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Blick hinter die Gefängnismauern (von links) Pfarrer Jörg Hammel, Pfarrer Jens Holstein, Nicola Haupt, Referatsleiterin Sonderseelsorge bei der Landeskirche, Anstaltsleiter Lars Streiberger, Anstaltspfarrer Dr. Andreas Leipold, Bischof Dr. Martin Hein, Pröpstin Katrin Wienold-Hocke, Probst Bernd Böttner und Dekan Bengt Seeberg. - Fotos: Gudrun Schmidl

HÜNFELD Bischof Hein in der JVA

"Gefängnisseelsorge besonders wichtig" - Inhaftierte sind Teil der Kirche

04.06.17 - Im Rahmen einer dreitägigen Visitation in verschiedenen Anstalten in der Region machte Bischof Prof. Dr. Martin Hein am Freitag in Begleitung weiterer Kirchenvertreter auch Station in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hünfeld. Von Gelnhausen kommend, wo vorab die Jugendarrestanstalt auf dem Besuchsprogramm stand, wurden die Gäste von Anstaltspfarrer Dr. Andreas Leipold aus Bad Hersfeld noch im Außenbereich begrüßt. Den strengen Sicherheitskontrollen, ähnlich den Kontrollen am Flughafen, musste sich auch der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck unterziehen, der bereits bei der Einweihung der JVA Hünfeld im Dezember 2005 dabei war, der ersten teilprivatisierten Anstalt in Deutschland mit 507 Haftplätzen. Die Dienst- und Serviceleistungen werden von der Steep GmbH übernommen, die etwa 45 % des Personals stellen. In private Hände wurden alle Aufgaben gelegt, in denen keine staatlichen Hoheitsfunktionen ausgeübt werden. Dazu zählen etwa der Betrieb der Anstaltsküche und der Werkstätten, die medizinische, psychologische und pädagogische Betreuung, die Überwachung der Monitore, die Organisation der Freizeitveranstaltungen, die Wartung des Gebäudes und der Außenanlagen. Als die JVA Hünfeld in Betrieb genommen wurde, war sie die modernste Justizvollzugsanstalt in Europa.

Bei einem Mittagessen in der Betriebskantine konnten sich die Besucher stärken. Sie hatten die Wahl zwischen Schnitzel und Fisch, was auch für die Gefangenen auf dem Speiseplan stand. So ist es jeden Tag – außer am Montag. „Die Currywurst ist den Beschäftigten vorbehalten“, so Leipold. Vor dem Rundgang durch die Anstalt stand eine Gesprächsrunde auf dem Programm. Seit sechs Monaten ist der frühere Oberstaatsanwalt Lars Streiberger Anstaltsleiter. Er benennt die zwei Aufträge des Vollzugs: Sicherheit im Sinne von Schutz der Allgemeinheit und Eingliederung. In Hünfeld sitzen ausschließlich männliche Straftäter ein, die maximal fünf Jahre wegen Drogendelikten, Einbrüchen und Betrug verbüßen müssen, darunter zahlreiche Erstverbüßer. Gewalt- oder Sexualstraftäter gibt es hier nicht. Die 507 Haftplätze sind fast vollständig belegt, allein am Tag der Visitation gab es neun Neuzugänge.

„Seelsorge ist sozusagen eine Zwischenfunktion“, betont der Anstaltsleiter. Von Anfang an ist Dr. Andreas Leipold als evangelischer Seelsorger in der JVA Hünfeld im Einsatz. Die katholische Seelsorge übernimmt seit April 2016 Dr. Meins Coetsier. Imam El Mustapha Azarfane ist Ansprechpartner für die muslimischen Gefangenen. Bischof Prof. Dr. Martin Hein, für den regelmäßige Visitationen in Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen zum Aufgabengebiet gehören, wurde über die Zusammenarbeit und das Wirken der Seelsorger umfänglich informiert. Die Gefängnisseelsorge ist ihm besonders wichtig. „Der Strafvollzug findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Viele, die hier einsitzen, sind Teil unserer Kirche“, betont er und ergänzt: „Unser Besuch ist auch Ausdruck des Interesses unserer Kirche an diesen Menschen“.

Dr. Andreas Leipold (links) ist der evangelische Anstaltspfarrer. Rechts sitzt der ...

Das unüberhörbare Geräusch des Öffnens und Schließens der zentnerschweren Gangtüren verfolgt die Besucher während des gesamten Rundgangs durch den weiträumigen Gebäudekomplex, der sich auf den ersten Blick auch um ein architektonisch anspruchsvolles Krankenhaus oder eine Schule handeln könnte, wären da nicht die Zellen und das bewehrte Äußere, das sich hinter hoch gewachsenem Grüngehölz nahezu unsichtbar für die Außenwelt auf dem Gelände verbirgt. „Der Schutz der Allgemeinheit läuft reibungslos. Es passiert nichts“, betont Werner Krah als Sachdienstleiter des Sicherheitsdienstes. „Es gab bisher keinen einzigen Ausbruch“, bestätigt er auf Nachfrage.

Bischof Prof. Dr. Martin Hein und weitere Kirchenvertreter im Andachtsraum ...

Während der Besuchergruppe kurze Einblicke in den gefängniseigenen Lebensmittelladen, den großen Besucherraum mit Aquarium und Kinderspielecke und den Versammlungsraum mit Blick auf den belebten Innenhof gewährt werden, nutzen die Gefangenen ihren einstündigen Hofgang, der zeitlich dem Zwei-Schichtsystem in den Gefängnis-Werkstätten zur Steuerung der notwendigen Abläufe angepasst ist, für ein Sonnenbad oder zur körperlichen Ertüchtigung mit Joggingrunden und Übungen am Reck. Allesamt gekleidet mit roten T-Shirts und grauen Jogginghosen. Ihre privaten Dinge müssen sie abgeben, wenn sich die Gefängnistore hinter ihnen schließen. Die JVA verfügt außerdem über eine große Sporthalle, die so gebaut ist, dass diese abends den örtlichen Vereinen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden kann. In der Regel ist es für die Gefangenen zweimal in der Woche möglich, die verschiedensten sportlichen Angebote zu nutzen. „Das ist ein guter Ausgleich und beugt Aggressionen vor“, bekräftigt Werner Krah.

Werner Krah, der für die Sicherheit zuständig ist, erläutert am Modell den Gefängniskomplex. ...

Der Blick hinter die Gefängnismauern beinhaltete natürlich auch einen Blick in den Andachtsraum, von Anstaltspfarrer Dr. Andreas Leipold als „der schönste Raum in der ganzen JVA“ vorgestellt. Das ist nicht übertrieben. Hier können Gefangene „dem Sternenhimmel nah sein“ und außerdem ist es der einzige Raum, wo die Hartstahlgitter an den Fenstern nicht zu sehen sind. Momentan besuchen nur wenige Gefangene die Gottesdienste, denn das „Katz und Maus-Spiel“ im Gottesdienst, bei dem hauptsächlich Russlanddeutsche ihre Geschäfte gemacht haben, wurde durch die Trennung der Gruppen beendet. „Wir haben ihnen das Publikum weggenommen“, meint Werner Krah. Außerdem sollen Mehrfachtäter und Erstverbüßer nicht in Kontakt kommen. Dennoch ist es nach wie vor jedem Gefangenen möglich, Gottesdienste zu besuchen, die auch von der Neuapostolischen Kirche und den Zeugen Jehovas angeboten werden. Das vorgesehene Gespräch mit einem der Insassen kam leider nicht zustande. Das ist bedauerlich, aber es war gut für den Zeitplan des Bischofs. Letzte Station seiner Visitation war die JVA in Fulda. (Gudrun Schmidl) +++

 

 




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