Leiter der Beruflichen Schulen Bebra wird in den Ruhestand verabschiedet

24.01.17 - Wolfgang Haas, der kommenden Donnerstag in den Ruhestand verabschiedet wird, hatte noch keine Zeit, sein Schulleiterbüro auszuräumen. Das Bild an der Wand hinter dem Schreibtisch, das einen Drahtseilakt zeigt, begleitet ihn sichtbar und in Gedanken von dem Tag an, als er vor 16 Jahren das Büro bezogen hat. Das Bild zeigt auf der einen Seite eine Kugel, auf der ein Mann balanciert. Er bemüht sich um Gleichgewicht mit Dreien auf der anderen Seite. Gleichgewicht herzustellen hat sich der 65-jährige als Schulleiter der Beruflichen Schulen des Landkreises Hersfeld-Rotenburg in Bebra zur Aufgabe gemacht.

Wolfgang Haas schaut zufrieden zurück. Es ist es ihm gelungen, die Schule in der Region fest zu verankern. Die Schule genießt einen guten Ruf und ist repräsentabel. Der Neubau des Beruflichen Gymnasiums und großer Aula ist aufgrund seiner außergewöhnlichen Optik mit den schrägen grünen Säulen ein Aushängeschild für die Schule und ein Blickfang für Bebra. Grün ist die Farbe der Schule, aufbauend auf dem Logo, das sich in einem Wettbewerb innerhalb der Schülerschaft aus der Fachoberschule Gestaltung durchsetzen konnte. Mit der Einbindung dieser Fachoberschule hat die Kunst Einzug in die Beruflichen Schulen gehalten und sich damit von anderen Berufsschulen positiv abgesetzt. Drei Bilder der FOS-Schüler hängen ebenfalls im Büro des scheidenden Schulleiters.

Haas bekräftigt, dass er Sachen angestoßen, Strategien gehabt und Visionen entwickelt und diese in enger Zusammenarbeit mit seinem Stellvertreter Reiner Marth und unter Einbindung eines guten Teams umgesetzt hat. Viele Projektideen wie die MINT-freundliche Schule, Umweltschule oder Gesundheitsfördernde Schule kamen aus dem Kollegium. „Diese habe ich unterstützt und positiv begleitet“. Neben einem guten Team war weitere Unterstützung der politischen Gremien hilfreich, um das von ihm initiierte Berufliche Gymnasium (BG) zu installieren. Damit sind die Beruflichen Schulen kreisweit bekannt geworden. Heute besuchen genau 300 Schüler aus dem ganzen Kreis das BG.
Der Ausbau der Landesfachklassen, in denen inzwischen 500 Schüler aus ganz Hessen und Deutschland in Bebra unterrichtet werden, gehört zu der Erfolgsbilanz von Schulleiter Wolfgang Haas. Ebenso der neue kaufmännische Trakt und die Ausstattung der Werkstatt für über 500.000 Euro mit moderner EDV, Robotern und vielem mehr.

Ungewöhnlich, aber für Wolfgang Haas immer selbstverständlich, war und ist seine ständige Gesprächsbereitschaft, nach außen verdeutlicht durch die immer offen stehende Bürotür. Offen für die Lehrerschaft, die Eltern und natürlich für die Schüler, die er immer ernst nahm. „Kein Schüler sollte bei mir das Gefühl haben, eine Nummer zu sein, sondern spüren, dass da einer ist, der ihn annimmt und ihm helfen will, weiterzukommen“. Das pädagogische Geschick allein reicht allerdings nicht, ein guter Lehrer zu sein. „An erster Stelle steht die Fachkompetenz“, berichtet Wolfgang Haas aus seinem Erfahrungsschatz und fügt an: „Die Schüler von heute sind nicht besser, aber auch nicht schlechter als vor 40 Jahren. Allerdings sind sie strebsamer geworden, es wird immer mehr Wert auf einen guten Abschluss gelegt“.

Wolfgang Haas ist im Hochsauerlandkreis aufgewachsen. Er hat zunächst Werkzeugmechaniker gelernt, danach in Meschede an der Gesamthochschule Paderborn Maschinenbau studiert und 1974 abgeschlossen. Es folgte ein Aufbaustudium zum Berufsschullehrer an der damaligen Gesamthochschule Kassel, wo er Mathematik und Berufspädagogik studierte. Sein Referendariat absolvierte er in Fulda und an den Beruflichen Schulen in Bebra, wo er seit dem 1. August 1977 ununterbrochen tätig ist und seine 2. Staatsprüfung abgelegt hat. „Das war schon damals eine tolle Schule“, sagt Haas, der seine Entscheidung, in den Schuldienst zu gehen, nie bereut hat. Vor seiner Ernennung zum Schulleiter war er von 1998 bis 2001 Fachleiter im Studienseminar, dann löste er Friedrich Heßler in der Schulleitung ab.

„Ruhestand kann ich mir nicht vorstellen“, gibt Wolfgang Haas freimütig zu, will die Herausforderung aber annehmen. Die Kommunikation als Schulleiter wird er vermissen, dafür freut er sich auf Freiräume, die entstehen. Als begeisterter Koch will er seine Frau Claudia, die als Lehrerin an der Bad Hersfelder Linggschule tätig ist, täglich kulinarisch verwöhnen, für die Arbeit im Weinberg bei Rotenburg ist jetzt auch mehr Zeit. Als 2. Vorsitzender des Fördervereins der Schule will er sich weiterhin einbringen und Zubra, die Zusammenarbeit Bebra, Rotenburg, Alheim, darf sich auf seine weitere Mitwirkung freuen. Überhaupt fühlt er sich der Stadt Bebra sehr verbunden. „Die Stadt Bebra hat wie ein Mann hinter unserer Schule und unseren Aktionen gestanden“, bedankt er sich.

Angestoßen hat er schon ein neues, sein eigenes Projekt. Er hat sich einen alten, aber fahrbereiten Traktor gekauft, den er hegen und pflegen will. „Ein neues Hobby will ich mir nicht suchen, nur weil ich jetzt im Ruhestand bin“, sagt Wolfgang Haas, der sowieso vielseitig interessiert ist, seinen beiden erwachsenen Kindern Christian und Martina bei Bedarf seine tatkräftige Hilfe anbieten wird und mehr Tennis spielen will.
Außerdem ist er in den TSV Bebra eingetreten und nimmt am Sport der Gruppe Senioren 50+ teil.

Anfang Februar steht wieder Hausschlachtung im Hause Haas in Bad Hersfeld auf dem Programm. Die gelieferte portionierte Schweinehälfte verarbeitet der dann frisch gekürte Ruheständler wie immer selbst zu Leberwurst, Weckewerk und Ahler Worscht. Mit vorhandenen Wurstspezialitäten aus der eigenen Küche wird er das Buffet zu seiner Verabschiedungsfeier bereichern. Langeweile im Ruhestand ist bei Wolfgang Haas definitiv ausgeschlossen. Bleibt ihm nur noch eines zu wünschen: immer schön im Gleichgewicht zu bleiben. (Gudrun Schmidl) +++