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- Fotos: Konstantin Müller

ALSFELD Journalist Günter WALLRAFF bei „Vulkan lässt lesen“

„Ich gucke RTL ja auch nicht, diese Verblödungsformate da…“

30.04.15 - „Günter Wallraff? Das ist doch der von Burger King!“, soll die Tochter von Andreas Matlé von der OVAG gesagt haben, als er ihr vom prominenten Gast erzählt hat. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Der Vulkan lässt lesen“ kam Wallraff ins Autohaus Roth nach Alsfeld. „Günter Wallraff liest zwar nicht mehr oft öffentlich, aber überall, wo nette Menschen sind, zieht es ihn hin“, so Matlé. Den 220 Gästen präsentierte der Autor Textauszüge aus seinem Buch „Aus der schönen neuen Welt“ und zeigte zwei Videoausschnitte seiner Reportagen.

Andreas Matlé vom Veranstalter OVAG plauderte vorher noch mit Günter Wallraff. ...

Da der Journalist jüngst durch die Aufdeckung der Missstände in deutschen Burger-King-Filialen mit einem RTL-Format auf sich aufmerksam machte, sprach ihn Matlé zu Beginn der Veranstaltung gezielt darauf an. Wallraff nahm kein Blatt vor den Mund: „Ich selbst gucke RTL ja auch nicht, diese Verblödungsformate da. Ich gucke mir lieber Phoenix oder Arte an.“ Er selbst sei zum Sender gegangen, um dort das Format „Team Wallraff“ anzubieten. „Ich möchte damit junge Menschen ansprechen, die selbst in prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind. Die erreiche ich über Sender wie RTL besser“, so Wallraff. Die Resonanz hätte gezeigt, wie groß das Interesse von Seiten der Bevölkerung ist. „Die bei RTL waren erst skeptisch, dachten, ich wolle mir ihren Sender vorknöpfen.“

„Ich erreiche immer Veränderungen an Ort und Stelle, das sehe ich als meine Pflicht an“, so der 72-Jährige. Er selbst habe jedoch niemals mit enormen gesellschaftlichen Veränderungen durch seine Bücher und seine Undercover-Reportagen gerechnet: „Ich bin ein bescheidener Mensch. Ich hätte niemals gedacht, dass man mit einem Buch so viel erreichen kann. Täglich kommen Leute auf mich zu und danken mir für meine Arbeit. Etliche Elendsberichte von Arbeitnehmern landen Tag für Tag in meinem Postfach“, so der Journalist. Wallraff sagte, er habe es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Menschen zu helfen. Er selbst wünschte sich eine große Organisation hinter seinem Rücken für derartige Belange, sein Team bestehe aus nur drei, vier Leuten.

Rund 220 kamen zu der Veranstaltung.

Seiner Meinung nach sind die Verhältnisse in Deutschland mehr als ungerecht. „Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer zahlreicher“, sagte er. 25 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland würden so in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sein. Laut einer Studie hätten diese Leute im Schnitt eine um zehn Jahre kürzere Lebenserwartung.

Günter Wallraff nahm kein Blatt vor den Mund.

Einer der mitgebrachten Videoausschnitte von Wallraff zeigte ihn als Undercover-Paketboten. Dort ist er mit GLS-Fahrer Andi auf Tour, der zur damaligen Zeit etwas weniger als drei Euro Stundenlohn für seine Arbeit erhielt. Wallraff appellierte an das Publikum, das eigene Konsumverhalten zu beobachten. „Der Grund für das boomende Geschäft der Lieferdienste ist unser aller Kaufverhalten.“ Laut Wallraff soll man es sich lieber dreimal überlegen, ob man bei Amazon einkauft. „Das sind sektenähnliche Zustände da, die Leute werden ausgepresst!“ Ebenfalls kritisch sieht er die Entwicklung der E-Books. Er selbst ist ein klarer Gegner des Amazon-Kindles. „Der Leser wird gläsern, sein gesamtes Leseverhalten wird analysiert. Irgendwann gibt es in der Literatur nur noch einen Einheitsbrei und der Massengeschmack wird bedient.“

Wallraffs Message wurde schnell deutlich: Wer das eigene Verhalten überdenkt, der könne „ausbeuterischen“ Großkonzernen effektiv entgegensteuern.(Konstantin Müller)+++

Mitgebracht hatte er Videomaterial von seinen Undercovereinsätzen.


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