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Rückseite eines Gemäldes -

EICHENZELL Die unbekannte Seite der Kunst

Total verdreht: die originelle Sonderausstellung VERKEHRTHERUM in Schloss Fasanerie

20.06.15 - Diese Ausstellung ist eine Aufforderung zur Schnitzeljagd oder auch Detektivarbeit mit Lupe: sie enthüllt zwar Vieles, was dem Museumsbesucher sonst verborgen bleibt - doch gleichzeitig eröffnet sie auch neue Rätsel. Außerdem hat es so eine Konzeption noch in keinem anderen Museum gegeben. Beim Titel "Verkehrtherum" hätte sicher mancher an Georg Baselitz und seine auf dem Kopf stehenden Bilder gedacht, eröffnet Museumsdirektor Dr. Markus Miller die diesjährige Sonderausstellung im Badehaus von Schloss Fasanerie. "Wir haben unsere Bilder aber um eine andere Achse gedreht - nämlich die Rückseite nach vorn - und das Verkehrtherum-Prinzip auch bei Porzellan, Silber und Möbeln angewandt." Das habe das Team vor ganz neue Herausforderungen gestellt, denn es sollte natürlich jeweils auch die Vorderseite eines Gemäldes oder Exponats zu sehen sein.

"Durch die Anforderung, dass jede Vitrine von beiden Seiten einsehbar sein sollte, ist das Badehaus auf einmal sehr klein geworden", beschreibt Dr. Miller die - fantastisch gemeisterten - Schwierigkeiten dieser Schau. Auch die Hängung war äußerst problematisch. "Ein Bild hat normalerweise zwei Ösen. Mit zwei Nägeln schafft man eine Verbindung zur Wand - fertig." Wenn man aber nun die Rückseite präsentieren will, kann man die Ösen nicht nutzen - und natürlich auch keine neuen Löcher bohren oder ähnliches." Von all diesen Komplikationen bei der Konzeption merkt der Betrachter in der kleinen aber ungeheuer spannenden Ausstellung nichts mehr. So viele ungewöhnliche Ein- und Ausblicke gab es selten - man sollte entsprechend Zeit für den Besuch einplanen.


Unterseite eines Suppentellers Fotos: © Kulturstiftung des Hauses Hessen Schloss Fasanerie

Plakat zur Ausstellung VERKEHRTHERUM

Unterseite eines Silbertellers

Königliche Schuhsohle und Schranktür als Reisetagebuch

Ein paar Schmankerl seien eigens erwähnt: die liebevoll signierten Schuhsohlen der Queen, die Innenseite einer schlichten Schranktür, die als Reisetagebuch diente, die schönen roten Wachssiegel auf einem Spitzweg- oder die vom Gatten der Queen, Prinz Philip mit einem kleinen Ölbild verzierte Leinwand, auf deren Rückseite eine Bleistiftskizze seines Sohnes, Prinz Charles zu entdecken ist.

Auf eine bereits durch die bundesweiten Medien gegangene Sensation wies Hausherr Landgraf Donatus hin. Während das Schloss-Fasanerie-Team im letzten Sommer an dem Ausstellungskonzept bastelte, wurden im fernen Montana zwei Brüder durch den Film "Monuments Men" von und mit George Clooney auf zwei Gemälde aus dem Nachlass ihrer verstorbenen Tante aufmerksam, das nach dem Krieg als Beutekunst oder fragwürdiges Souvenir in die USA gekommen war.Dank der Inventarnummern auf der Rückseite der Bilder konnte ihre Herkunft aus den Beständen des Hauses Hessen eindeutig nachgewiesen werden. Beim Anruf der Foundation sei er noch äußerst skeptisch gewesen, gesteht Donatus. Doch mittlerweile haben die beiden Bilder den Weg zurück nach Hause gefunden und zieren die Ausstellung im Badehaus - natürlich auch von hinten zu bewundern.

Landschaft von Prinz Philip ...

... mit Skizze von Sohn Charles auf der Rückseite

Auf den Unter- oder Rückseiten von Kunstobjekten sind Buchstaben, Zahlen, Zeichen, Verarbeitungsmarken und Texte zu finden, die Kunsthistorikern wie Kunsthändlern wichtige Anhaltspunkte zu einem Objekt geben. Hier finden sich Botschaften des Herstellers, Namen der Schenkenden oder der Beschenkten, Archiv- oder Depotnummern, Ziffern zur Inventarisierung oder Angaben zur Herstellung des Kunstwerkes. Aus diesen Indizien lässt sich manche Geschichte der Herkunft rekonstruieren oder mancher Weg eines Kunstobjektes nachverfolgen. Signaturen, Beschriftungen, Nummern und weitere Hinweise auf der normalerweise verborgenen Seite der Kunst werden in dieser ungewöhnlichen Ausstellung ab 20. Juni entschlüsselt und erklärt.

Während die Schauseite den Betrachter in  seinen Bann zieht, bleibt die abgewandte Seite den Augen normalerweise verborgen. Daher nutzen Künstler, Restauratoren, Sammler und Museumskustoden die Rückseiten seit jeher für eigene Anmerkungen und Angaben. Gerade viele ältere Kunstobjekte bergen oft eine beachtliche Fülle von Informationen: Manchmal berichten sie über die wechselhafte Geschichte eines Objektes oder offenbaren Anhaltspunkte zur Herstellungstechnik, zeigen welches Material der Künstler benutzte, an welcher Stelle ein Restaurator eingriff, ob ein Bild ursprünglich einmal größer war als die heutige Rahmung oder wie die originale Farbigkeit der Werkstoffe war. Bei Zeitmessern sieht man spannende technische Details, bei Möbeln manche raffinierte Mechanik oder gar ein Geheimfach, das der geschickte Handwerker zu verbergen wusste. Auf Rückseiten offenbart sich auch manch dramatischer Zersetzungsprozess.

Alle Fotos: Martin Engel

Königliche Schuhsohlen

In der Ausstellung „Verkehrtherum“ werden alle Exponate herumgedreht oder auf den Kopf gestellt; nur so lässt sich auf den Rück- oder Unterseiten all das Spannende entdecken, das ein Museumsbesucher sonst nie sieht. Besitzer größerer Kunstsammlungen kennzeichnen fast immer ihre Objekte auf der Rückseite, ordnen ihr Eigentum systematisch und bringen Monogramme und Nummern an, mit denen sich die Kunstwerke in einem Inventar auflisten lassen. Auch Kunsthändler, Auktionshäuser oder die Kuratoren von Ausstellungen bringen hin und wieder rückseitige Etiketten an, anhand derer sich die Reisen eines Kunstwerks nachverfolgen lassen. In seltenen Fällen findet sich bei Bildern gar ein zweites Werk, das vom Künstler entweder verworfen oder aus Sparsamkeit dort angebracht wurde. Vielfältige Marken und Stempel belegen die herstellenden Manufakturen und Zünfte, Jahreszahlen und Ortsangaben bezeugen Herkunft und Wert. Oft sind es auch die Besitzer der Kunstwerke, welche auf den Rückseiten Wissen festhalten, das nicht verloren gehen soll.

Die beiden Beutekunst-Bilder, die ihren Weg aus Montana zurück gefunden haben ... ...

... und ihre Rückseite

Das Verborgene weckt die Neugierde, präsentiert manche unerwartete Information und entwickelt oft eine eigene Ästhetik. All dies wird in der Ausstellung VERKEHRTHERUM entdeckt, entziffert und entschlüsselt, die vom 20. Juni bis 1. November 2015 im Ausstellungsgebäude Badehaus auf Schloss Fasanerie bei Fulda zu sehen ist. Die ungewohnte, aber spannende Sicht auf Kunst ist jeweils Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 4,50 Euro pro Person, Schüler  und Studenten zahlen 3,00 Euro. Nach Terminabsprache werden auch Gruppenführungen angeboten.+++ci/pm

Landgräfin Floria

und Donatus von Hessen

Zwei Museumsleiter: links Dr. MArkus Miller, retchs Dr. Gregor Stasch, Vonderau Museum ...

Das fulminante Buffet

Eine ganze Tafel von unten


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