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Daniela Wagner (rechts), Vorstandssprecher der Fuldaer Grünen Ralf Zwengel und Geschäftsführerin Marion Neumeister. - Foto: privat

FULDA Im Gespräch

Interview mit Daniela Wagner, Landesvorsitzende der hessischen Grünen

18.10.16 - Interview mit Daniela Wagner, Landesvorsitzende der hessischen Grünen, die am Freitag aus Darmstadt zu einer Kreismitgliederversammlung der Fuldaer Grünen nach Fulda gekommen war. 

Frage: Frau Wagner, Sie sind jetzt Landesvorsitzende der hessischen Grünen und wollen wieder für den Bundestag kandidieren und zwar auf Platz Eins der hessischen Liste, also als hessische Spitzenkandidatin. Warum?
Wagner: Ich war ja schon mal im Bundestag und die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht. Meine besonderen Themen waren Wohnen, Bauen, Stadtentwicklung und Mobilität. An diese Themen würde ich gerne wieder anknüpfen.

Frage: Wohnungsbau ist ja angesichts der gestiegenen Nachfrage ein ganz besonders wichtiger Punkt. Wie stellen Sie sich dabei die politische Umsetzung vor?
Wagner: Eine ganz große Herausforderung ist der Neubau von bezahlbaren Wohnungen. Das wurde in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt. Bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum brauchen wir auch weiterhin - trotz Föderalismusreform und inhaltlicher Ausgestaltung durch die Bundesländer - Bundesmittel in erheblicher Höhe, denn zur ohnehin schon lange bestehenden Situation eines Mangels an bezahlbarem Wohnraum kommt inzwischen die Integration von geflüchteten Menschen, anerkannten Asylberechtigten, die aus den Erstaufahme-Einrichtungen heraus und in regulären Wohnraum ziehen wollen und müssen. Bei Neubauten wollen wir aber darauf achten, möglichst wenig Fläche zu versiegeln, genügend Grünflächen schaffen oder auch erhalten, um das Stadtklima zu verbessern und der Aufheizung in den Städten entgegen zu wirken.

Frage: Aber Sanierungsmaßnahmen sind doch auch ein großes Thema beim Klimaschutz, denn besonders viel Energie wird ja in Deutschland zum Heizen gebraucht?
Wagner: Ja, ganz besonders. Dabei setzen wir Grüne auf Sanierung mit ökologisch unbedenklichen Baustoffen und nicht z.B. mit Polystyrol. Wir wollen die Förderung der energetischen Gebäudesanierung so strukturieren, dass der Einsatz von ökologischen Baustoffen wirtschaftlicher wird. Dann steigt vielleicht auch endlich die Sanierungsrate von bislang jährlich einem auf die dringend erforderlichen 3 Prozent an. Eine behutsame Nachverdichtung im Bestand, z.B. im Zuge von Sanierungsmaßnahmen kann dabei beides verbessern: das Stadtklima und die Wohnraumversorgung.

Frage: Frau Wagner, ein anderes Ihrer Themen ist der Verkehr und die Mobilität. Was wollen Sie da erreichen?
Wagner: Da sehen wir Grüne auch ganz großen Handlungsbedarf und vor allem auch Nachholbedarf. Die jahrzehntelange einseitige Infrastrukturentwicklung zugunsten des motorisierten Individualverkehrs und das Leitbild der autogerechten Stadt haben dazu geführt, dass die öffentlichen Verkehrsträger vernachlässigt wurden. Immer mehr und vor allem immer größere Autos auf unseren Straßen, steuerliche Subventionen, die SUV und Dieselfahrzeuge preiswerter machen als sie sein dürften, führen dazu, dass die Allgemeinheit den hohen Dieselanteil in unserer Fahrzeugflotte und den damit einhergehenden Feinstaub-Ausstoß sogar mitfinanziert.

Frage: Und wie wollen Sie da umsteuern?
Wagner: Wenn wir Inlandsflüge ersetzen und Gütertransporte von der Straße auf die Schiene verlagern wollen, brauchen wir zu allererst hoch leistungsfähige Schienenstrecken. Und das sowohl im Fern-, als auch im Regionalverkehr. In Hessen gestalten wir aktuell ein behutsames Umsteuern unter der Maßgabe Sanierung vor Neubau von Straßen und gleichzeitig Stärkung, Ausbau und Ertüchtigung öffentlicher Verkehrsmittel. Diese Verkehrswende braucht es endlich auch im Bund. Wir brauchen z.B. auch ein Tempo-Limit wie in allen anderen europäischen Ländern und den USA. Damit könnte der Verkehrsfluss verbessert werden, wodurch Emissionen sinken und die Verkehrssicherheit erhöht wird.

Frage: Bei der Kreismitgliederversammlung wurden ja auch die Anträge zum Parteitag besprochen. Da gibt es ja auch etwas zu den Verbrennungsmotoren, was schon jetzt zu Diskussionen geführt hat.
Wagner: Ja, da ist mir der Antrag etwas zu radikal. Ich denke, wir brauchen einen schrittweisen Ausstieg aus der Verbrennungstechnik und gleichzeitig einen Ausbau der Infrastruktur für komfortable E-Mobilität. Dadurch wollen die GRÜNEN die miserable Luft, insbesondere in unseren Großstädten, spürbar verbessern. Mit einer blauen Plakette (Euro 6) und entsprechenden Übergangsregelungen für gewerbliche Fahrzeuge, wäre eine schnellere Absenkung des Gehalts an Feinstaub und anderen Luftschadstoffen möglich. Ich wünsche mir auch ausreichend lange Übergangsfristen, weil ich Gewerbetreibende und private PKW-Nutzer*innen nicht überfordern möchte. In Schritten hätte auch die Fahrzeug-Industrie ausreichend Zeit, ihre Investitionsentscheidungen umzulenken und eine neue Fahrzeuggeneration an den Start zu bringen. Das Umsteuern ist schwierig, teuer und mit vielen Diskussionen verbunden - aber unvermeidlich.

Frage: Es gab ja schon mal einen radikalen Parteitagsbeschluss auf diesem Gebiet, der forderte, dass 1 Liter Benzin, 5 Mark kosten müsse....?
Wagner: (lacht) Ja, aber ich glaube wir müssen versuchen, komplexe Sachverhalte rüberzubringen. Das ist schwierig in Zeiten, wo durch AfD und Pegida populistische, kurze und meist falsche Formulierungen Konjunktur haben. Es ist auch schwierig in Zeiten, wo jede Veränderung, sei sie auch noch so notwendig, mit großem Misstrauen betrachtet wird, weil viele Menschen schnell denken, es gehe nur darum, ihnen etwas wegzunehmen. Deshalb müssen wir umsichtig und vertrauensbildend agieren."+++


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