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Die Rekonstruktion des Keltenwalles vor der Milseburg ... - Fotos: Daniel Kister

Ein neuer archäologischer Lehrpfad mit 15 Tafeln informiert die Wanderer über die prähistorische Vergangenheit.

11.10.06 - Milseburg

3000-jährige Vergangenheit wird lebendig - Keltenwall ist teilrekonstruiert

Am Fuß der Milseburg in der Rhön ist heute eine fünfjährige archäologische Erkundungsgrabung der einst keltischen Ringwallanlage abgeschlossen worden. Gleichzeitig wurde ein eigens angelegter archäologischer Lehrpfad seiner Bestimmung übergeben, der sich ebenso für Wanderer und Touristengruppen wie Schulklassen eignet. Die Milseburg sei von ihrer Bedeutung her in eine Reihe mit der Torhalle in Lorsch, dem Glauberg in der Wetterau und der Amöneburg zu stellen, erklärten die Fachleute heute.

Die Geschichte des 1,4 Kilometer langen, einst keltischen Ringwalls an der Milseburg wurde intensiv erforscht. Dabei fanden die Archäologen auch einige Keramikteile. An der Ausgrabungsstelle wurde ein etwa zwanzig Meter langes Teilstück des Keltenwalles mit großen Basaltblöcken nach den Erkenntnissen der Ausgrabungen rekonstruiert, um Rhönbesuchern diese aufwändig gebaute Anlage der Vorfahren und ihre Verteidigung gegen Feinde eindrucksvoll zu demonstrieren.

Die stärkste Befestigung der Milseburg war der Steinwall, der die Nord-, Ost- und Südseite des Berges an seinem Fuße und damit eine Fläche von 32,5 Hektar einschloss. Die Milseburg war eine echte Kelten-Hochburg; Rhönkenner sprechen noch heute von dem 835 Meter hohen markanten Berg mit der Trapezform als "Perle der Rhön".

Von einem dreifachem Grund zur Freude sprach Landrat Bernd Woide heute am Fuße der Milseburg: weil er zum einen den volumenmäßig rekonstruierten keltischen Mauerabschnitt und den neuen Lehrpfad übergeben konnte - und weil die Grabungen am Ringwall der Milseburg offiziell als beendet erklärt wurden. Alle drei Maßnahmen verursachten Kosten in Höhe von insgesamt rund 210.000 Euro. Diese Investition wurde - außer vom Landkreis Fulda - auch durch die Stiftung der Sparkasse Fulda, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen sowie Fördermittel der EU finanziert.

Nur wer seine Vergangenheit kenne, könne selbstbewusst in die Zukunft schauen, sagte Woide zum Abschluss der Erkundungsgrabung. Sein besonderer Dank galt dem Initiator der Maßnahme, Oberbürgermeister Gerhard Möller, dem - zwischenzeitlich verstorbenen - wissenschaftlichen Leiter der Grabung, dem Kreis- und Stadtarchäologen Dr. Matthias Müller, sowie der Grabungsmannschaft unter Leitung von Dr. Ulrike Söder. „Dieser schöne Tag hat viele Väter“, formulierte Woide bei strahlenden Sonnenschein. „Ohne die ehrenamtlichen Helfer, wäre die Rekonstruktion der Mauer viel teurer gekommen.“ Außerdem sei das Projekt ohne finanzielle Unterstützung von außen nie möglich gewesen.

Die Grabungen in den beiden Perioden 2003 und 2004 kosteten Insgesamt 92.258 Euro. Die Sparkassen-Kulturstiftung förderte diese Arbeiten mit 20.000 Euro, die Stiftung der Sparkasse Fulda bezuschusste mit 25.000 Euro. Für die Rekonstruktion des Mauerteils waren 66.211 Euro erforderlich. Fördermittel der EU aus dem LEADER+ Programm bezahlten davon 27.693 Euro. Der Neue archäologische Lehrpfad kostete 51.144 Euro. Woide rechtfertigte die Ausgaben als „Investition für die Zukunft“. Zuvor war Kritik des Bundes der Steuerzahler wegen der Projektkosten laut geworden, bestätigte der Landrat.

Bereits im Jahr 1969 kurz nach Gründung des "Naturparks Hessische Rhön" wurde am Fuß der Milseburg einer der ersten archäologischen Lehrpfade in Deutschland eingerichtet. Nachdem der Lehrpfad in die Jahre gekommen war, sollte vor dem Hintergrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus Grabungen am Dünsberg bei Gießen und am Glauberg die Geschichte des 1,4 Kilometer langen Ringswalls an der Milseburg erforscht werden.

Die Hinweistafeln zu den archäologisch bedeutenden Bereichen an der Milseburg wurden auf den neusten Stand gebracht und durch wenige Tafeln zu Lebensräumen ergänzt. Der Lehrpfad hat insgesamt 15 Tafeln und acht Vorinformationspunkte zur Milseburg. Auch die Orientierungsrosette neben der Kreuzigungsgruppe auf dem Gipfel in Bronze wurde neu erstellt.

Rückblick auf die Grabungen

Manuel Zeiler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Marburg, vertrat die Grabungsleiterin Dr. Söder. Er fasste den Ablauf der Grabungen und deren Erkenntnisse zusammen: „Mit dem Ziel, das frühere Mauerfundament zu erreichen, wurde der Steinwall abgetragen.“ Da keine Landeszuwendungen in Aussicht gestellt werden konnten, beschränkten sich die Archäologen auf die Untersuchung eines Abschnittes von 20 mal 12 Metern. Unweit dieser Grabungsstelle hatte vor rund 100 Jahren schon der bekannte Heimatforscher Dr. Joseph Vonderau gegraben. Begonnen wurden die Grabungen im Juli 2003. „Schon nach 14 Tagen stockten die Grabungsarbeiten“, berichtete Zeiler: „Die Felsen, die abtransportiert werden mussten, wurden größer und waren kaum von Hand zu transportieren.“ Erstmals in der Geschichte der Milseburg wurde ein 20 Meter hoher Kran zum Einsatz gebracht.

„Am Ende der anfangs anvisierten drei Monate Grabungszeit waren gerade 4 Meter von den angestrebten 12 Metern bis auf den gewachsenen Untergrund ausgeräumt“, erzählt der wissenschaftliche Mitarbeiter. Die Grabungen wurden im darauf folgenden Jahr 2004 fortgesetzt. Im Spätsommer des gleichen Jahres war das Fundament erreicht.

„Wir fanden ältere Strukturen und erhielten viele Erkenntnisse“, erklärte Zeiler vor den rund 30 zuhörenden Laien. So fanden die Forscher heraus, dass vor etwa 3.400 Jahren Terrassen auf am ganzen Hang angelegt worden waren. Außerdem wurden Reste von Siedlungsmaterial, wie Textilspuren und Scherbenreste gefunden. Zeiler datiert die Siedlung auf die ausgehende Bronzezeit. In der darauffolgenden Eisenzeit wurden erneut Siedlungen angelegt - zuerst allerdings ohne Mauer. Erst in einer späteren Phase wurde die Mauer errichtet und die Siedlung verkleinert. Einen Erklärung für dieses interessante Detail können die Wissenschaftler nicht geben.

Ziel der Grabungen waren neben wissenschaftlichen Erkenntnissen die Rekonstruktion der Ringmauer. Der verstorbene Kreis- und Stadtarchäologe Dr. Matthias Müller favorisierte eine Rekonstruktion, die nur das zeigt, was auch nachgewiesen ist. Diesem Wunsch entsprechend erarbeiteten die Archäologen und Helfer in Zusammenarbeit mit dem Architektenbüro Reith + Wehner (Fulda) die volumenmäßige Rekonstruktion. „Die Rekonstruktion ist auf dem neusten Stand der Forschung“, lobte Zeiler und sprach in diesem Zusammenhang von "einem Denkmal für den verstorbenen Archälogen Müller."

„Ein solches Projekt ist nur möglich, wenn es aus der Region kommt“, formulierte Bezirksarchäologe Dr. Andreas Thiedmann. Die Rekonstruktion gebe einen Eindruck von der „eisenzeitlichen Monumentalität“. Der Betrachter erhalte eine Vorstellung davon, was es bedeute, einen Ringwall ohne Kran zu errichten. In Anwesenheit von Landrat und Bürgermeister wiederholte er auch einen Wunsch: die Wiederbesetzung der Stelle des Kreis- und Stadtarchäologen. (Daniel Kister) +++


Als "Seele der Rhön" bezeichnete Woide die Milseburg.

66.211 Euro hat die Rekonstruktion der Mauer gekostet.


Erläuterungen zum archäologischen Lehrpfad gibt ein Informationsheft, das für 3,90 Euro in allen Buchhandlungen erhältlich ist.

Bezirksarchäologe Dr. Andreas Thiedmann aus Marburg fordert eine Wiederbesetzung der Kreisarchäologenstelle.


Zwischen Parkplatz "Milseburg" und dem rekonstruierten Mauerteil sind etwa 30 Minuten Fußweg.


Landrat Bernd Woide dankte den Helfern und begründete die Kosten als "Investition für die Zukunft".

Manuel Zeiler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Marburg, erklärt den Ablauf der Grabungen.


Marcus Schafft, Bürgermeister von Hofbieber, sagt in seinem kurzen Grußwort: "Das Wetter ist zu schön für lange Reden."





Mit Hilfe eines 20 Meter hohen Krans wurde die Wand rekonstruiert.


Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller (li.) im Gespräch mit dem Bezirksarchäologen Dr. Andreas Thiedmann.

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