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Raúl Krauthausen ist Inklusionsaktivist und sitzt von Geburt an im Rollstuhl - Fotos: Martin Engel

FULDA Lesung des Inklusionsaktivisten

Raúl Krauthausen inspiriert mit grenzenlosem Lebensmut

15.03.17 - Auf den ersten Blick wirkt Raúl Krauthausen klein und unscheinbar. Doch schon nach wenigen Momenten wird deutlich: der 36-Jährige beweist wahre Größe. Krauthausen, der an der Glasknochenkrankheit leidet, war am Dienstagabend in der Bar des Hotel Platzhirschs in Fulda zu Gast und las aus seinem Buch „Dachdecker wollte ich eh nicht werden“ vor. Mit seiner „Berliner Schnauze“, wie der 36-Jährige selbst sagt, verdeutlichte er über 60 Zuhörern, wie er im Laufe der Zeit lernte, mit seiner Behinderung umzugehen.

Das Thema Behinderung ist nicht immer einfach. Doch statt sich zurückzuziehen und das Leben an sich vorbeiziehen zu lassen, ist Raúl Krauthausen ein lebensfroher und lustiger Mensch. Voller Freude begrüßte er am Dienstagabend die zahlreichen Gäste im Hotel Platzhirsch. „Ich hasse und liebe das Buch zugleich“, gab der 36-Jährige zu. Eigentlich wollte er nie ein Buch schreiben. Doch im Alter von 27 Jahren fing der Berliner an, sich bewusst mit dem Thema Behinderung auseinanderzusetzen. „Ich wollte nie jemandem zur Last fallen und normal sein.“ Krauthausen studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation. Als er vor seinem Diplom stand, habe er ein Engelchen und ein Teufelchen auf der Schulter sitzen gehabt. Ihm sei bewusst geworden, dass er vor etwas weglaufe und widmete aus diesem Grund seine Diplomarbeit dem Thema „Der Umgang mit Menschen mit Behinderung im Fernsehen“.

Über 60 Menschen waren zu seiner Lesung gekommen

Mit seiner "Berliner Schnauze" sorgte er immer wieder für Lacher

Kurz darauf sei der Rowohlt Verlag auf den 36-Jährigen zugekommen. „Die wollten, dass ich eine Biografie über mich schreibe. Dabei hatte ich nicht vor, morgen zu sterben“, spaßte Krauthausen. Er habe nicht das Gefühl gehabt,  genug erzählen zu können. Doch gemeinsam mit seiner Co-Autorin Marion Appelt ist der Berliner die Herausforderung angegangen: „Sie hat mich ein Jahr lang interviewt, war wie mein Schatten.“ Diese Zeit sei für ihn sogar wie eine „unprofessionelle Gesprächstherapie“ gewesen: „Inzwischen bin ich in vielen Punkten mit mir im Reinen, wo ich früher niemals die Kiste aufmachen wollte.“

Das Buch verdeutlicht, wie Krauthausen gelernt hat, mit seiner Behinderung umzugehen. „Ich wollte vermeiden eine Art Lebensratgeber zu schreiben.“ „Dachdecker wollte ich eh nicht werden“ sei ein ehrliches Buch, welches die Leser auch mit Fragen zurücklassen könne. „Es ist schroff geschrieben. Mit meiner Berliner Schnauze, aber nicht zu dreckig, sondern einfach so wie ich bin.“

Hanns-Uwe Theele von der IG Barrierefreies Fulda

Ganz locker las Krauthausen aus dem Buch vor. Das bewegende Kapitel „SMS wegen gestern Nacht“ sorgte bei vielen Zuhörern für Staunen. Der 36-Jährige geht ganz offen mit dem Thema Behinderung und Sexualität um. Amüsant beschreibt der Berliner, wie er das erste Mal einen Schritt in eine Beziehung wagte und diese an den ungläubigen Blicken der Gesellschaft zerbrach. Dennoch habe seine erste Liebe ihm gezeigt, dass auch Menschen mit einer Behinderung eine ganz normale Beziehung führen könne. „Durch sie habe ich gelernt, dass ich geliebt werden kann“, sagte Krauthausen. Auch wenn das Kapitel ein trauriges Ende hat, munterte der 36-Jährige die Zuhörer gleich wieder auf: Denn derzeit ist er in einer glücklichen Beziehung, die ihm viel Kraft gibt.

„Ich habe mich unglaublich auf heute Abend gefreut“, sagte Hanns-Uwe Theele, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Barrierefreies Fulda, die Veranstalter der Lesung war. Genau wie viele andere Zuhörer ließ sich Theele von dem Autor, Moderator und Inklusionsaktivist Krauthausen inspirieren. (Julissa Bär) +++


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