Archiv
Zum Frühstück ein paar Bohnen mit Brot und einer netten Unterhaltung -

HAUNETAL/AFRIKA SECHSTE ETAPPE: WETZLOS - KAPSTADT

Mit dem Motorrad durch Afrika: JOSHUA (23) in Nigeria

ÜBER JOSHUA UND SEINE TOUR DURCH AFRIKA: Joshua Steinberg ist 23 Jahre alt und lebt in Wetzlos, einem Ortsteil von Haunetal im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Er ist bereits seit mehreren Monaten allein mit seiner 26 Jahre alten Enduro auf großer Tour durch Afrika und setzt sich als DRK-Botschafter ein. Regelmäßig schickt Joshua Text und Bilder von unterwegs und bietet so den O|N-Leser einen fantastischen Eindruck seiner Reise. Details gibt es außerdem hier: http://www.wetzloskapstadt.de

26.04.15 - "Um nach Nigeria einzureisen, wähle ich einen kleinen Grenzübergang etwas nördlich von Porto Novo. Das “Auschecken” in Benin läuft reibungslos. Durch eine stacheldrahtbewehrte Schleuse komme ich auf die nigerianische Seite der Grenze. Hinter dem großen Grenzgebäude wird das Bike unter Bewachung geparkt und zum ersten Mal an einer Grenze bekomme ich Temperatur gemessen, meine Gelbfieberimpfung wird überprüft und der Impfpass in Augenschein genommen. Ich durchlaufe den üblichen Polizeicheck und mein Carnet wird vom Zoll gestempelt. Auch eine offizielle Erklärung über zu verzollende Ware muss unterschrieben werden.

Hin und wieder kommt durchaus die Frage, ob ich denn ein paar Euros aus Deutschland mitgebracht habe. Nachdem ich den Sheriffs allerdings meine Geschichte und meine positiven Intentionen schildere, werden meisten ein paar Witze über den kleinen Mann auf großer Tour gerissen und wir verstehen uns blendend. Zum ersten Mal ist es hier sogar möglich, die Offiziellen zu fotografieren. Sie genießen die Publicity und möchten auf jeden Fall aufs Titelbild der deutschen Zeitungen kommen. Die folgende Straße ist in gutem Zustand.

Nach kurzer Fahrt stoppe ich in einem kleinen Ort um mal wieder etwas zwischen die Zähne zu bekommen. Was ich für ein kleines Straßenrestaurant halte ist wohl doch nur eine private Kochsession für die Familie. Umso größer ist dann jedoch die Begeisterung, als ich mich dazu geselle. Englisch ist hier wieder vorherrschend und fast alle sprechen hier fließend, jedoch mit dem ein oder anderen schwer verständlichen Akzent. Was als kurze Stärkung geplant war, artet in eine Art Familienfest aus. Als mir schließlich ein Schlafplatz angeboten wird, lasse ich mich breitschlagen.

Am nächsten Morgen geht es früh auf die immer noch vorzügliche Straße an Lagos vorbei auf der” Trans Afrika Route” über Benin City bis in das östliche Obudu Mountain Range. In den drei Tagen, die ich für die Durchquerung des Nigerdeltas benötige, treffe ich wie gewohnt auf außergewöhnlich nette Nigerianer. Ich verbringe zwei Nächte im Dschungel und eine weitere in einem netten Dörfchen. Ich fühle mich sicher hier im südlichen Teil des Landes. Man merkt, dass das Land im Aufbruch begriffen ist und die Wirtschaft hier zu wachsen scheint.

Der Rauch und die Abgase sind kaum zu ertragen. Die Geschwindigkeit muss bergauf gedrosselt werden, da man bei den Rußwolken der Lkws teilweise nur wenige Meter weit sieht. Das es keinen Anreiz zur Ökonomisierung gibt, merkt man schon am Spritpreis von 46 Cent pro Liter. Der Verkehr hier ist nahe den Metropolen milde gesagt überlastet. Und was der Verkehr in der Stadt an Dunst produziert, übernimmt in den ländlichen Gebieten die Brandrodung der Busch- und Waldgebiete.

Die Trials in den Obudu Mountains sind fantastisch

Ein wenig Balancieren am Abhang bringt den Kreislauf am frühen Morgen in Schwung ...

Gastfreundschaft in jedem Dorf, das Joshua durchquert

So nett die Menschen sind, so rücksichtslos ist der Verkehr und so gnadenlos der Umgang mit der Natur. Die Müllmassen und der Gestank auf den, oft nahe der Hauptstraße liegenden, Müllhalden sind extrem. Es ist traurig was unkontrolliertes Wachstum mit sich bringt. Nach der schlechten Luft in der Ebene habe ich im Gegensatz zur lokalen Bevölkerung das Privileg mich in die spärlich besiedelten Berge nahe der Grenze zu Kamerun zurückzuziehen.

Auf dem Weg dorthin werden die Straßen schlechter und die Polizeikontrollen häufiger. Dazu kommen dreiste, selbst ernannte Polizisten in Zivil, welche hin und wieder Straßensperren errichten und versuchen eine Straßenbenutzungsgebühr abzuziehen. Beim ersten Mal halte ich an und komme nur schwer und mit viel Überzeugungsarbeit wieder hinaus. Beim zweiten Mal fahre ich vorsichtig um die Holzstämme und Flatterbänder herum. Bei den folgenden Sperren ist der Spaß vorbei. Der Gashahn wird aufgerissen, die Lichthupe und die akkustische Version selbiger läuft in Endlosschleife und mit afrikanischem Optimismus und unangepasster Geschwindigkeit geht es ab durch die Mitte.

In den Oboudu Bergen

Wie eine italienische Passstraße

Die erste Bekanntschaft auf der Oboudu Cattle Ranch ist der gebildete Security Officer ...

Gegen Mittag gleite ich die scheinbar aus Norditalien importierten Serpentinen zur 1800m hoch gelegenen Obudu Cattle Ranch hinauf. Die Ranch entpuppt sich als Ferienresort mit europäischen Standarts und leider auch Preisen. Mit zwei Euro fuer einen Kaffee geht mein Tagesbudget fuer Nahrung auf einen Schalg drauf. Nach ein sehr netten Gespräch mit einem sehr gebildeten Security Officer in Oxford Englisch habe ich die Günstigen Essens- und Einkaufsmöglichkeiten in den Umliegenden kleineren Dörfern schnell gefunden.

In der Dämmerung ziehe ich mich mit der XT in die Berge zurück, genieße den Sonnenuntergang. Bei alpinem Panorama und sternenklarem Himmel wird bei entsprechenden Temperaturen ein prasselndes Feuer entzündet. Um nichts in der Welt wollte ich diesen Schlafplatz gegen eine der putzmittelgeschwängerten, marmorverkleideten, vollklimatisierten Hotelzellen tauschen. Als ich am nächsten Morgen aufbreche, um mich durch die Bergstrassen treiben zu lassen, fällt mir der platte Hinterreifen auf. Da die Reifenheber in Lome ausgemustert worden und Wasser zur Lochsuche auch knapp ist, fahre ich die Werkstatt der Ranch an. Dort wird mir nach Einladung zum zünftigen Mittagessen mit den Mechanikern tatkräftig zur Hand gegangen.

Nach dem vielen Trubel in den Dörfern mal wieder ein ruhiges Plätzchen im Dschungel ...

Nachts wird es kalt in 1800 Meter Höhe. Ein Wenig Holz und Benzin schaffen Abhilfe ...

Rinderherden findet man auch hier überall

Nachdem der Reifen geflickt ist, lohnt sich die heutige weiterfahrt nicht mehr. Kurzerhand bietet mir ein Freund von Daniel, dem Chefmechaniker, einen Schlafplatz in seiner Wohnung an. Da ich mich nun eingelebt habe verbringe ich den nächsten Tag mit Daniel, der sich neben seiner Tätigkeit als Mechaniker auch als Bergführer ein Zubrot verdient. Er zeigt mir die besten Ausblicke, Wasserfälle und die Berggorillastation. Leider ist der Eintritt für mich unerschwinglich und die Tiere werden hier ohnehin eingezäunt gehalten, was ich mir auch in einem Zoo anschauen kann.

Am Abend lerne ich die Familie meines Gastgebers, Isiyaku kennen. Seine bezaubernde Frau Adama, seine beiden Töchter Zeinab und Mansura und seinen Ältesten Jubril. Die Gastfreundschaft Adamas steht der ihres Mannes in nichts nach und mit bei den Kindern habe ich spätestens mit dem Vorschlag eine Runde Fußball zu spielen einen Stein im Brett. Zur Feier des Tages wird die Grillsaison im neuen Jahr mit Forellen und Bananen ausgerufen. Köstlich.

Rückzug in die Berge

Schlafplatz in den Oboudu Bergen

Am nächsten Tag ist mal wieder die Abreise geplant. Bei dem traurigen Lächeln des Ehepaars und dem Hundeblick der Kinder bringe ich es jedoch nicht übers Herz. Der Tag verstreicht mit der Wanderung zu Isiyakus eigener Rinderfarm und dem Spielen mit den Kindern. Gegen Abend lerne ich in der Bar des nahe gelegenen Hotels noch einen der Schweizer Manager, Hans, kennen. Somit habe ich auch die Möglichkeit mir einen Laptop zu leihen um mal wieder einen Bericht zu tippen und mir ein paar Infos über meine weitere Route einzuholen.

Am nächsten Tag geht für mich eine asphaltierte, kurvige und blitzsaubere Straße durch die Täler der Obudu Mountains Richtung Calaba. Ich habe viel Zeit über die gewonnenen Freunde auf der Cattle Ranch nach zu denken. Einen besonderen Eindruck hat Isiyakus selbstlose Gastfreundschaft hinterlassen. Zuletzt hat er es sich nicht nehmen lassen, mir noch Wasser, Reiseproviant und natürlich die besten Wünsche mit auf den Weg zu geben.

Auf Höhe Ikoms geht es wieder auf die von LKW zerstörte Hauptstraße. Mehr Loch als Asphalt ist höchste Aufmerksamkeit erforderlich um sich nicht die Felgen an den spitzen Asphaltkanten zu zerstören. 80 Kilometer vor meinem ursprünglichen Tagesziel, Calabar, lässt die Aufmerksamkeit dann nach und ich fahre in einen nahegelegenen Bambuswald um mein Zelt aufzuschlagen. Zeitig breche ich am nächsten Morgen auf, um das Konsulat Kameruns in Calabar zu suchen. Jüngst in ein anderes Stadtviertel umgezogen gestaltet sich die Suche nach selbigem etwas schwieriger als gedacht. Endlich angekommen werde ich zunächst mit der Ausrede vertröstet, der zuständige Konsul sei nicht im Haus. Ich warte.

Plötzlich heißt es, die Visaausgabe sei nur bis 11 Uhr morgens möglich. Ich warte. Die Hartnäckigkeit zahlt sich wie immer aus und die Vorzimmerdame des Konsuls nimmt sich meiner an. Es wird nun behauptet, die Einreise nach Kamerun sei momentan nur mit dem Flugzeug möglich. Ich warte. Schließlich bekomme ich ein Formular vorgelegt, mit welchem ich mein Visum beantragen kann. Die Dame fordert umgerechnet 100 Euro für das Visum. Nach kurzer Nachfrage bei der Security, bekomme ich die Bestätigung: Es handelt sich hier um die Offizielle Visa-Gebühr. Also muss der Geldbeutel bluten.

Da die Lust heute noch Richtung Grenze zu fahren gering ist, lerne ich am nächsten Früchte- und Gemüsestand die junge Verkäuferin kennen, die mir spontan ihre Wohnung anbietet. Die Wohnung entpuppt sich als WG aus Studentinnen und Studenten, Arbeitern und Arbeitslosen, jung und alt. Ich werde bekocht, habe ein Dach über dem Kopf und als Dank für die Unterkunft lerne ich mit den Kindern Englisch und Mathe.

Beim versuchten Aufbruch am nächsten Tag muss ich mal wieder feststellen, dass mein Reifen relativ luftleer ist. Die Reperatur zieht sich bis Mittag und so verbringe ich eine weitere Nacht in Calabar. Kein Problem bei der netten Athmosphäre. Früh wird dann am nächsten Morgen gestartet. Es geht die bekannte Schlaglochpiste bis nach Ikom hoch, um von dort aus an die letzten 60 Kilometer bis zur Kamerunischen Grenze auf bestem Asphalt zurückzulegen.

With a little help from my friends - wird der Reifen von Felge getrennt ...

Wohngemeinschaft nahe Chez Alice

Ausflug zu einem der Wasserfälle nahe der Cattle-Ranch

Auf Nigerianischer Seite habe ich viele netten Gespräche mit dem Zoll, den Grenzpolizisten und den Immigration Officers. Auf der Kamerunischen Seite stehe ich vor verschlossenem Tor. Die Grenzbeamte lässt nicht mit sich diskutieren. Die Freundlichen auf der Nigerianischen Seite lassen mich trotz des jetzt ungültigen Visums wieder einreisen. Wenn es nicht legal gewollt ist, dann wird eben illegal eingereist. Wäre ja noch schöner, wenn die Tour wegen einer geschlossenen Grenze beendet wird.

Es gibt die Möglichkeit mit dem Boot und ein paar Bestechungsgeldern für die richtigen Polizisten über den Grenzfluss im Süden Kameruns einzureisen. Da Korruption von mir allerdings nicht unterstützt wird, starte ich die Informationssammlung zu alternativen Grenzuebergängen dort, wo ich die besten Freunde habe… auf der Cattle Ranch.

Eine Nacht im Busch in der Nähe der Grenze und am nächsten Morgen treffe ich gegen Mittag auf der Ranch ein. Gerd ist eine halbe Stunde früher als ich eingetroffen. Da ich von den Straßenrestaurants und den Polizeicheckpoints schon erfahren habe, dass der "Wikinger" in die selbe Richtung unterwegs ist, habe ich mit einem Treffen auf der Ranch gerechnet. Natürlich beschließen wir den Weg über die Grenze gemeinsam zu meistern. Über die vielen Bekannten hier finden wir auch schnell eine MÖglichkeit durch die Berge nach Kamerun zu gelangen.

Der Grenzuebergang soll irgendwo vor dem kleinen Städtchen Akwaya liegen. Laut Karte entspricht die Qualität der Straße einem besseren Wanderweg und es gilt außerdem einige Flüsse zu durchqueren. 200 Kilometer üble Piste liegen vor uns. Stärken können wir uns noch bei einer Grillparty, die Isiyaku spontan ausruft, als ich ihn in der Werkstatt der Ranch begrüße.

Bis tief in die Nacht sitzen wir noch am Feuer und unterhalten uns wie alte Bekannte. Jetzt heißt es leider wirklich Abschied nehmen. Die Frage wann ich wieder komme kann ich wie ueblich nur mit einem traurigen Lächeln abtun. Die Straße ruft und die Maschine giert nach neuen Herusforderungen. So geht es von nun an wieder durch den Dreck. Die kommende Etappe wird wohl die bisher schwierigste." +++

Daniel der Mechaniker und Bergfuehrer

Die Grenzpolizei Nigerias ist weit davon entfernt korrupt oder gefährlich zu sein ...

Die netten Gastgeber meiner ersten Nacht in Nigeria


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön