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Alle an einem Tisch: die drei OB-Kandidierenden bekannten Farbe zum Thema Migration -

FULDA "Da geht noch viel mehr"

OB-Kandidaten bekennen Farbe bei Interkulturellem Forum zum Thema Migration

22.02.15 - Es war einer der seltenen Termine, an denen man alle drei Kandidaten für die kommende Oberbürgermeisterwahl (15. März) zusammen sieht und dann noch ein Thema diskutierend, dass es wirklich in sich hat: das Interkulturelle Forum Fulda hatte am heutigen Sonntagvormittag zum Talk eingeladen. Die drei Kandidierenden Birgit Kömpel (SPD), Ralf Zwengel (Grüne) und Heiko Wingenfeld (CDU) sollten zum Themenkomplex Migration Farbe bekennen.

Dr. Heiko Wingenfeld (CDU)

Moderatorin Ulrike Holler (links) und OB-Kandidatin Birgit Kömpel (SPD) ...

Der dritte Kandidat: Ralf Zwengel (Grüne)

Die nötige Diskussion anzuregen, dafür war Hörfunk-Journalistin Ulrike Holler zuständig. Mit Biss und Tempo setzte sie die Kandidierenden und ihre Ansichten auf den Prüfstand. Persönlich nachempfinden, was er sich als Flüchtling, der nach Fulda kommt, vom Oberbürgermeister wünschen würde, sollte Heiko Wingenfeld. „Ich glaube, es fällt schwer, sich in die Lage der Flüchtlinge zu versetzen“, sagte er. Dennoch äußerte er einen innigen Wunsch: „Dass ich als Mensch willkommen geheißen werde“ und erhielt dafür rege Zustimmung aus dem Publikum.

Auf die Frage, ob er als Flüchtling nach Fulda kommen würde, antwortete Grünen-Kandidat Ralf Zwengel, dass er im Ausland geboren sei und seit 10 Jahren in Fulda wohne. Noch immer könne er sich auch mit dieser Perspektive vorstellen, nach Fulda zu kommen. Applaus und Ausdruck der Zustimmung erhielt die dritte Kandidatin – Birgit Kömpel - für ihre Antwort auf die Frage, was die Migranten unter ihren Freunden wohl für Beschwerden an sie richten könnten. „Es dauert zu lange, bevor sie die Möglichkeit bekommen, einen Sprachkurs zu machen“, so die Sozialdemokratin. Damit schien sie vielen der anwesenden Mitglieder des Interkulturellen Forums und Zuhörern aus der Seele zu sprechen. Daher sollte das Thema Sprachkurse auch während der gesamten Diskussion und anschließenden Fragerunde präsent bleiben.

Alle Kandidaten zeigten sich hier bezüglich der Notwendigkeit von Sprachkursen und deren schnellen Angebote einig. Die Hochschule habe bereits einen Dolmetscherpool. Aus dem Zuhörerraum kam dazu aber die Anmerkung, dass es auch unzählige Migranten mit guten Sprachkenntnissen gebe, die zudem über ähnliche Erfahrungen verfügten, wie die Migranten, die ihre Hilfe in Anspruch nähmen. Kömpel regte in diesem Zusammenhang vor allem eine bessere Kommunikation zwischen Stadt und Kreisjobcenter an, um solches Potential nicht ungenutzt zu lassen.

Ein weiteres Schlagwort war die Willkommenskultur. Grünen-Kandidat Zwengel möchte in diesem Zusammenhang erreichen, dass die Migranten, die hier arbeiten und leben, sich genauso wohlfühlen, wie alle anderen. Von einem Oberbürgermeister – und hier bezog er sich auch ganz deutlich auf den amtierenden Oberbürgermeister Gerhard Möller (CDU) – erwarte er die symbolische Handlung, zu Asylbewerbern wie in der Unterkunft in der Frankfurter Straße zu gehen und sich zu erkundigen, was dort nicht gut laufe.

Für mehr Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in der Verwaltung plädierte Heiko Wingenfeld. Diese unterschiedlichen Hintergründe und Lebenserfahrungen brächten Vorteile. Menschen, die aus dem Ausland nach Fulda kommen, erkennen demnach noch viel mehr Dinge, die verbesserungswürdig seien. Dafür brauche es allerdings Akzeptanz, die Gegenkandidatin Kömpel erreichen will, indem sie in Schulen stärker wirbt. Man müsse viel mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund dazu bewegen, sich auf solche Stellen zu bewerben. „Es ist ein Zugewinn, wenn wir uns kulturelle Erfahrung auch einkaufen“, sagte sie, schloss dabei aber eine Quote aus.

Fotos: Sabrina Ilona Teufel

"Nur weil ich klug bin, bin ich noch lange nicht weltoffen"

In puncto Anlauf- und Beratungsstellen sieht vor allem Zwengel ein deutliches Defizit in Fulda. Es müsse weit mehr Orte für Begegnungen geben, denn nur mit Begegnungsmöglichkeiten käme man weiter. Bildung allein reiche hier nicht aus. „Nur weil ich klug bin, bin ich noch lange nicht weltoffen“, Zwengel sieht Austausch als essentiell für Integration und Zusammenleben. Den Ruf nach einem interkulturellen Zentrum beantwortete er daher ganz klar mit: “Wir brauchen das!“ Zustimmung erhielt er von Wingenfeld, aber auch von Birgit Kömpel, die im privaten Bereich die erste Verpflichtung aller Bürger sieht, Aufklärung zu betreiben. Eltern müssten da bereits bei ihren Kindern Aufklärungsarbeit leisten, um Vorurteile zu vermeiden.

„Wir haben in der Region ein Grundklima, das es auszubauen gilt“, sagte Wingenfeld mit Blick auf Integration und ausländerfeindliche Strömungen. Letztere seien in Fulda glückerweise nicht existent. Damit lobte er auch die Anti-Pegida-Demonstration in der Fuldaer Innenstadt vor einigen Wochen. Hier seien nur Rassismus-Gegner in Erscheinung getreten. Dennoch erklärten alle drei Kandidierenden ihre Einigkeit darüber, dass in dieser Sache noch viel getan werden könne.

"Wie schütze ich meine Kinder?"

Dass aber auch islamistische Gruppierungen ein Angstthema sind, zeigte sich bei einer Frage aus dem Publikum. „Wie wollen Sie verhindern, dass eine islamistische Gruppierung in Fulda wächst?“ – Bildung und Prävention waren hier die Antworten der drei Kandidaten. Es gelte, ein vielfältiges Angebot aufzubauen, dass klar mache „Hier seid ihr willkommen“, so Heiko Wingenfeld. Hier sei jeder willkommen, der in das Land kommt und sich mit den Grundwerten identifizieren könne. Willkommen sei jeder, der sich zu Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit bekenne.

Von links: Jana Tegel, Dr. Larbi Tajani und Melek Ölmez vom Interkulturellen Forum ...

Besonders großes Streitpotential bot das Asylbewerberheim in der Frankfurter Straße. Zwengel äußerte sich hier sehr deutlich. Wenn es nach ihm ginge, würde das Heim wegen der katastrophalen Zustände geschlossen. Auch Kömpel und Wingenfeld hielten grundsätzlich nicht dagegen, betonten aber bei der derzeitigen Lage von 30-50 neuen Asylbewerbern, die wöchentlich nach Fulda kämen, die Notwendigkeit der Unterkunft. Auf Nachfrage zeigte sich, dass bisher nur Wingenfeld tatsächlich die Unterkunft besucht hatte. Kömpel und Zwengel jedoch wollten sich die Unterkunft ebenfalls ansehen. Schließlich – da war man sich einig – sei es auch wichtig, Privatpersonen zu motivieren, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, natürlich bezuschusst.

Insgesamt verlief die Diskussion ruhig. Der stetige Versuch, Überparteilichkeit zu wahren gelang - trotz einiger Seitenhiebe – vor allem Kömpel und Wingenfeld. Während der CDU-Kandidat vor allem von Ist-Zustand sprach, prangerte Zwengel zuweilen eher den „Ist-nicht-Zustand“ an. Alle drei Kandidierenden zeigten sich in vielen wesentlichen Punkten einig, aufgrund unterschiedlicher politischer Traditionen entstand aber ein durchaus lebhafter Austausch. Einige Fragen mussten am Ende der Veranstaltung aus zeitlichen Gründen dennoch offen bleiben und wurden teils im Zwiegespräch thematisiert. (Sabrina Ilona Teufel)+++


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