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Fundiert und kenntnisreich informierte Silvia Hillenbrand über Tradition und Historie des Salons -

FULDA Spannender Vortrag

Silvia Hillenbrand referierte über die Historie der Salonkultur

01.05.17 - In einem fundierten historischen Vortrag im antoniusladen am Severiberg referierte die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete und Bürgermeisterin von Großenlüder, Silvia Hillenbrand für die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) über die Ursprünge und die Tradition der Salonkultur. Die Wurzeln der Salonkultur liegen wahrscheinlich in der Antike. Es waren gesellschaftlichen Veranstaltungen, die aber dem männlichen Geschlecht vorbehalten waren. Erst das ritterliche Mittelalter räumte den Frauen eine kulturelle Rolle im gesellschaftlichen Leben ein. Das Ansehen der Frauen nahm im 11. Jahrh. zu. Das hatte praktische Gründe: die Männer waren auf Kreuzzügen und die Frauen hatten das Verfügungsrecht über den gemeinsamen Besitz.

Links: ASF Vorsitzende Monika Örtel

Die Geschichte der Salons reicht von der Renaissance bis in die Zeit der Romantik. Nach Deutschland kamen die Salons im 18. Jahrh, und sie waren Orte bürgerlicher Geselligkeit. Im 20. Jahrhundert „starben“ sie aus. Die ASF stelle sich ja heute die Frage, ob man den Salon (wie immer man ihn dann nennt) heute etwas zeitgemäßer wieder beleben könne.

Reges Interesse bei den ASF-Mitgliedern

Die bedeutendsten Salons waren die französischen Salons in der Epoche der Aufklärung. Diese Epoche war geprägt durch die Bewegung der Säkularisierung (Trennung von Kirche und Staat) und der Abkehr von der absolutistischen hin zur demokratischen Staatsauffassung. Die Aufklärung war ganz klar eine Bewegung des aufstrebenden Bürgertums, das aufgrund der bisher bestehenden Ständeordnung am politischen Gestaltungsprozess nicht teilhaben durfte. Und so hatten die Salons, vor allem die franz. Salons, eine große gesellschaftspolitische Bedeutung.

SPD-MdB Birgit Kömpel, Amelie Krein, die die Idee hatte) und MdLSabine Waschke. ...

Es ist davon auszugehen, dass die Damen, die einen Salon begründeten (Saloniére), hoch kultiviert waren und dass sie eine umfassende Bildung besaßen. Um einen Salon eröffnen zu können, mussten die räumlichen Gegebenheiten vorhanden sein. Das heißt, es brauchte ein großes Haus, wie es im Bürgertum in der Vergangenheit nicht vorhanden war, sondern höchstens beim Adel in den Stadtpalästen. Weiterhin bedurfte es einer „einladenden“ Person. Da die Männer meistens mit ihren Geschäften im bürgerlich-wirtschaftlichen Sinne oder im Hof- und diplomatischen Dienst beschäftigt waren, fiel diese Rolle - wie auch in der Vergangenheit - den Frauen zu. Eine Frau, die einen Salon eröffnen wollte, bedurfte also des wirtschaftlichen Rückhalts ihres Mannes, der ihr auch ein Leben mit viel Freizeit ermöglichte. Diese Frauen sorgten dann allerdings mit ihren Salons für ein besseres Ansehen ihrer Männer.

Man darf aber ruhig feststellen, dass die Salonkultur von den Frauen aus Bildungshunger entwickelt wurde. Sie durften nicht auf ein Gymnasium oder auf die Universitäten gehen. Also schafften sich die Frauen mit ihren Salons eigene Freiräume des Denkens. Sie konnten sich mit anderen austauschen. Das führte dann oft zu einer Bewusstseinsänderung. Somit war die Salonkultur stets ein Merkmal für zukunftsweisende Systeme.

Die Frauen schufen nicht nur diese Freiräume, sondern sie übten mit ihren Salons Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung und prägten dadurch ihre jeweilige Zeit. Sie waren anspornend, vermittelnd und ausgleichend im kulturellen und im soziologischen Bereich. Sie schufen damit eine „weibliche Kultur“, die aufs engste mit dem Gedanken der europäischen Einheit verbunden war. Es waren Kristallisationspunkte eines veränderten Bewusstseins. Vor allem fanden die Begegnungen jenseits ständischer Unterschiede statt. Sie förderten die weibliche Emanzipation jenseits der gesellschaftlichen Normen und Systeme.

In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wuchsen die Stätten der Geselligkeit, wo man über die gelehrten Fragen diskutierte, Literatur las und musizierte. Dies waren die Halbgelehrten, die die späteren Salons vorwegnahmen und die sich als Gegenpol zu den Universitäten und zu den Höfen verstanden. Bislang sprach man von der „Republik der Gelehrten“.

Mit der Zeit verlor sich der bestehende Kontrast zwischen der Kultur der Höfe und der Gelehrten, es kam zu einer Annäherung. Das höfische Publikum traf sich mit den Repräsentanten des Geistes und der Kunst. Es gab Beziehungen zwischen Mitgliedern des Adels, Angehörigen des Bürgertums, Vertretern des intellektuellen und künstlerischen Milieus und zuletzt auch, im 18. Und 19. Jahrhundert, des Klerus.

Der Salon war ein kulturhistorisches Phänomen ohne feste allgemeine verbindliche Definitionen. Es gab sie in fast allen Ländern Europas. Wenn es schon keine verbindliche Definition gibt, so gab es doch einige Merkmale:
• Eine zweckfreie, zwanglose Geselligkeitsform, deren Kristallisationspunkt eine Frau ist.
• Gäste finden sich regelmäßig zu einem Jour fixe und pflegen freundschaftlichen Umgang.
• Gäste gehören verschiedenen Gesellschaftsschichten und Lebenskreisen an.
• Verbindendes Element: Konversation über literarische, philosophische oder politische Themen.
• Die Grundlage der Salonkultur bilden das Genie des Sprechers, das Vergnügen und die Schlagfertigkeit des Hörers sowie die Komplexität der Anspielungen.
• Die Gäste bildeten oft eine festgefügte Gruppe, die von Salon zu Salon wanderte

Damen, die einen Salon betrieben, luden zwischen 18 und 20 Uhr zum Gespräch ein. Man ging dann zum Souper woanders hin und später zu den Abendstunden wechselte man wieder. Oder man wechselte an den Wochentagen. Räumlichkeiten wurden mittlerweile sekundär, denn es gab neben den Palais auch die Salons in den Dachsstuben. Entscheidend war das Gespräch und die uneingeschränkten zeitlichen Möglichkeiten. Diese uneingeschränkte Zeit zu haben, bzw. sie nicht mehr zu haben, war ein Grund für das Aussterben der Salons im 20. Jahrhundert. 

Die Saloniére als Gastgeber waren der maßgebende Mittelpunkt der Gesellschaft. Dem patriarchalischen Prinzip der Hofgesellschaft stand eine matriarchalische Mitte gegenüber. Dadurch wurde der Freiraum gebildet. Er wurde von den Frauen getragen und setzte sich radikal von den kulturellen Institutionen der Männergesellschaften ab.

Der 1. Salon in der europ. Kulturgeschichte entstand 1610 in Frankreich, von der Aristokratin „Catherine de Vivonne, später Marquise de Rambouillet“ (Tochter des franz. Gesandten in Rom und einer ital. Patrizierin 1588 – 1665). Marquise de Rambouillet wurde schon mit 12 Jahren verheiratet und sie hatte den Mut, die Räume vollständig umzubauen. So schaffte sie Säle, die nur der Repräsentation dienten. Das von ihr geschaffene „blaue Zimmer“, ein mit blauem Samt bezogener Raum, wurde kurz nach dem Tod von Heinrich IV (1610) zum erlesenen Mittelpunkt der Pariser Gesellschaft.

Das Wort „Salon“ meinte ursprünglich einen Raum, z.B. einen Empfangssaal im Schloss. Später benutzte man den Begriff „Salon“ als Brücke zu Kunst, Literatur und weiterem. Eine der Damen, die den Begriff „Salon“ im Sinne des Konversationssalons erst 1807 gebrauchte, war Madame de Stails (1766 – 1817). Ihr bekannter Roman „Corinne oder Italien“, 1807, der eine Personifizierung der modernen Idealfrau zum Inhalt hatte, bracht Weltruhm ein und rief gleichzeitig Napoleons Empörung hervor. Madame de Stael war unbestritten eine der wichtigen Salonieren und eine weitere große europäische Frauengestalt der fanz. Kulturgeschichte (1766-1817) Louise – Germaine Necker, später Madame de Stael, führte das geistige Erbe des 18. Jahrhunderts der Französischen Revolution fort und bahnte zugleich den bedeutenden literarischen und politischen Bewegungen des 19. Jahrh. einen Weg. Sie verkörperte wie keine andere die aufgeklärte, universal gebildete und zugleich kühn-romantische Frau. Sie vereinte die rationale und die Gefühlsebene miteinander. Madame des Stael war die Geliebte des Schriftstellers Benjamin Constant und eine erbitterte Feindin Napoleons. Eine fast schon widersprüchliche Gestalt, die von sich selber sagte: „Ich bin ein Mensch, mit dem man ebenso wenig leben kann, wie ohne ihn“. Mit 20 Jahren heiratete sie den schwedischen Gesandten Baron des Stael-Holstein, ohne dass sie ihn liebte. Es war standesgemäß. Nicht zuletzt deshalb hatte sie neben ihrer Salontätigkeit jede Menge Affären.

In ihrem Salon mischten sich monarchistische Tendenzen mit jungen demokratischen Talenten. Da sie eine Anhängerin des franz. Königshauses war und sich für die Rettung Ludwig des XVI und Marie Antoinettes einsetzte, musste sie ins Exil, von wo sie 1801 nach Paris zurückkehrte. Sie gründete einen neuen Salon und nutzte ihn auch, um den selbstherrlichen Größenwahn Napoleons zu hinterfragen. Dadurch wurde sie erneut des Landes verwiesen und kam nach Deutschland, nach Berlin. Die jüdischen Salons nahmen die Wortmächtige mit Begeisterung auf.

Auch in Deutschland begann das Hinübergleiten vom literarischen zum politischen Salon, der in der 2. Hälfte des 19. Jahrh. an Bedeutung gewann. Auch in Paris, also in der Wiege der Salongeselligkeiten, ließ sich eine ähnliche Entwicklung beobachten. Als ab 1852 ein allgemeiner wirtschaftl. Aufschwung sowohl im industriellen als auch im landwirtschaftl. Bereich einsetzte, ließen die gesellschaftl. Folgen nicht auf sich warten. Unter anderem meldete sich ein neue Gruppe zu Wort, die nach gesellschaftlichen Freiräumen suchte: die Frauenrechtlerinnen, die sogenannten Suffragetten. Die literarischen Salons machten im ausgehenden 19. Jahrh. immer mehr den politischen Salons Platz.

Stift Wallenstein

Gräfin Maria Amalia von Schlitz, genannt von Görtz, geborene von Wallenstein (1691 – 1762) war dieletzte der hessischen, ursprünglich auf der Burg Wallenstein im Knüll ansässigen Wallenstein. Sie stiftete 1759 in ihrem Testament das Stift Wallenstein in Homberg als Versorgungsreinrichtung für gräfliche und adelige Frauen „beider Konfessionen“ (lutherisch und reformiert). Kaiser Franz I bestätigte 1783 die Stiftung. Das Stift wurde 1830 nach Fulda verlegt, da das in Homberg zur Verfügung stehende Gebäude zu klein war. Das Stift erwarb 1832 das 1732 von Baumeister Andrea Gallasini im Barockviertel zwischen Dom und Schloss errichtete Palais Buseck. 

Das Stift war:
• Zentrum der 1803 vom kurzzeitigen Landesherrn Wilhem Friedrich von Oranien 1803 gegründete evang. Kirchengemeinde, weil der Gemeinde bis zum Bau der Christuskirche (1896) keine eigenen Räume zur Verfügung standen.
• Es entstand auf Inititiative der Stiftsdamen 1887 auf dem Gelände eine „Kleinkinderbewahranstalt“, ein Vorläufer des Evang. Kindergartens der Christuskirche.
• 1897 wurde eine Diakonissenstation auf ihrem Gelände errichtet.
• Auch der Kirchenchor übte in den Räumen des Stiftes.
Jahrzehntelang trafen sich dort im Rahmen des Deutschen Frauen Missions Gebets Bundes (DFMGB) evang. Frauen bei der Äbtissin Thekla von Holleben. (1876 – 1959)
Die letzte Äbtissin, Wilhelmine von Sandersleben, die seit 2005 in FD im Evang. Alten- und Pflegeheim Emmaus gelebt hatte, starb am 15.04.2010 im 90. Lebensjahr.


Das Ende der Salons

Überlegungen über das Aussterben der Salons hatte sich Franziska, genannt Fanny Lewald (1811 – 1889) gemacht. Sie betätigte sich als 34 jährige als Autorin und gründete einen künstlerischen und politischen Salon in Berlin. Ihre Geselligkeiten wurden zum Treffpunkt der Revolutionäre von 1848. Bei ihr konnte man die konträrsten Standpunkte unter großer Toleranz gegenseitig diskutieren. Themen wie die Frauenbewegung waren an der Tagesordnung.

Es gibt aber auch Beobachtungen seit Ende des 20. Jahrhunderts, dass der Salon eine Wiederbelebung erfährt. In vielen europäischen Metropolen wie Berlin, und anderen Städten entstehen erneut private Joures fixes, die literarische, philosophische, gesellschaftspolitische und/oder musikalische Themen beinhalten. Eigentlich erstaunlich, da man ja in Zeiten des Internets und der Globalisierung alle Themen abrufbereit zur Hand hat. Doch offensichtlich hat der persönliche und private Austausch in bestimmten Zirkeln wieder eine besondere Anziehungskraft bekommen. Natürlich kann man allen möglichen Foren im Netz angehören, aber die persönlichen Gesprächspartner können dort eben nicht ersetzt werden."Vielleicht machen wir Frauen der SPD ja heute für die lokalen oder regionalen Treffen und Diskussionskreise – ähnlich der ehemaligen politischen Salons - einen Anfang."+++

 

 


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