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REGION Abzocke in der Kfz-Werkstatt

Fiese Masche: Wenn die Werkstatt schröpfen will

06.08.16 - Eines vorneweg: Die Redaktion von OSTHESSEN|NEWS hält nicht pauschal alle Kfz-Werkstätten und Automechaniker für Halsabschneider oder Pfuscher. Im Gegenteil, die meisten arbeiten vorbildlich. Hört man sich allerdings im Bekannten-oder Freundeskreis um, wird trotzdem schnell klar: Einige Autobesitzer sind bereits in der Vergangenheit ein- oder sogar mehrere Male bei der Kfz-Reparatur Betrügern aufgesessen und auch in der Region Osthessen sind Fehldiagnosen und überteuerte Rechnungen keine Einzelfälle.

Zwei Beispiele aus Fulda: Eigentlich sollte die Werkstatt einer großen Kette nur einen simplen Reifenwechsel erledigen. Doch dann wird der unbedarfte Kunde von den Kfz-Profis mit einer ganzen Reihe von Schwachstellen seines Wagens konfrontiert. Mit besorgtem Blick führt der Werkstatt-Mitarbeiter sein Opfer zur Hebebühne. Mit diesen Reifen zu fahren, wäre schon fast gefährlich, Flüssigkeiten müssten gewechselt werden und der Scheibenwischer hätte auch schon bessere Tage gesehen. Anklagend zeigt er in die Richtung der jeweiligen Teile. „Ihnen ist schon klar, dass das alles ausgetauscht werden muss?“

Eine junge Frau will ihren fünf Jahre alten Wagen vor einer längeren Urlaubsfahrt auf „Herz und Nieren“ überprüfen lassen. Auch sie wird in derselben Werkstatt vorstellig. Sie berichtet dem Mechaniker außerdem von einem plötzlich aufgetretenen Geräusch aus dem Motorraum. Ein Termin wird vereinbart, jedoch nicht auf die Kosten der Überprüfung hingewiesen. Klar, man könnte ahnen, dass die Werkstatt diesen Dienst nicht umsonst anbietet, die Frau allerdings weiß das nicht. Als sie Stunden später das Auto abholt, folgt die große Überraschung: Ob sie denn nicht beim Bremsen eine Veränderung bemerkt hätte? Das könne ja gar nicht sein! Die Frau wird unsicher, ist ihr doch so gar nichts aufgefallen. Sicher damit noch zu fahren, sei das definitiv nicht, sagt der Kfz-Profi.

Beispielfoto


Die Bremsbeläge müssten unbedingt ausgetauscht werden. Auf dem Zettel, welcher in einem signalfarbenen Klemmbrett steckt, hat der Mann weitere Mängel aufgelistet. Die Achsmanschetten sowie die Querlenkerbuchsen würden bald ihren Dienst aufgeben und erst diese Stabilisatoren! Der Kostenvoranschlag für alles zusammen ist nicht unerheblich. Was denn mit dem Geräusch aus dem Motorraum sei, fragt die Frau. Um diesem nachzugehen, sagt der Mechaniker nach einer bedeutungsschwangeren Pause, müsse sie einen neuen Termin ausmachen, die Überprüfung dafür würden weitere 25 Euro kosten. Die junge Autofahrerin ist bedient und wendet sich an insgesamt zwei weitere Werkstätten. In beiden Fällen lautet das Ergebnis gleich: Mit dem Auto ist alles in Ordnung.

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Danke auch. Fast jeder kennt es, das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Einfach diese Wehrlosigkeit, weil man nicht versteht, was die Mechaniker da machen. Aber handelt es sich hier um Einzelfälle? „Wohl kaum“, weiß der Obermeister der Fuldaer Kfz-Innung Thorsten Krämer, der selbst ein Autohaus betreibt. „Gerade diese Kette hat solche Art von Betrug mittlerweile zur Perfektion gebracht.“ Etwas auszutauschen oder zu verkaufen, was gar nicht ausgetauscht werden müsse, gehörten dort zum alltäglichen Geschäft. „Wir selbst haben vor einiger Zeit einen Werkstatttest durchgeführt und zehn Frauen unserer eigenen Mitarbeiter mit präparierten Autos dort zum Kostenvoranschlag geschickt. In allen zehn Fällen fielen diese deutlich höher aus, als notwendig gewesen wäre“, erzählt Krämer.

Undurchsichtiges Geschäftsgebaren, etwa durch das Kleingedruckte auf den Auftragszetteln, ließen die Kunden zusätzlich in eine Kostenfalle tappen. „Oder wussten Sie, dass Sie bei besagter Firma auf dem Auftragszettel gleich mitunterschreiben, dass auch wesentlich höhere Kosten entstehen könnten, als ursprünglich vereinbart?“ Schuld an der ganzen Misere hätten aber nicht die dort angestellten Mitarbeiter, meint Krämer. „Die Leute, die da arbeiten, bekommen monatlich ein Umsatzziel vorgelegt. Erfüllen Sie dies nicht, müssen sie Gehaltseinbußen befürchten.“

Um nicht an Abzocker zu geraten, rät der Fachmann, nur Werkstätten mit Innungsanschluss aufzusuchen. „Etwa 80 Prozent aller Kfz-Werkstätten im Landkreis sind bei uns Mitglied. Sie verpflichten sich damit, gewisse Regeln und Standards einzuhalten.“ Sei ein Kunde nach erfolgter Reparatur doch unzufrieden, stünde ihm der Gang zur hauseigenen Schiedsstelle zu. „Das ist für den Verbraucher völlig kostenlos, eine Jury von Fachleuten entscheidet dann, was getan werden soll.“ Bei etwa 140 Mitgliedsbetrieben würden bei der Schiedsstelle pro Jahr etwa fünf Fälle landen. „Und die gehen dann in der Regel nicht um fehlenden qualitativen Anspruch, sondern um Kommunikation, die falsch gelaufen ist.“

Freie oder Vertragswerkstatt, welche nun besser ist, kann Krämer pauschal nicht beantworten. Nur eines scheint ihm sicher: „Bei fast allen Werkstattketten herrscht ein enormer wirtschaftlicher Druck. Da geht der einzelne Kunde gerne mal unter. Bei uns ist das nicht der Fall, wir wollen ja, dass die Leute zufrieden sind und wiederkommen.“ (mr) +++


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