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REGION Die Mittwochs-Kolumne

WIELOCH schreibt an (41)... Bischof Heinz Josef Algermissen

ZUR PERSONIn „Wieloch schreibt an“ richtet sich Jochen Wieloch (40) immer mittwochs in einem persönlichen Brief nicht nur an regionale Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport oder Kultur, sondern auch an Menschen des Alltags, die in den Tagen zuvor besonders aufgefallen sind und für positive oder negative Schlagzeilen gesorgt haben. Bei der Kolumne handelt es sich um eine Mischung aus Kommentar und Portraitierung, in der Jochen Wieloch mal sachlich, mal emotional lobt, kritisiert und bei Bedarf auch ordentlich Dampf ablässt. Der Petersberger kennt sich in den Medien Print, TV und Internet bestens aus und ist unter anderem als Spezialist für Unterhaltungs-elektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete der Germanist unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München.

07.06.17 - Lieber Bischof Algermissen,

Sie müssen sich vorkommen wie der Vorsitzende eines Sportvereins, der die erste und zweite Mannschaft im Fußball zusammenlegt. Der die Handballer und Volleyballer künftig gemeinsam trainieren lässt. Der die Nachwuchsabteilung schließen muss. Auch Ihnen fehlen gewissermaßen Trainer und Mitglieder. Sie haben mit Priestermangel, rückläufigen Katholikenzahlen und daraus resultierend auch mit finanziellen Einschnitten zu kämpfen. Ausweg aus diesem Dilemma: Bis zum Jahr 2030 werden die aktuell 273 Pfarreien im Bistum zu 45 Pfarreien verschmolzen. Gefühlt ist das so, als wenn ein Klassenlehrer nicht 25, sondern plötzlich 150 Schüler vor sich sitzen hat. Nicht unwahrscheinlich, dass er nach dem ersten Halbjahr immer noch nicht jeden Namen kennt. Und das Zwischenmenschliche zwangsläufig auf der Strecke bleibt.

Lieber Bischof Algermissen, Ihre Fusionspläne sind wahrscheinlich unausweichlich, aber sie bereiten mir Bauchschmerzen. Eine Pfarrei ist ein Stückchen Heimat. Aus geistlicher Sicht. Aber auch emotional. Sie ist – wenn auch für immer weniger Menschen – ein wichtiger Teil des Lebenswegs. Taufe, Kommunionunterricht, Messdiener- und Gruppenstunde, Hochzeit, Pfarrfest, Krankenbesuch. Die Pfarrei als Anlaufstelle an guten und an schlechten Tagen. Zentrale Faktoren hierbei sind Zeit und Nähe, aber auch Verlässlichkeit. Zu wissen, der eigene Pfarrer ist da. Das schafft Vertrauen. Kinder lernen freiwillig für ihren Lieblingslehrer. Sie gehen gerne in die Kirche, wenn ein besonderer Draht, eine enge Verbindung zu ihrem Pfarrer besteht.

„Wer wird Millionär?“ funktioniert, weil der Zuschauer weiß, dass Günther Jauch im Ratestuhl sitzt. Immer! Wechselnde Besetzungen, Unberechenbarkeiten kosten Quote. Vor dem Fernseher. Und ich befürchte auch im Gotteshaus. Nicht jeder Katholik besucht die Messe ausschließlich wegen der Lehre Gottes. Ein Garantieversprechen für sonntägliches Stammpersonal kann die Kirche in Zukunft aber kaum noch geben. Das Pfarrheim als Mittelpunkt wird an Bedeutung verlieren. Uns drohen Handy-Pfarrer. Immer unterwegs. Gewiss, auch Essen auf Rädern kann schmecken. Am besten mundet es, wenn der Fahrer noch ein wenig Zeit zum Plaudern hat.

Lieber Bischof Algermissen, deshalb macht mir eines Ihrer Ziele Hoffnung: Unsere Pfarrer sollen mit weniger Verwaltungsaufgaben belastet werden. Dafür gibt es gelernte Spezialisten, die gerne am Schreibtisch sitzen. Priester sind Seelsorger. Ich kenne keinen, der den Haushaltsplan dem Habit vorzieht. ADAC-Pannenhelfer, die Gelben Engel auf unseren Straßen, sind extrem beliebt. Ich würde mich freuen, wenn unsere Pfarrer künftig ähnlich plakativ erkennbar als mobile Missionare in unseren XXL-Pfarreien unterwegs sind.

Mit herzlichen Grüßen


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