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Sie alle haben sich intensiv mit dem ausgewählten Buch befasst. Landrat Dr. Michael Koch, Christa von Baumbach, Amtsgerichtsdirektorin Michaela Kilian-Bock, Dekan Dr. Frank Hofmann, Moderatorin Sandra Kegel, Iris Plass-Geißler, Susanne Bettenhausen, Initiator Dr. Thomas Handke, Hannelore Preiß, Alexandra Pudwil, Reinhard E. Matthäi, Koordinatorin Sandra Rudolph und Stadträtin Antje Fey-Spengler (von links). -

BAD HERSFELD .... liest ein Buch

Terror von Ferdinand von Schirach: zwei Juristen, drei Meinungen

26.11.16 - Das 15. Kapitel der Bad Hersfelder Leseaktion wurde am Donnerstag geschlossen. Stadträtin Antje Fey-Spengler begrüßte die zahlreich anwesenden Literaturfreunde in der Stadthalle zur Abschlussveranstaltung und fand lobende Worte für die Jury, die mit dem Buch „Terror“ von Ferdinand von Schirach eine kluge Entscheidung getroffen hat. Knapp drei Wochen lang wurde in 17 Veranstaltungen das Buch gelesen und kontrovers diskutiert. Die Literaturaktion begann mit der Auftaktveranstaltung am Samstag, 5.11., in der City-Galerie, fand in Literaturgottesdiensten Beachtung, profitierte von einer Schaufensterlesung in der Hoehlschen Buchhandlung, machte Station im Buchcafé und vielen weiteren Lokalitäten. Wie in jedem Jahr sind es die Vorleser, die durch ihr Engagement sehr zum Gelingen der Aktion beitragen. Bemerkenswert war vor allem die Lesung im Bad Hersfelder Amtsgericht, denn dort wird Recht gesprochen wie auch in dem ausgewählten Buch.

Fotos: Gudrun Schmidl

Auf der Anklagebank sitzt der Eurofighter-Pilot Lars Koch, der entgegen der Anweisung seiner Vorgesetzten eine Lufthansa-Maschine abgeschossen hat, die in der Gewalt von Terroristen Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena bei München genommen hat. Die 164 Insassen dieser Maschine werden getötet – die 70.000 im Stadion werden jedoch durch den Abschuss alle überleben. Wird Lars Koch diese Entscheidung vor Gericht rechtfertigen können? Michaela Kilian-Bock, Direktorin des Amtsgerichts Bad Hersfeld, Landrat Dr. Michael Koch und Dr. Frank Hofmann, Dekan des Kirchenkreises Bad Hersfeld, stellten sich in zwei Gesprächsrunden den Fragen von Moderatorin Sandra Kegel, die zudem als freie Journalistin für die FAZ arbeitet.

„Dürfen wir Unschuldige töten, um andere Unschuldige zu retten?“ lautet die Kernfrage. „In diesem Fall ist man als Richterin gefordert, den Einzelfall zu prüfen“, erklärt Michaela Kilian-Bock und verweist auf den „übergesetzlichen Notstand“, der nicht im Gesetz steht. „Ich persönlich tendiere zum Freispruch“, legt sie sich fest. Landrat Dr. Michael Koch, der selbst Jurist ist, hält Lars Koch dagegen für schuldig. „Der Pilot hatte den Auftrag, nicht zu schießen. Ich möchte nicht, dass es Bundeswehrsoldaten besser wissen als die Vorgesetzten. Da sehe ich den Rechtsstaat in Gefahr“. Für Michaela Kilian-Bock nachvollziehbar, gilt doch der Spruch: „Zwei Juristen, drei Meinungen“. Vorleser Reinhard E. Matthäi, der in der zweiten Gesprächsrunde dabei war, hat sich bei der Abstimmung enthalten. Er sieht in Lars Koch ein Bauernopfer, denn seiner Ansicht nach haben die Vorgesetzten fest damit gerechnet, dass er schießen würde und haben es so laufen lassen“. Dekan Dr. Frank Hofmann erhob moralisch seine Stimme mit großem juristischem Hintergrundwissen.

Während der Literaturaktion konnten die interessierten Bad Hersfelder Bürgerinnen und Bürger ihr Urteil als Laienrichter fällen.40 % sprachen Lars Koch schuldig, 60 % entschieden sich für nicht schuldig. Damit stimmen die Bad Hersfelder mit den gefällten „Schuldsprüchen“ der Laienrichter im In- und Ausland überein.

Eine weitere Rollenlesung mit Reinhardt E. Matthäi, Alexandra Pudwil, Hannelore Preiß, Iris Plass-Geißler, Christa von Baumbach und Susanne Bettenhausen widmete sich in Gedanken an schreckliche terroristische Anschläge den Fragen, wie wir künftig leben wollen, ob man in Zeiten wie diesen sich für die Freiheit oder für die Sicherheit entscheiden muss. Hierzu ein Zitat von Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren“. Abschließende Antworten gibt es nicht. Dieses Buch bot jedoch die Plattform, sich mit dem Rechtsstaat, der Offenheit der Gesellschaft und den Herausforderungen unserer Zeit auseinanderzusetzen. Ihre möglichen Antworten auf diese Fragen haben auch Schülerinnen und Schüler der Konrad-Duden-Schule, der Gesamtschule Geistal, der Gesamtschule Obersberg und der Modellschule Obersberg gesucht und in aufwändigen Projekten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die musikalische Umrahmung der Abschlussveranstaltung übernahmen Helgo Hahn und Andreas Winter. (Gudrun Schmidl) +++


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