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- Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

REGION Boom bei Elektroautos?

Nur 62 E-Autos im Landkreis Fulda - Politik und Wirtschaft begrüßen Prämie

10.06.16 - In Sachen Elektromobilität ist Deutschland nach wie vor Entwicklungsland - da bildet auch Osthessen keine Ausnahme. Im Landkreis Fulda sind bisher 62 Elektroautos zugelassen, insgesamt befinden sich 132.207 Autos auf den Straßen. Auch im benachbarten Kreis Hersfeld-Rotenburg zählen E-Autos zu den Exoten: 42 Fahrzeuge entsprechen einem  Anteil von rund 0,04 Prozent aller zugelassenen Pkw. Die Zahlen zeigen zwar, dass von Jahr zu Jahr mehr E-Autos gekauft werden, - 2011 waren lediglich sechs Fahrzeuge im Kreis Fulda zugelassen - doch das selbst erklärte Ziel der Bundesregierung von deutschlandweit einer Million Elektroautos bis 2020 droht verfehlt zu werden. Die vor Kurzem beschlossene Prämie von 4.000 Euro soll Kaufanreize für E-Autos schaffen.

Besonders die Automobilwirtschaft begrüßt die Prämie. "Elektroautos und Hybride sind dadurch nur noch unwesentlich teurer als mit Diesel oder Benzin betriebene Pkw. Preislich ist der Kauf eines solchen Autos jetzt also sehr attraktiv", zeigt sich Steffen Vogt von VW Atzert & Weber, verantwortlich für den Verkauf von Elektrofahrzeugen, erfreut. Seit der Einführung der Prämie sei die Nachfrage nach umweltfreundlichen Plugin-Hybrid- und Elektroautos deutlich gestiegen. Erstere werden mit 3.000 statt 4.000 Euro bezuschusst. "Viele Kunden interessieren sich jetzt verstärkt für Hybride." Diese kombinieren die Vorteile von Elektro- und Verbrennungsmotoren und benötigen keine langen Ladezeiten und verfügen über eine ausreichend große Reichweite. Letztlich komme es aber auch auf die Anforderungen der Verbraucher an. "Wer nur in der Stadt unterwegs ist, sollte über den Kauf eines E-Autos nachdenken. Da spielt die Reichweite ja keine Rolle." Dazu komme, dass der Unterhalt sehr günstig sei. Pro gefahrenem Kilometer entstehen drei Cent Stromkosten. E-Auto-Besitzer sind zudem zehn Jahre lang von der Kfz-Steuer befreit.

Deborah Müller-Kottusch, Vorsitzende der Grünen im Landkreis Fulda, sieht die Prämie ebenfalls positiv, denn "das Ziel, in 2020 eine Millionen E- Autos auf deutschen Straßen fahren zu haben, erreicht sich nicht von selbst". Doch müsse die Prämie in erster Linie den Konsumenten zu Gute kommen und nicht nur die Automobilindustrie entlasten. Sie fordert: "Um das Geld der Prämie zu refinanzieren, ist es wichtig, die Halter von Sprittschluckern zur Kasse zu bitten." Doch der finanzielle Anreiz dürfe nur der Anfang sein. Insbesondere der Landkreis Fulda könne mehr in Sachen Elektromobilität tun. Nach Kenntnisstand der Grünen verfüge der Kreis lediglich über zwei E-Bikes. Christoph Burkhard vom regionalen Standortmarketing der Stadt und des Landkreises Fulda sieht dies ähnlich. "E-Autos sind durch die Prämie attraktiver geworden, doch es gibt noch viel Entwicklungspotenzial." Elektroautos sind seiner Meinung nach besonders als Dienstwagen für Firmen geeignet. Für Privatleute gebe es viele Gründe gegen den Kauf eines E-Autos. Neben den immer noch zu hohen Preisen, sieht Burkhard vor allem die geringe Reichweite als ein Hindernis an. "Solange die Menschen ein E-Auto noch mit einem fragenden Blick betrachten, haben sie sich nicht durchgesetzt."

"Auch als Bewohner des Landkreises Fulda lohnt sich die Anschaffung eines E-Autos durchaus", widerspricht Müller-Kottusch. Viele E-Autos könnten heute 200 Kilometer zurücklegen. Für den täglichen Weg zur Arbeit und zurück reiche das aus. "Hier kann der ressourcenschonenenden Autofahrt Rechnung getragen werden."

Doch der Kauf welcher Autos wird eigentlich durch die Prämie bezuschusst? Allgemein gilt, dass ein E-Auto nicht teurer als 60.000 Euro sein darf. Weiterhin muss auch der Hersteller dazu bereit sein, sich mit 2.000 Euro an der Prämie zu beteiligen. Bisher kommen somit 20 Fahrzeuge der Hersteller Audi, BMW, Citroen, Ford, Kia, Mercedes, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault, VW und Volvo in Frage. Käufer sollten auch bedenken, dass je nach Firma eine zusätzliche Batteriemiete fällig werden kann. Renault bietet beispielsweise keine Möglichkeit zum Kauf des Akkus. Hier muss der Kunde zusätzlich zum Fahrzeugkauf eine von der Kilometerleistung abhängige monatliche Miete zahlen. "Bei VW gibt es ein solches Modell nicht. Hier bekommt der Kunde eine achtjährige Garantie und tauscht defekte Akkus in dieser Zeit kostenlos aus", informiert Vogt.

E-Smart der Kreisverwaltung des Kreises Hersfeld-Rotenburg Foto: Landkreis Hersfeld-Rotenburg

E-Car-Tankstellen der Rhönenergie im Landkreis Fulda Screenhot rhoenenergie.de

Ebenfalls berücksichtigt werden muss die Ladeinfrastruktur. Im Landkreis Fulda betreibt die Rhönenergie derzeit neun E-Car-Tankstellen. Anders als bei einer herkömmlichen Tankstelle müssen sich Kunden, die ihr Auto an einer der Ladesäulen "auftanken" wollen, bei der Rhönenergie anmelden. Die Firma schreibt dazu auf ihrer Website: "Nach Abschluss eines RhönStrom MOBIL-Vertrags können Sie eine Ladekarte gegen eine Kaution in Höhe von 10 Euro erhalten. Der Arbeitspreis pro Kilowattstunde beträgt dann 35 Cent, der Grundpreis 12 Euro (im Jahr)." In Bad Hersfeld gibt es bisher vier Ladesäulen, eine davon, am Marktplatz wird von den Stadtwerken Bad Hersfeld betrieben. "Die Säule wird gut angenommen", resümiert Karl Gretscher von den Stadtwerken. Eine weitere E-Tankstelle in der Nähe des Bahnhofs sei in Planung. Kunden müssen aber nicht nur eine Ladestation finden, sondern auch Zeit für das Aufladen einplanen. "Ist der Akku komplett leer, muss man mit gut vier Stunden rechnen, bis er wieder zu 100 Prozent aufgeladen ist. An einer herkömmlichen Haushaltssteckdose verdoppelt sich die Ladezeit", so Vogt. Schnellladestationen an Autobahnen könnten 80 Prozent der Batterieleistung in nur 20 Minuten wiederherstellen.

Letztlich bleibt festzuhalten, dass der Kauf eines E-Autos noch mit vielen Kompromissen verbunden ist. Ein Blick auf die aktuellen Zulassungszahlen zeigt, dass die meisten Verbraucher nicht bereit sind, diese einzugehen, denn weniger als ein halbes Prozent aller Fahrzeuge in den Kreisen Fulda und Hersfeld-Rotenburg haben einen Elektromotor. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung mit der Prämie genügend Menschen zum Kauf eine E-Autos animieren kann, um das Ziel von einer Million E-Pkw bis 2020 noch zu erreichen. (Toni Spangenberg) +++


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