dabei geben die Leitsätze der Vergleichenden Prüfung des Hessischen Rechnungshofes zur Haushaltsstruktur 2006 der Sonderstatusstädte wichtige Merkposten wider. Darin heißt es u.a.:„Fulda hat mit seinen 25 Stadtteilen und einer Bevölkerungsdichte von 615 Einwohner je qkm im Vergleich zu den anderen Kommunen eine verstreute Siedlungsstruktur. Hieraus ent-

stehen im Vergleich zu den übrigen Sonderstatusstädten besondere Belastungen hinsichtlich der Infrastrukturkosten. Die Wachstumsentwicklung, die für künftige Einnahmepotentiale von Bedeutung ist, wird mit den Indikatoren Bevölkerungsentwicklung und Bautätigkeit gemessen. Fulda wies den zweithöchsten Bevölkerungszuwachs auf. Die Bautätigkeit war die höchste im Vergleich.

Die Einwohnerstruktur beeinflusst insbesondere die Infrastrukturkosten für die von der Stadt bereitzustellenden Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe. Fulda ent-

standen aus der Einwohnerstruktur im Vergleich mit den anderen Sonderstatusstädten besondere Belastungen, da der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung der höchste

im Vergleich war.“

Wir erhalten im Bericht gute Noten, was insbesondere den Verwaltungsaufwand pro Einwohner und unsere Personalkostenstruktur angeht. Der Rechnungshof hebt an entscheidender Stelle hervor: "Das Ausgabeverhalten ist von zentraler Bedeutung für die Haushaltsstabilität, nicht die Einnahmekraft.“.

Damit wird im Querschnittsvergleich noch einmal unterstrichen, dass wir auch künftig uns anstrengen müssen, die laufenden Ausgaben zu begrenzen, um Zukunftsinvestitionen finanzieren zu können.

In 2008 wird der Kampf um die Neugestaltung des Finanzausgleichs eröffnet. Die kommunale Familie wird mit dem Land, aber auch untereinander, um die Anteile am „großen Kuchen“ ringen. Die bisher bekannt gewordenen Arbeitsüberlegungen lassen auf gravierende Änderungen schließen.

Für uns kommt es darauf an, die zentralörtlichen Funktionen angemessen durch Veredelung des Einwohneransatzes wiederzufinden. Mit 100 Kilometer Entfernung zu den anderen Oberzentren haben wir eine Solitärstellung unter den Sonderstatusstädten; wir sind gleichzeitig Regionalzentrum.

Von besonderer Bedeutung wird sein, welche endgültige Entlastungszahl für die Sonderstatusstädte bezogen auf den Kreisumlagesatz festgelegt wird. Der Streit ist bisher nicht entschieden. Unsere Position ist durch das Gutachten des Rechnungshofes bestätigt. Es war von den Landkreisen ein dramatischer Fehler, den historischen Kompromiss der Halbierung aufzukündigen – und ein Fehler des Landes, dem zu folgen. Die Kreise haben nicht bedacht, dass sie sich zugleich selbst geschädigt haben.

Eine Absenkung des Ermäßigungsbetrages ist nur vorstellbar, wenn gleichzeitig eine gesetzliche Verpflichtung für eine kostendeckende Schulumlage erhoben wird und zwar nach doppischer Vollkostenrechnung – und gleichzeitig dieser Produktbereich aus der Berechnung der allgemeinen Kreisumlage herausgenommen wird. Dann wird die rechtswidrige Heranziehung der Schulträgerstädte für die Finanzierung des sonstigen Kreisschulträgeraufwands beendet.

Es bleibt also spannend – und die Sonderstatusstädte brauchen Verbündete und Fürsprecher für das künftige Ringen um die neuen FAG-Strukturen.

VII.Fazit

Der erste doppische Haushalt wird uns in den Beratungen besonders fordern. Die Systemumstellung bringt viele neue Fragen mit sich. Aber wir werden nach einer Erfahrungszeit die Sicherheit mit Vergleichszahlen und Zuordnungen gewinnen. Ich danke der Kämmerei, unserer Arbeitsgruppe, stellvertretend Herrn Schuhmann und Herrn Grau, für ihren unglaublichen Einsatz in Vorbereitung und Erstellung der ersten Doppik. Sie haben unsere besondere Anerkennung verdient.

Der Haushalt 2008 liegt in der Kontinuität der konsolidierten Haushaltswirtschaft: Sparsamkeit und Effizienz als Voraussetzung gesunder Stadtentwicklung. Und diese hat die Aufgabe,

·die Innenstadt als Kern zu stärken,

·die Stadtteile in ihrer Lokalität zu fördern,

·die Entfaltung von Gewerbe, Handel und Dienstleistung zu erleichtern,

·mithin die harten und weichen Standortfaktoren des Oberzentrums für die ganze Region zu pflegen und zu kräftigen.

Die guten Konjunktur- und Steuerdaten beflügeln uns dabei – aber sie dürfen uns nicht wie Ikarus übermütig werden lassen, denn nur „durch ordentliches Haushalten werden die Kammern voll aller köstlichen, lieblichen Reichtümer gefüllt“, wie uns von Salomon überliefert ist, dem Sohn Davids, der sein Großreich ohne Kriege erhalten hat. Unsere Stadt hat in ihren Kammern viele Reichtümer

·in den Häusern der Kultur,

·in den Einrichtungen der sozialen Zuwendung,

·mit ihren Straßen, Wegen und Plätzen,

·in den Läden, Büros und Werkhallen.

Sorgen wir durch ordentliches Haushalten für deren Pflege und Wachstum."

Fulda, 29. Oktober 2007

Gerhard Möller

Oberbürgermeister+++

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