Archiv
- Fotos: Gudrun Schmidl und Gerhard Manns

BAD HERSFELD Internationales Freundschaftsfest

Praktizierte Willkommenskultur seit drei Jahrzehnten

14.09.15 - „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt“ lautet das Motto des 30. Internationalen Freundschaftsfestes, das am Sonntag im Bürgerhaus Hohe Luft in Bad Hersfeld gefeiert wurde. Erstmals luden die Veranstalter, zu denen die Kirchenvorstände der Auferstehungs- und der Stadt- und Johanneskirchengemeinde, der Verein für Internationale Jugendarbeit, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Ausländerbeirat gehören, am Freitag zu einer Auftaktveranstaltung in die Aula der Konrad-Duden-Schule ein. Werner Schnitzlein, 1. Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und vor dreißig Jahren Mitinitiator, begrüßte die Gäste.

Aus Anlass des runden Geburtstages durfte ein Rückblick auf die vergangenen drei Jahrzehnte nicht fehlen. „Zeit- und situationsbezogen begann es vor 31 Jahren mit dem deutsch-türkischen Freundschaftsfest im Gemeindehaus am Kurpark in Bad Hersfeld. Hans Krug vom Kirchenvorstand der Stadtkirchengemeinde, verheiratet mit einer Türkin, gab dazu wichtige Impulse“, erinnert er. 2001 musste das Fest wegen der Ereignisse am 9. November in New York ausfallen.

Gemeinsam feiern stand schon immer im Fokus des Festes, dabei waren die Akzeptanz und gegenseitige Achtung unterschiedlicher Kulturen und Religionen von Anfang an selbstverständlich. Rahmen und Zielgruppe des Festes erweiterten sich, was sich dann auch im Wechsel des Namens spiegelte. Nicht nur der Name änderte sich, auch das Gemeindehaus am Kurpark stand infolge der Umwidmung des Areals nicht mehr zur Verfügung. Das Internationale Freundschaftsfest wurde fortan in dem Bad Hersfelder Stadtteil mit dem größten und differenziertesten Ausländeranteil gefeiert.

Das Engagement der Organisatoren und Teilnehmerorganisationen würdigte Staatssekretär Jo Dreiseitel, der Hessische Bevollmächtigte für Integration und Antidiskriminierung, für den das Internationale Freundschaftsfest zudem ein idealer Anlass sei, für die Verständigung und Integration in Hessen zu werben. „Seit langem sind Menschen mit Migrationshintergrund selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft“, betonte Dreiseitel und ergänzt: „An dieser Stelle setzt die hessische Integrationspolitik an. Das Thema „Integration“ ist eine Aufgabe, die einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz und die Umsetzung einer langfristigen Perspektive erfordert. Gerade in den Kommunen wird sichtbar, dass Hessen sich tiefgreifend verändert hat.“

Der Gast aus Wiesbaden wies zudem auf die bisher von Koordinatorin Antonia Rösner vom Fachdienst Migration umgesetzten Schwerpunkte des WIR-Programms im Landkreis Hersfeld-Rotenburg hin. Dazu gehören beispielsweise die Erstellung eines Adressenbestands der Migrantenorganisationen im Landkreis, die Vernetzung auf Stadtteilebene und der Aufbau eines Ehrenamtsnetzwerks im Bereich Integration.

Dreiseitel sieht den Flüchtlingsstrom als Dauerrealität für viele Jahre, was gewaltige Probleme mit sich bringen wird, die zu lösen sind. Lediglich 10 von 28 EU-Mitgliedstaaten nehmen überhaupt Flüchtlinge auf, wobei Schweden, vor allem aber Deutschland die Hauptlast stemmen. Obwohl im Moment große Akzeptanz und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung erkennbar ist, gärt es dennoch unter der Oberfläche. Der Staatssekretär fordert auf, das Asylrecht ohne Wenn und Aber anzuwenden.

Erster Stadtrat Dr. Rolf Göbel, Landrat Dr. Michael Koch, der zu Beginn seiner Amtszeit die Flüchtlingsproblematik zur „Chefsache“ erklärt hat, schlossen sich in ihren Grußworten diesem Appell an. Pfarrer Volker Drewes stellt aufgrund der geschichtlichen Entwicklung fest, dass dem Internationalem Freundschaftsfest in diesem und in den kommenden Jahren eine weitere wichtige Bedeutung zukommt – nämlich nicht nur Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kulturen zusammen zu führen, sondern sich Menschen zuzuwenden, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, um ihnen zu verdeutlichen: „Wir gehen den Weg mit euch“.

Das Internationale Freundschaftsfest ist von Anfang an eng verbunden mit den Namen Roswitha Alterhoff (Prälatin i.R.) und Irene Adolph vom Vorstand des Vereins für Internationale Jugendarbeit, deren Einsatz in all den Jahren besonders gewürdigt wurde. Einen großen Anteil an dem Gelingen der Feste haben auch die Mitglieder des Interkulturellen Zentrums Bad Hersfeld, allen voran Susan und Rüdiger Bernstein, die mit lebendigen und vielfältigen Beiträgen zur Ausgestaltung beigetragen haben. Iris Plass-Geißler gratulierte stellvertretend im Namen aller IkuZ-Mitglieder dem Internationalen Freundschaftsfest zum 30. Geburtstag. Mitbürger zum Beispiel aus Somalia, Indonesien, Afghanistan, Sibirien und Schweden schlossen sich in ihrer Landessprache diesen Glückwünschen an.

Stefan Zelter, Koordinator im Landesausländerbeirat, moderierte die Gesprächsrunde mit drei „multikulturellen“ Gästen. Helen Araya, seit wenigen Tagen eingebürgert, kam vor zehn Jahren als unter 18-Jährige direkt aus Eritrea nach Bad Hersfeld mit dem Ziel, sofort die Schule zu besuchen. Die junge Frau, die zudem schwanger war, lernte somit sehr schnell Deutsch und arbeitet inzwischen beim Sozialdienst katholischer Frauen Fulda (SkF) in dem Projekt „Migrantin hilft Migranten“ als Sprach- und Kulturvermittlerin. Sie wünscht sich mehr Information in der deutschen Bevölkerung, aus welchen Gründen die Menschen überhaupt ihre Heimat verlassen.

Xhafer Selimi kam als politischer Verfolgter 1992 aus dem Kosovo nach Deutschland, um Asyl zu beantragen. Vier lange Jahre hat sein Asylverfahren gedauert und der junge Mann war ohne Arbeitserlaubnis zum Nichtstun verdammt. Er bekräftigt die Notwendigkeit, die Asylverfahren zu beschleunigen. Sahin Czenik kam als 8-jähriger Junge als Gastarbeiterkind nach Deutschland und besuchte die Konrad-Duden-Schule. Für die Hausaufgabenhilfe von Irene Adolph ist er noch heute dankbar. Sahin Czenik engagiert sich in seinem politischen Ehrenamt als Stadtverordneter und als langjähriger Vorsitzender des Ausländerbeirates für ein gelungenes Miteinander verschiedener Kulturen.

Mit zwei musikalischen Beiträgen in ihrer Landessprache bezauberte die stimmgewaltige Sängerin Reva Anandita aus Indonesien, die auf dem Klavier und der Gitarre einfühlsam begleitet wurde. Zum Auftakt der Veranstaltung hießen die „Konrad-Duden-Singers“ unter der Leitung von Johannes Gunkel die Gäste eindrucksvoll willkommen. Antje Fey-Spengler am Saxophon und Martina Krüger am Klavier bildeten den musikalischen Schlusspunkt der Veranstaltung, die den offiziellen Auftakt für das fröhliche und bunte Fest am Sonntag mit Tänzen und Musik aus vielen Regionen und einem internationalen Buffet war. Hier bestand die Möglichkeit, zahlreichen Menschen aus vielen Nationen zu begegnen und sie kennen zu lernen. Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, wurde als Schirmherr herzlich willkommen geheißen. (Gudrun Schmidl) +++


Über Osthessen News

Kontakt
Impressum

Apps

Osthessen News IOS
Osthessen News Android
Osthessen Blitzer IOS
Osthessen Blitzer Android

Mediadaten

Werbung
IVW Daten


Service

Blitzer / Verkehrsmeldungen Stellenangebote
Gastro
Mittagstisch
Veranstaltungskalender
Wetter Vorhersage

Social Media

Facebook
Twitter
Instagram

Nachrichten aus

Fulda
Hersfeld Rotenburg
Main Kinzig
Vogelsberg
Rhön