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Willkommen im Land der weißen Berge: Die nächste Klage steht ins Haus. - Archivfoto: Stefanie Harth

HERINGEN (W.) In Heringen ist Konsens ein Fremdwort

Schiedsvereinbarung auf Eis gelegt – Stavo wird gegen Hans RIES klagen

11.05.16 - Wahnsinn? Das ist Heringen! Es hatte Besserung gelobt, doch bereits gute zwei Wochen nach der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung präsentierte sich das Abgeordnetenhaus am gestrigen Dienstagabend von seiner „besten“ Seite. Die Fronten sind verhärtet. Der Graben zwischen dem Bündnis aus SPD, CDU sowie GfH (Gemeinsam für Heringen) und der Wählergruppe Gemeinschaftsliste Heringen (WGH), übrigens der stärksten Fraktion im Stadtparlament, mitsamt Bürgermeister Hans Ries scheint unüberwindbar. Konsens? Ein Fremdwort. Sachlicher Dialog? Fehlanzeige. Wer davon überzeugt war, ein „tieferer Tiefpunkt“ – Rudi Völlers legendärer Wutausbruch lässt grüßen – könne nicht mehr erreicht werden, lag komplett falsch. Letzte Ausfahrt: Verwaltungsgericht.

Der Reihe nach: Was für ein Rückfall in alte Zeiten. Abermals dominierten politische Ränkespiele, gegenseitige Belehrungen sowie persönliche Angriffe und Vorhaltungen die Sitzung. Der eigentliche und einzige Tagesordnungspunkt, des Bürgermeisters Beanstandung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 25. April bezüglich einer Schiedsvereinbarung mit der K+S Kali GmbH, Werk Werra (OSTHESSEN|NEWS berichtete), rückte quasi in den Hintergrund. Im Detail geht es um den Bereich der Wölfershäuser Straße, Heinerberg und In der Aue, wo salzhaltiges Abwasser in die Kanalisation eindringt, was wiederum die städtische Kläranlage gefährdet, die zu kippen droht. Ziel der Schiedsvereinbarung wäre gewesen, zu regeln, inwiefern K+S für die Schäden aufkommt und sich an den bevorstehenden Maßnahmen, wie dem Bau eines Kanaltrennsystems und der Umrüstung der Kläranlage, monetär beteiligt.

Bürgermeister Hans Ries (WGH). Archivfotos: Gerhard Manns

Am 25. Februar hatte sich die Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich gegen eine vom Magistrat gefertigte Schiedsvereinbarung und für einen von K+S verfassten Entwurf ausgesprochen. Gegen diesen Beschluss hatte Hans Ries in der konstituierenden Sitzung vor 16 Tagen Widerspruch eingelegt – und war mit diesem (knapp) gescheitert. Die Folge: Der Rathaus-Chef ließ sich nicht von seinem Weg abbringen und beanstandete die Entscheidung des Stadtparlaments. „Meines Erachtens verletzt der genannte Beschluss bezüglich einer Schiedsvereinbarung mit dem Ignorieren der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums (RP) gemäß den vorliegenden Versenkgenehmigungen von Salzlaugen in den Untergrund als Ursache für die aufgetretenen Schäden und damit dem Bau eines Kanaltrennsystems das Recht“, betonte Hans Ries, der anschließend scharf gegen K+S schoss, indem er die Verlässlichkeit, Offenheit und Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens anzweifelte. „Es ist nicht Sinn der Sache, dass einer diktiert und der andere pariert. Viel Vergnügen beim Klagen.“

Manfred Wenk, Fraktionssprecher der GfH.

Alfred Rost, Fraktionsvorsitzender der SPD.

Frank Jansen, Fraktionssprecher der WGH.

Manfred Wenk, Fraktionssprecher der GfH, der zugleich im Namen der SPD und CDU hinter das Rednerpult trat, meinte: „Wir bitten Sie eindringlich, Herr Bürgermeister, Ihre Beanstandung zurückzuziehen… Und sollte dieses Haus doch zu einem Beschluss gezwungen werden und sich mehrheitlich für eine Klage aussprechen, zu der wir von Ihnen und der Hessischen Gemeindeordnung de facto gezwungen werden, so sehen wir der Gerichtsverhandlung und dem abschließenden Gerichtsurteil zuversichtlich entgegen.“ Wie sich dies allerdings zeitlich auf die Baumaßnahme auswirke, könne sich jeder selbst ausmalen. Alfred Rost, Fraktionsvorsitzender der SPD, bemängelte derweil, dass es Bürgermeister Hans Ries an Kompromissbereitschaft fehle. „Ich persönlich vermute: Es geht ihm nicht um das Problem, weshalb eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen werden soll, sondern es geht ihm alleinig darum, wie kann ich K+S melken.“ Harte Worte. Frank Jansen, Sprecher der WGH, geißelte das Gebaren des Gros‘ der Stadtverordneten. „Das ist politisches Kabarett. Wir sollten uns als Anwalt der Bürger begreifen. Was wollen Sie eigentlich? Es kann lange dauern, bis das Verwaltungsgericht eine Entscheidung fällt. Sie verschieben nur, und die Stadt kostet es jede Menge Geld. Lassen Sie uns zur Seriosität zurückkehren.“

Stadtverordnetenvorsteher Detlef Scheidt (SPD).

Zudem strafte Frank Jansen Stadtverordnetenvorsteher Detlef Scheidt (SPD) ab, der die Fraktionsvorsitzenden zu einem gemeinsamen Gespräch mit der Werksleitung von K+S eingeladen hatte. Das Treffen fand statt, allerdings ohne die WGH. „Ich finde das unglaublich“, konstatierte Frank Jansen. Der Stadtverordnetenvorsteher repräsentiere die Stadtverordnetenversammlung in der Öffentlichkeit. Für die Außenvertretung der Stadt sei einzig und allein der Bürgermeister zuständig. „Wir hätten an diesem Treffen nur teilgenommen, wenn auch Hans Ries eingeladen worden wäre“, bekräftigte der Rechtsanwalt.

Die Sitzung geriet aus den Fugen. Detlef Scheidt: „Diesen Vorwurf finde ich ein bisschen schäbig.“ Alfred Rost: „Ich schäme mich langsam, diesem Parlament anzugehören.“ Eckhard Bock, Fraktionsvorsitzender der CDU: „Wer sich auf Hans Ries verlässt, ist verlassen. Wir sind nur die Volksdeppen.“

Dann: die Abstimmung. Wie zu vermuten war, schmetterte die Mehrheit von SPD, GfH und CDU (18 Stimmen standen zehn Stimmen der WGH gegenüber) die Beanstandung des Rathaus-Chefs ab und machte damit den Weg frei für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Somit wird der Heringer Stadtpolitik wohl ein erneuter Rechtsstreit zwischen der Stadtverordnetenversammlung und dem Bürgermeister ins Haus stehen. Daniel Iliev, der am 1. Juli das Erbe des aus dem Amt scheidenden Hans Ries antreten wird, dürfte hocherfreut sein. Und die Schiedsvereinbarung? Die liegt vorerst auf Eis. (Stefanie Harth) +++


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