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In der Hand hält Feuermeister Hans Post den Fackelhalter, der beim diesjährigen Lullusfest gegen eine Nachbildung ausgetauscht wird. Am Montag, den 10. Oktober, um 12.00 Uhr, wird das Lullusfeuer im Jahr 2016 entzündet. -

BAD HERSFELD Hans POST war der erste Feuermeister

"Seit 90 Jahren Symbolfigur des Lullusfestes" - Tochter Hanne CARL erinnert sich

24.09.16 - „Enner, zwoon, drai, Bruuuuder Lolls“, so erschallt es alljährlich in Bad Hersfeld, nachdem der Bürgermeister um 12 Uhr am Montag der „Lollswoche“ das „Fierche“ entzündet hat. Es ist seit genau 90 Jahren der amtierende Feuermeister, der dem Bürgermeister die flammenspendende Fackel überreicht. Im Jahr 1926 fand der Vorschlag des Hersfelder Lehrers und Konrektors Wilhelm Neuhaus Gehör, mit einem Feuermeister aus der Handwerkerzunft das Bad Hersfelder Heimatfest mit einer Symbolfigur aufzuwerten.

Umgeben von ihren Lebenserinnerungen genießt Hanne Carl ihren Lebensabend. Sie ...Foto: Gudrun Schmidl

Die Wahl fiel einstimmig auf Hans Post. In einer feierlichen Zeremonie nahm der damals 27-Jährige den von der Hersfelder Schreinerinnung gestifteten Fackelhalter am 11. Oktober 1926 in Empfang. Vier Jahre später hatte er seine Meisterprüfung bestanden und war von nun an berechtigt, die Grabrede fürs „Fierche“ zu halten. Zunächst bis zur Einberufung zum Heeresdienst im Jahr 1941. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft übernahm er sein altes Amt von 1946 bis zum Jahr 1958 mit einer Unterbrechung im Jahr 1955, als seine geliebte Frau viel zu früh verstarb. Somit hat er diese ehrenvolle Aufgabe mehr als drei Jahrzehnte zur vollen Zufriedenheit der Bevölkerung und der Gäste erfüllt.

Hans Post, einer der bekanntesten und beliebtesten Hersfelder Bürger, als „Lokalpatriot besonderen Formats“ und als Ehrenbürger öffentlich gewürdigt, war aber auch Familienmensch. Ein liebevoller Ehemann, Vater und Opa. „Wenn ich an meinen Vater denke, über ihn spreche, meine Erinnerungen an ihn lebendig werden, will mein Herz mit mir tanzen“, versichert seine Tochter Hanne Carl. Für die inzwischen 87-jährige agile Seniorin ist ihr Vater noch immer Vorbild, dessen Lebensleistung nach ihren Worten „für mehrere Leben gereicht hätte“.

Das Lieblingsbild von Hanne Carl

Geboren wurde Hans Post am 30. Juli 1899 in Kerspenhausen. Er war zehn Jahre alt, als er mit seiner Familie nach Bad Hersfeld zog. Nach der Schulzeit in der Alten Klosterschule absolvierte er eine Banklehre. Hier fand er zwar nicht seine berufliche Lebensaufgabe, dafür aber „auf den ersten Blick“ die Liebe seines Lebens, als ihm seine Kollegin Lisa vorgestellt wurde. Der Wechsel zum Schneiderhandwerk, das er anschließend in dem in der neunten Generation betriebenen väterlichen Unternehmen erlernte, war für ihn der Tradition und seinem Pflichtgefühl geschuldet. Mit großem handwerklichem Geschick widmete er sich fortan der Maßschneiderei von Herren- und Damenoberbekleidung, stand mehrere Jahre als Obermeister an der Spitze seiner Innung und gab als Berufsschullehrer sein Fachwissen an den Schneidernachwuchs weiter.

Seine Feuermeisterkluft mit schwarzen Kniehosen, rotem Wams und einem schwarzen Barett als Kopfbedeckung entwarf er selbst. Sie wurde im eigenen Geschäft genäht. Das Hersfelder Wappen am schwarzen Cape applizierte seine Frau Lisa. Schwarze Lederschuhe, die er fünfzig Jahre lang als Feuermeister und Ehrenfeuermeister trug, komplettierten die Kluft. „Mein Vater hatte sehr kleine Füße, Schuhgröße 38“, weiß Hanne Carl noch ganz genau. Ihre Tochter Ulrike Prause ergänzt: „Es war die Aufgabe meiner Schwester Sabine, die Schuhe vor dem Lollsfest auf Hochglanz zu bringen“.

Original Handschrift von Feuermeister Hans Post, abgedruckt in der Festschrift 1160 ...

Als Feuermeister machte er sich ganzjährig Notizen von allen Geschehnissen im Städtchen. „Besonders vor Lolls hat er nächtelang am Schreibtisch gesessen und seine Verse geschmiedet - nie ohne Zigarette. Mein Vater war ein starker Raucher“, bekräftigt Hanne Carl. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans-Carl erlebte sie Jahr für Jahr die aufregende Zeit rund um das Lollsfest in ihrem Elternhaus in der Unteren Frauenstraße. Höhepunkt des Lullusfestes war für Hanne Carl der jährliche Besuch des Rummels an der Hand ihres Vaters. Er in Kluft, sie im roten Mäntelchen. „Er ging mit mir zu sämtlichen Schaustellern, schoss mir Blumen, hing mir ein Lebkuchenherz um den Hals und nach der aufregend-rasanten Fahrt in der Achterbahn band er mir einen roten Luftballon ums Handgelenk. Dass ihr Vater nie Lose kaufte, störte Hanne Carl nicht. „Mein Vater war das große Los. Er war der Inbegriff eines gütigen, toleranten, fleißigen und hilfsbereiten Menschen“.

Als erwachsene Frau zog Hanne Carl mit ihrem Mann, dem Architekten Helmut Carl, Sohn Klaus und den Töchtern Ulrike und Sabine zurück in ihr Elternhaus. „Hier bewirteten meine Eltern nach dem Festzug viele Freunde und Weggefährten, oftmals hat eine der Kapellen extra für uns gespielt“, erzählt Ulrike Prause. „Mein Opa als Symbolfigur des Lollsfestes war das Größte für mich. Ich war sehr stolz, wenn ich mit meiner Clique auf der Mauer der Klosterschule saß und mein Opa als Feuermeister den Festzug anführte“. In seinen letzten Lebensjahren bis zu seinem Tod im Jahr 1984 lebte „Opa Post“ gemeinsam mit seiner Familie unter einem Dach.

Er konnte bis dahin auf ein sehr erfülltes Leben zurückblicken. Beruflich fand er nach der unabwendbaren Schließung seiner Schneiderwerkstatt eine neue Aufgabe als Mitarbeiter der damals städtischen Kurverwaltung und widmete sich nach seiner Verrentung als Vorsitzender des Hersfelder Geschichtsvereins und als Direktor des städtischen Museums mit seinem umfangreichen Wissen in verstärktem Maße der Heimatgeschichte. Außerdem gehörte er der Vereinigung ehemaliger Klosterschüler, dem Hersfelder Wanderverein und der Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine an.

Hans Post lebte als Autodidakt zeitlebens seine Leidenschaft für das Malen, Zeichnen und Fotografieren aus, denn er war nachweislich mit einer künstlerischen Ader gesegnet. Seinen umfangreichen Nachlass hütet die Familie wie einen Schatz. Schon in seiner Schulzeit hat er Theater gespielt und bei den Hersfelder Heimatspielen 1928 in der Stiftsruine schlüpfte er in der „Vitalisnacht“ in die Rolle des „Herrn Rechberg“, erzählt Hanne Carl voller Stolz auf ihren Vater, der beim diesjährigen Lullusfest – von den „Herschfellern“ liebevoll Lollsfest genannt – als erster Feuermeister und der mit den meisten Dienstjahren in aller Munde sein wird. Zum einen wird der Festzug unter das Motto: „90 Jahre Feuermeister“ gestellt. Nach 90 Jahren wird außerdem der originale und seit 1926 genutzte Fackelhalter durch eine Nachbildung ersetzt.

Das Originalgerät wird seinen Platz im Heimatmuseum im Stift finden. Die Feuermeisterkluft übergab Hanne Carl schon vor langer Zeit in die Obhut des städtischen Heimatmuseums. Dazu gehören auch die schwarzen Schuhe, in denen der Feuermeister mit den kleinen Füßen riesige Fußstapfen hinterlassen hat. (Gudrun Schmidl) +++


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