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"Er hat mich an der Scheide berührt. Das kann ich niemandem sagen", denkt sich Alina - Fotos: Julius Böhm

FULDA Kompanie Kopfstand im Schlosstheater

"Trau dich, NEIN zu sagen" - Initiative gegen sexuellen Kindesmissbrauch

09.10.14 - Alina ist zwölf Jahre alt und voller Vorfreude: Bald ist die Hochzeit ihrer großen Schwester Maya - die letzten Vorbereitungen stehen an. Auch Mays Verlobter Dennis hilft kräftig mit. Alinas Eltern lieben ihren zukünftigen Schwiegersohn und sind stolz, dass ihre Tochter einen solchen Mann an ihrer Seite hat. Aber halt: Die Schokoladentorte ist noch im Auto. Dennis nimmt Alina huckepack und startet den "Schokokuchen-Express". 

Im Auto wird die Situation komisch: "Du hast eine wunderschön zarte Haut", sagt Dennis zu Alina. Der Zwölfjährigen ist die Situation unbehaglich. Noch komischer wird es als ihr Dennis an den Oberschenkel und schließlich in den Schritt fasst. Sie weiß nicht, was sie tun soll. "Das bleibt unser Geheimnis, das darfst du niemandem weitersagen", befiehlt ihr Dennis.

Das Theaterstück "Trau dich!" ist das Herzstück der bundesweiten und gleichnamigen Initiative zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs. Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) hat dieses Projekt gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vor zwei Jahren in Auftrag gegeben. Vor insgesamt 480 Schülern der fünften und sechsten Jahrgangsstufe führte die Kompanie Kopfstand das Stück auf. Den Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren sollen ihre Rechte, Selbstbewusstsein und die Möglichkeit "Nein!" zu sagen näher gebracht werden. 

Alina weiß nicht so recht mit der Situation umzugehen. Sie schämt sich und gibt sich selbst die Schuld, weil immerhin ist sie ja mit Dennis mitgekommen zum Auto. Sie weiß nicht, wem sie sich anvertrauen kann. Auch ihre Eltern hören nicht auf sie. "Dennis ist nicht der Richtige, er ist eklig", sagt sie, aber ihre Eltern sind in ihren Schwiegersohn verliebt und von den Hochzeitsvorbereitungen gestresst: "Hach Alina, du mit deinen Flausen im Kopf. Hilf uns lieber."

"Wir Erwachsenen sind für die Sicherheit unserer Kinder verantwortlich - es müssen präventiv nicht nur die Kinder, sondern auch die Vermittler - Lehrer und Eltern - angesprochen werden: mehr Zuhören, mehr auf Zeichen achten, mehr Interesse für die Kinder haben", sagte Birgit Schmidt-Hahnel vom Sozialdienst katholischer Frauen. Über Bundes- und Landesebene wurden auch zahlreiche regionale Oragnisationen wie das staatliche Schulamt, pro familia und das Netzwerk gegen Gewalt Osthessen für die Aktion begeistert. Elternabende und Lehrerworkshops haben im Vorfeld stattgefunden. "Wir wollen sowohl den Kindern als auch den Vermittlern ihre Rechte und Möglichkeiten zeigen", sagte Bettina Brünner von der BZgA, "es geht nicht nur um sexuellen Missbrauch in dem Stück. Auch, wie man auf Gefühle reagiert, wie man Nein sagt und wie man mit Geheimnissen umgeht, wird im Theaterstück thematisiert."

Alina zieht sich zurück - niemand hört auf sie. Sie fühlt sich alleine gelassen und weint in ihrem Zimmer. Nur ihrer Schwester Maya fällt auf, dass mit Alina etwas nicht stimmt. Sie spricht sie darauf an, aber Alina möchte es ihrer großen Schwester nicht sagen: "Ich kann es nicht sagen, nicht das." Sie hat Angst, dass Maya ihr nicht glaubt, Dennis heiratet und sie dann hasst. Doch Maya redet auf Alina ein: "Du bist meine Schwester, du kannst mir alles sagen." Als Alina die ganze Geschichte auspackt ist Maya geschockt, aber keineswegs sauer auf Alina: "Alina, du kannst nichts dafür - es ist gut, dass du mir die Wahrheit gesagt hast."

"Ich habe heute gelernt, mich zu wehren, wenn mir etwas nicht gefällt", sagte Luisa (11) nach dem Theater. Auch Fabian (11) wusste so einige Dinge nicht: "Ich werde nun immer zu meinen Eltern gehen und gleich etwas sagen, wenn so etwas passiert - es muss mir nicht peinlich sein." Der Kreiselternbeirat-Vorsitzenden Martina Gilbert hat die kindgerechte Darstellung gefallen: "Es haben sich Szenen aus meinem Alltag widergespiegelt und jeder hat es verstanden." In ihren Augen liegt der Hauptteil der Verantwortung jedoch im Elternhaus: "Ich hätte mir heute mehr Eltern im Theater gewünscht - man muss von Kindesbeinen an seine Rechte erfahren und auch lernen, Nein zu sagen." (Julius Böhm) +++


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