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LONDON David CAMERON kündigt Rücktritt an

EIL: Briten sagen NEIN zu Europa - ROTH-Interview: "Ein trauriger Tag"

24.06.16 - Großbritannien hat entschieden: Die Mehrheit der Briten hat sich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden! 51,9 Prozent der Briten, 48,1 wollten in der EU bleiben. Was bedeutet diese Entscheidung für Europa, für Deutschland und die Region? Was sagt die Politik, was die Wirtschaft?

Fotos: Dennis Schmelz

Ein schwarzer Tag auch für die Finanzwelt in London?

Geht es jetzt wirtschaftlich bergab?

AKTUELL: Der britische Premierminister David Cameron hat seinen Rücktritt angekündigt. Die Börsen sind auf Talfahrt. In Frankfurt am Main ist die Stimmung geschockt, es wird ein DAX-Absturz von über zehn Prozent erwartet.

Wir haben heute Morgen den Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD, Bad Hersfeld), telefonisch in Berlin erreicht. Kurz vor dem Abflug mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu einer EU-Ratssitzung in Luxemburg nimmt Roth Stellung zu den aktuellen Entwicklungen. Klicken Sie dazu einfach auf das Video-Button im Top-Thema-Bild. "Das ist ein trauriger Tag für die Briten und uns alle in Europa. Wir müssen das respektieren, das Referendum ist eine demokratische Entscheidung. Das ist eine Zensur für Europa[...]Wir dürfen Europa jetzt nicht den Nationalisten zum Fraß vorwerfen...", sagte Roth unter anderem. Im Interview spricht Roth außerdem über die Entwicklung und wie es jetzt weiter gehen kann.

Festspiel-Besuch heute Abend angesagt

Seinen geplanten Besuch zur Eröffnung der Bad Hersfelder Festspiele am Freitagabend musste Michael Roth absagen: "Ich kann leider heute Abend nicht nach Bad Hersfeld kommen, darüber bin ich traurig, aber ich muss heute in Luxemburg bleiben", sagte der Staatsminister und heimische Bundestagsabgeordnete gegenüber O|N.

Die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS sammelt aktuell weiter die Stimmen.

Michael Boddenberg (CDU, Fraktionsvorsitzender im Hessischen Landtag): Brexit ist schwerer Schlag für das vereinte Europa - Fusionspläne der Deutschen Börse müssen nun neu bewertet werden

„Die Entscheidung der Briten für ein Ausscheiden aus der Europäischen Union, der sogenannte Brexit, ist ein schwerer Schlag für das vereinte Europa. Aber gerade jetzt gilt es, das Vertrauen der Menschen in die Europäische Union zu stärken. Sie ist der Garant für Frieden und Wohlstand. Auch wenn ich sehr enttäuscht über das Votum der Briten bin, so akzeptiere ich als Demokrat doch die Entscheidung. Die Konsequenzen für Großbritannien werden nun in den Austrittsverhandlungen zu ziehen sein. In der EU müssen wir nun in Ruhe darüber nachdenken, was diese Entscheidung bedeutet und wie sich die Europäische Union weiterentwickeln soll“, sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Michael Boddenberg, anlässlich der Entscheidung in Großbritannien für einen Austritt aus der Europäischen Union.

Mit Blick auf die geplante Fusion zwischen der Deutschen Börse AG und der London Stock Exchange Group ergänzte Boddenberg: „Die Fusionspläne der beiden Börsen müssen angesichts des Brexits neu bewertet werden. Die Grundlagen für die Fusion haben sich insbesondere bei der Aufsichtsmöglichkeit durch die Entscheidung für den EU-Austritt verändert. Wir werden genau herausarbeiten, welche erheblichen Folgen sich für das Verhältnis der beiden Börsenplätze zueinander nun ergeben werden. Unabhängig der britischen Entscheidung bleibt es dabei, dass jetzt umso mehr der Hauptsitz angesichts der Mehrheitsverhältnisse in Frankfurt bleiben muss."


Reaktion von DIHK-Präsident Eric Schweitzer:

"Der Brexit ist für die deutsche Wirtschaft ein Schlag ins Kontor. Bei einem ihrer wichtigsten Handelspartner müssen sich die deutschen Unternehmen auf erhebliche Veränderungen einstellen. Das gilt insbesondere auch für die zahlreichen deutschen Unternehmen, die in Großbritannien für Europa und die Weltmärkte produzieren. Kurzfristig ist zu befürchten, dass der Absatz deutscher Produkte in Großbritannien schwächer wird. Sicherlich werden wir in den nächsten Wochen mit einer weiteren Abwertung des Pfunds zu rechnen haben. Aber auch strukturell wird der deutsch-britische Handel schwieriger. Großbritannien muss Handelsverträge weltweit, aber auch mit der EU komplett neu aufsetzen.

Die EU-Verträge sehen einen Zeitraum von zwei Jahren vor, um die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu regeln. In dieser Phase der Unsicherheit ist eine Investitionszurückhaltung von beiden Seiten zu erwarten. Die EU muss jetzt den Zusammenhalt der restlichen Mitgliedstaaten sichern. Dies bedeutet auch, die richtige Balance zu finden, zwischen guten zukünftigen Handelsbeziehungen mit Großbritannien und der gefährlichen Botschaft, dass man die Vorteile der EU nutzen kann, ohne sich an den Kosten zu beteiligen. Die Abstimmung zeigt aber auch, dass Europa für viele keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Damit die EU gleichermaßen Menschen und Wirtschaft hinter sich vereint, brauchen wir eine Offensive für Europa. Hierzu zählen ein verstärkter grenzüberschreitender Jugendaustausch ebenso wie ein europäischer Dialog der Unternehmen."

SPD-MdB Birgit Kömpel äußert:

"Ich hatte es zwar befürchtet, trotzdem bin ich sehr enttäuscht: Der Brexit, der Austritt Großbritanniens aus der EU, ist tatsächlich eingetreten. Kein guter Tag für Europa, kein guter Tag für England. Ministerpräsident David Cameron ist es nicht gelungen, erfolgreich für einen Verbleib in der EU zu werben. Er trägt für den Brexit einen großen Teil der Verantwortung. Sein Rücktritt ist die logische Folge.

Was passiert jetzt in Schottland und Nordirland? Sinn Fein, die irisch-republikanische Partei, hat sich schon positioniert und strebt ein Referendum über die Einheit Irlands an. Und die Schotten möchten in der EU bleiben. Das "Great" vor dem "Britain" könnte schon bald Geschichte sein. Ich habe einige Jahre in London gelebt und bin Vorsitzende der deutsch-irischen Parlamentariergruppe. Entsprechend kenne ich Länder und Leute ziemlich gut. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob den Britinnen und Briten bewusst ist, welch folgenschwere und falsche Entscheidung sie getroffen haben. Die Europäische Union besteht weiter. Nationalisten werden es nicht schaffen, den Kontinent zu spalten. Davon bin ich überzeugt."

Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ein schwarzer Tag für Großbritannien und Europa

"Den Ausgang der britischen Volksabstimmung über das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union hat der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel am Freitag als „schwarzen Tag für Großbritannien und Europa“ bezeichnet. Schäfer-Gümbel sagte:

„Dieses Referendum ist das Ergebnis einer leichtfertigen Wahlkampfaktion von David Cameron aus dem Wahlkampf 2015. Er konnte die Geister nicht stoppen, die er selbst gerufen hat. Wer dem Populismus den kleinen Finger reicht, darf sich nicht wundern, wenn die Populisten die ganze Hand ergreifen.

Großbritannien gehört aus meiner Sicht zum unverzichtbaren Kern Europas. Deshalb schmerzt das Ergebnis sehr. Es muss jetzt mit kühlem Kopf betrachtet werden. Auch in dieser schwierigen Phase muss Europa zusammenbleiben. Vor allem gilt es zu verhindern, dass der Brexit die Erosion der EU beschleunigt. Das wird allerdings eine schwierige Aufgabe.

Die europäische Einigung, das große Friedenprojekt, scheint plötzlich umkehrbar. 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs scheint manche Lehre aus dieser verheerenden Katastrophe sich aus vielen Köpfen verabschiedet zu haben. Das kann einen fassungslos machen.

Europa braucht wieder einen ideellen Überbau. Europa ist weder eine Holding noch eine Verwaltungseinheit. Europa ist zu allererst eine Idee. Und wir müssen alle mehr dafür tun, diese Idee wieder in den Köpfen und vor allem in den Herzen der Menschen zu verankern.

Gleichzeitig muss die EU beweisen, dass sie Probleme lösen kann. Das von nationalem Egoismus vieler Beteiligter geprägte Vorgehen beim Flüchtlingsthema zum Beispiel ist unerträglich. Die Union liefert zu viele Gründe, sie in Frage zu stellen. Sie ist schwerfällig, intransparent, unklar. Sie macht es ihren Gegnern manchmal auch zu einfach. Auch das gehört zur Wahrheit leider dazu. Die EU muss sich ändern, wenn sie eine Zukunft haben will.

Für Hessen bedeutet der Brexit zu allererst, dass die Fusion der Börsen von Frankfurt und London als gescheitert betrachtet werden muss. Die weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen sind noch nicht absehbar, aber es gibt viel Anlass zur Sorge. Dieses Beben wird auch an der deutschen Volkswirtschaft nicht spurlos vorbeigehen.“
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