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Joshua und die Kamele -

HAUNETAL/ AFRIKA Zweite Etappe WETZLOS - KAPSTADT

Mit dem Motorrad durch Afrika: DRK-Botschafter JOSHUA (23) in Marokko

2. Bericht vom 11.11. - 20.11.14 Km 3800 - Km 6200 Fahrzeit 58 h - 101 h Europa (Andalusien) Afrika (Marokko)

06.04.15 - "Bevor ich mich nun auf den afrikanischen Kontinent wage, ist es an der Zeit, den seit 3.000 Kilometern gebrochenen Ständer zu schweißen und die zehn Jahre alten Reifen gegen ein neueres, grobstolligeres Modell zu tauschen. Da ich wenig Lust hatte, dies im kalten Norden Europas zu erledigen, suche ich mir einen Reifenhändler an der Costa del Sol in Südspanien. Das ich mit der Suche so viel Glück haben sollte, ahnte ich noch nicht, als ich in das Industriegebiet Malagas, genauer Torre del Alhaurins, einrolle. Ich lasse mich am Sonntagabend auf einer Pferdeweide unweit des besagten Reifenhändlers nieder. Nach den morgendlichen Fitnessübungen und einem Sandwich laufe ich auf dem Weg in die Montagehalle in die offenen Arme von Chuan, dem spanischen Reifenmonteur. Da die Reifen natürlich vorher schon geordert wurden, hat man mich schon erwartet.

Das Atlasgebirge

Obwohl der Chef noch nicht da ist, wird sogleich die von roten Ducatis gesäumte Werkstatt aufgeschlossen und darauf hingewiesen, ich könne alles an Werkzeug und Maschinen nutzen, womit ich mich auskenne. Bei dem gut sortierten Werkzeug habe ich im Handumdrehen eine kleine Inspektion durchgeführt, die Überreste des Ständers und die Reifen demontiert. Als der Juniorchef Niko zur passsenden Soundkulisse auf einer neuen Duc Monster um die Ecke biegt, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Bei SIGGIS BIKES ich mich wohl. Der Chef trifft kurze Zeit später ein und spricht prompt eine Einladung zum Mittagessen aus. Mit dem sympathischen Rennfahrer verstehe ich mich sehr gut und nach kurzer Zeit verfallen wir in Benzingespräche, als würden wir uns schon seit Jahren kennen.

Pflege muss sein

Der Ständer wird für lau geschweißt und danach werden schon die neuen Reifen zusammen mit Niko montiert. Der Freundschaftspreis schont den Geldbeutel und bei der ersten Probefahrt auf der nächsten Piste merke ich, dass man hier was von Reifen versteht. Wie selbstverständlich werde ich dann noch zum Abendessen und einer heißen Dusche in Siggis Wohnung eingeladen. Der Abschied fällt schwer, aber der Regen hat mich fast wieder eingeholt.


Willkommen in Marokko

Traumhafte Strände

So geht es am nächsten Morgen nach Tarifa, um von dort aus nach Tanger, Marokko überzusetzen. Die Überfahrt ist bei rauer See kurz aber heftig! Gegen 21:00 Uhr durchlaufe ich die Grenzkontrolle im Hafen Tangers und da es nichts zu beanstanden gibt, bin ich fünf Minuten später auf der Autobahn Richtung Rabat unterwegs. Plötzlich und unerwartet treffe ich auf eine Mautstation. Den letzten Euro habe ich im Hafen für einen Kaffee ausgegeben und eine Bank, um marokkanische Dirham zu lösen, wollte ich erst morgen aufsuchen. Nach kurzer Diskussion werde ich durchgewunken mit der Bemerkung: Ich könne beim nächsten mal zahlen. Willkommen in Marokko! Ich fahre durch die nächste Stadt, Asilah und spreche auf der Straße einen jungen Marokkaner an: "Camping? Tente?" Als er merkt, dass mein Französisch etwas eingerostet ist, springt er auf die Gepäckrolle und navigiert mich zum nächsten Campingplatz.

bei Siggi

Er war ohnehin in dieselbe Richtung unterwegs. Ich fahre tags darauf auf einer gut ausgebauten Autobahn bis Marrakesch und lasse mich 12 Kilometer vorm Zentrum auf einem Campingplatz für Dauercamper nieder. Der Besitzer der campingplatznahen Kneipe/Café/Supermarkt (meist in Marokko nicht so richtig auseinander zu halten) Habib lädt mich zum Tee ein. Ich bekomme einen ersten Einblick in die Gepflogenheiten des marokkanischen Alltags, als ich zum Essen mit der Familie bleiben darf. Eine Schüssel mit Rind und Gemüse wird aufgetischt und dazu bekommt jeder Fladenbrot auf einem flachen Teller. Kein Besteck, keine Servietten. Das Brot wird in kleine Stückchen gerissen und dient dazu sich beim Greifen nach dem sehr schmackhaften Fleisch nicht die Finger zu verbrennen. Hier fühle ich mich wohl, hier darf ich sein ... Übrigens wird ausschließlich die rechte Hand verwandt. Keine einfache Übung.

Endlose Straßen in der Sahara

Am nächsten Tag schaue ich mir die Innenstadt Marrakeschs an. Nachdem ich mich eine Stunde durch den Verkehr treiben lasse und so einen großen Teil der Stadt sehen konnte, suche ich einen Schneider. Die Motorradhose ist an der Tasche gerissen. Nach kurzer Suche stelle ich fest, dass mein Vorhaben wohl nicht von Erfolg gekrönt sein wird und frage den nächsten älteren Herrn nach einem Schneider. In Marokko kann nahezu jeder Arabisch und Französisch sprechen, meist sogar noch Englisch und ein paar Brocken Spanisch und Deutsch. An einem unscheinbaren Parkplatz spricht mein selbsternannter Touristenführer zwei der Parkplatzwächter an und schon wird Nadel und Faden gezückt.

In Dakhla wird gewaschen

Martina und Dietmar

 
In Unterwäsche auf dem Parkplatz

Reifenwechsel

Da sitze ich nun in Unterhose mitten im Zentrum von Marrakesch und reiße mit den Wächtern Witze über die vorbeischlendernden Touristen. Es macht Spaß sich in den Lebensrhythmus hier einzufügen und die Hektik der bisherigen Tour abzuschütteln. Nach einer halben Stunde ist der Riss vorbildlich geflickt und der selbsternannte Führer wird zum Lohn mit der XT nach Hause gefahren. Die Gesichter verfinstern sich, als ich frage, was die Reparatur kosten soll. Ein "Bon Route!" wird gewünscht und auf geht es in die Berge. Der Atlas wartet. Die Straßen werden in diesem ursprünglichen Gebirge langsam gröber und schlängeln sich, immer schmaler werdend, die Bergflanken hoch.

In der Dämmerung entscheide ich mich für einen Schlafplatz nahe dem kleinen Ort Okaimeden im Zentralmassiv des Atlas. Auf 2.600 Metern wird das Zelt aufgebaut und für eine kalte Nacht alles übergezogen, was die Gepäckrolle hergibt. Ab Dezember kann man hier übrigens günstig Ski fahren ... in Marokko! Morgens bekomme ich Besuch von einem interessierten Hirten und, wie sich beim weiteren Gespräch herausstellt, Bergführer. Bei einer Tasse Tee beschreibt er mir eine gute Offroad Route zu meinem nächsten Zwischenziel Asni. Die Route besteht zum großen Teil aus größeren Eselspfaden und kleineren Versorgungswegen für die entlegenen Bergdörfer. So viel Spaß die Pfade auch machen, so langsam kommt man voran.

Camping an der Schneegrenze

Daher ist der nächste Schlafplatz in der Nähe von Agadir etwas ungeplant unter einem Haufen deutscher Überwinterer mit zu viel Schotter. Ich werde hier leider etwas belächelt mit meinem Bike unter lauter Luxuswohnmobilen und mache mich noch vor Sonnenaufgang auf den Weg nach Süden. Die Landschaft wird langsam flacher und die Straße gerader. In der Nähe des kleinen Wüstenstädtchens Guelmim finde ich auf Nachfrage beim freundlichen Polizeiposten eine Campingoase. Bei Ankunft werde ich vom "Patrone" sehr nett empfangen. Bei umgerechnet einem Euro fünfzig ist das Wildcampen nun auch wirklich überflüssig. Als ich im Eingangspavillon zwei Fahrräder in miserablem Zustand stehen sehe, biete ich spontan meine Dienste als Hobbymechaniker an. Durch mein üppiges Bordwerkzeug ist die Reparatur einfacher als mit den zwei Zangen und dem Hammer, die der Familie bisher dienten und so sind die Bikes nach kurzer Zeit wieder fit. Die beiden Mädchen, welchen die Fahrräder auch den Schulweg erleichtern, höre ich noch die halbe Nacht über den Campingplatz heizen...schließlich sind hier ja Ferien.


"Ein Pick-Up überschlägt sich direkt vor mir!"

Erste Hilfe mitten in der Wüste

Am nächsten Morgen bekomme ich im Austausch für meine Hilfe einen ausführlichen Bericht zu den verschiedenen Routen von Guelmim aus durch die Sahara und in das Grenzgebiet Mauretaniens. Entschieden wird sich für den relativ sicheren Weg über die N1 Richtung Laayounde mit Abstecher Richtung Osten nach Semara. Nach dem der halbe Tank verblasen wurde, treffe ich plötzlich mitten in der felsigen Einöde der Sahara-Ausleger einen Fahrradfahrer. Er ist Engländer und kommt gerade aus Mauretanien. Bereits die halbe Welt habe er mit seinen zierlichen Packtaschen und dem 08/15 Bike bereist. Ich komme mir mit meinen Ängsten vor den schwierigen Passagen meiner Tour fast lächerlich vor.

Nach einem Smalltalk fahren wir beide unserer Wege. In Gedanken über diese Begegnung fahre ich mal wieder eine dieser schnurgeraden Straßen, als sich mir entgegenkommend ein Pickup seitlich überschlägt. Bis ich angehalten habe steht der geschockte Fahrer schon vor mir. Offensichtlich hat der lässig aus dem Fenster hängende Arm als Polster zwischen Pickup und Asphalt gedient. Nach der Suche nach weiteren Verletzungen treffen zufällig zwei Deutsche, Teilnehmer der Rally Dresden-Dakar-Banjul, ein und helfen mir bei der Versorgung der Wunde und der Betreuung unseres "Patienten". Auch beim Motorradfahren ist ein Erste-Hilfe-Kasten sinnvoll!

Während ein LKW Fahrer den Verkehr regelt, sind, wie ich später erfahre, nicht etwa die Rettungskräfte, sondern die Freunde des Verletzten alarmiert worden, um den illegal auf dem Pickup transportierten Treibstoff zu sichern. Erst nach ca. einer Stunde ist die Unfallstelle geräumt und der Rettungswagen, sowie die damit einhergehende Polizei wird alarmiert. Nach ca. zwei Stunden trifft die Ambulanz ein und nimmt Khaian mit ins nächste Provinzkrankenhaus. Seinen Arm wird er wohl verlieren, seinen Job und somit seine Existenz hat er wohl durch sein "besonnenes" Handeln gerettet. Ich kann der Polizei vormachen nur deutsch zu sprechen und verabschiede mich mit einem Zwinkern von Khaian. Die nächsten Tage lasse ich ruhig angehen und genieße die Weite der Sahara. Man steht mit der Sonne zur linken auf, fährt, bis sie zur rechten in den Atlantik fällt und doch hat sich nichts geändert, außer der Füllstand des Benzintanks. Abends freue ich mich wieder eine Daumenbreite auf der Karte zurückgelegt zu haben.


"Den Strand für sich allein"

Es ist schön und etwas beängstigend, derart ausgesetzt zu sein. Der rege Verkehr auf der Route und die Cafés alle 100 Kilometer nehmen dem Abenteuer allerdings etwas den Schrecken. Die Strände entlang der Atlantikküste sind absolut zu empfehlen und sehr sauber. An den richtigen Stellen hat man außerdem fünf bis zehn Kilometer Strand für sich allein. Natürlich darf auch ein Abstecher in die Wanderdünen bei Laayounde nicht fehlen. Nachdem ich das Gepäck von der XT genommen habe, erfülle ich mir den Traum eines jeden Kindes und spiele im größten Sandkasten der Welt mit meinem Motorrad. Mittlerweile bin ich in Dakhla, kurz vor der mauretanischen Grenze, angekommen und nehme mal wieder ein paar Wartungsarbeiten vor. Ich habe hier auf Camping Mustafi ein nettes Ehepaar, Dietmar und Martina, kennengelernt, welche mir sehr gastfreundlich ein richtiges Abendessen mit Leberwurscht und Bier und einen weichen Campingstuhl zuteilwerden lassen. Ihre Erfahrung und Ortskenntnis in diesem Teil Westafrikas ist beeindruckend. Die Tipps nehme ich gerne an und fühle mich wieder ein Stück sicherer auf meiner Route. Morgen dann geht es weiter ins nächste Land der Tour. Das Visum gibt es an der Grenze. Es wird den Erzählungen nach tropisch heiß und etwas schwierig mit Benzin und Internet..."


HINTERGRUND

Joshua Steinberg ist 23 Jahre alt und lebt in Wetzlos, einem Ortsteil von Haunetal im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Motorsport war schon immer sein Hobby, mit 15 erwarb er den Hessenmeister Titel im Motorradtrial. Mit seinem Motorrad hat er bereits nahezu jedes westeuropäische Land erkundet. Für 2014 hatte er sich ein neues Ziel gesetzt: Afrika.

Geplant hat er die Fahrt ohne Unterstützung von außen. Ausnahme bilden Medizin- und Verschleißteil-Sendungen nach jeweils einem und zwei Drittel der geplanten Route. Bis spätestens am ersten Mai diesen Jahres will Joshua zurück in Europa sein. Er wird auf der Tour als DRK-Botschafter diverse DRK-Hilfsprojekte besuchen und Kontakte für eine Zusammenarbeit mit der DRK Ortsvereinigung Holzheim-Kruspis-Stärklos herstellen. Gereist wird mit einer 26 Jahre alten Yamaha XT 600 Modell 2Kf. In OSTHESSEN|NEWS berichtet er über seine Erlebnisse.+++

Danke, Habib

Traumhafter Ausblick auf die Atlantikküste

Im Beduinenzelt


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