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SCHLÜCHTERN Die Liebe ist ein klangvolles Spiel

Duo Carrington/Brown begeistert Publikum zum Festival-Auftakt im Kuki-Zelt

09.06.17 - Das Leben ist ein Beziehungsspiel – und nur selten wird es so kunstvoll gespiegelt wie von dem Musikerpaar Rebecca Carrington und Colin Brown. Das Publikum im voll besetzten Kuki-Zelt in Schlüchtern hätte sich keinen vielseitigeren Auftakt der Festivalsaison wünschen können: Es zeigte sich fasziniert von den erstaunlichen Verbindungen zwischen Musik und Komödie, Cello und Gesang, Humor und Herz, Heimat und Welt, Mann und Frau, die von dem Künstler-Duo erlebbar gemacht wurden.

Seit zehn Jahren leben die beiden Briten in Berlin, seit zehn Jahre arbeiten sie zusammen, und seit zehn Jahren sind sie ein Ehepaar. Also tauften sie ihr Jubiläumsprogramm schlicht „10“ und überreichen es wie ein persönliches Geschenk an ihr Publikum in Deutschland. „Kuki-Zelt ist immer Spaß“, sagt Colin Brown, der smarte Schauspieler und Sänger mit jamaikanischen Wurzeln, und meint dabei die besondere Atmosphäre im Zirkuszelt, die den direkten Dialog mit den Zuschauern zulässt. Das Leben ist ein Beziehungsspiel – selbstverständlich auch zwischen Künstlern und Publikum.

Und natürlich auch zwischen Rebecca Carrington und ihrem 235 Jahre alten Cello Joe, das sie meisterlich zu spielen versteht. Joe wird im Jubiläumsprogramm zur Person und bekommt eine menschliche Stimme. Er schildert sein Leben vor und später mit Rebecca aus seiner Sicht. Spannungsreich ist diese Geschichte, und prompt reißt eine Saite des Cellobogens, als Rebecca ihr Instrument schließlich auch in Klängen sprechen lässt.

Leidenschaft und Hingabe sind bei Carrington/Brown jede Sekunde spürbar: Die beiden lieben gleichermaßen die Musik und das Lachen – und sie haben die Gabe nicht verloren, sich selbst als Individuen sowie als Paar mit Humor zu betrachten. Nach zehn Jahren sind sie so selbstbewusst, das „Rezept der Liebe“ zu präsentieren. Natürlich mit Gesang und Musik: raumgreifende Stimmen, die erst auf Englisch, dann auf Deutsch verkünden, welche Mengen an Geduld, Liebe, Leidenschaft, Langmut die perfekte Mischung ergeben. Besonders wichtig: „Das Ganze wird versüßt mit Sex“.

Herrlich auch die Geschichte, wie sich die Liebe zwischen den beiden angebahnt hat – auf einem Festival in Edinburgh. Rebecca trällert, hechelt, lechzt und lächelt, während Joe brummt und quietscht. Und Colin tut das, was er offenbar auch bei der ersten Begegnung mit seiner Zukünftigen getan hat: Er steht auf der Bühne und wackelt auf spektakuläre Weise mit dem Hinterteil.

Aber das ist nicht die einzige Kunst, die er beherrscht: Als ehemaliges Mitglied der berühmten Shakespeare Company und Background-Sänger von Robbie Williams spielt er mit Körper und Mimik ebenso souverän wie mit seiner Stimme – ein tiefer, raspelnder Bass, der ganz offensichtlich nicht nur bei Rebecca seine Wirkung entfaltet. Die Herzen im Kuki-Zelt erobert der Künstler jedoch auf andere Weise: Mit Dudelsack und Kilt in Schwarz-Rot-Gold. Die deutsche Nationalhymne schrillt und schnauft durch das Zelt, und das Publikum ist entzückt. Denn selbstverständlich geht es im Jubiläumsprogramm auch um die Beziehung von Carrington/Brown zu ihrer Wahlheimat Deutschland. Und manchmal sind Beziehungen ganz einfach: Colin liebt seinen Dudelsack, das deutsche Publikum liebt seinen Dudelsack auch, also liebt Colin das deutsche Publikum. Simpel, oder?

Überdies werden die deutsche Einkaufskultur mit Mitbring-Beuteln und Einpack-Hektik sowie die Fallstricke der deutschen Sprache mit Charme und Cello aufs Korn genommen. Auf der Bühne herrscht, höchst künstlerisch zum Ausdruck gebracht, Pronomen-Paranoia.

Beeindruckend sind die Geschwindigkeit und Präzision, mit der Carrington/Brown arbeiten. Sie legen einen Teufelsritt durch Musik-Genres von Bollywood bis Oper hin und sprengen Grenzen zwischen Klassik und Pop, Ernst und Spaß. Oberflächlich ist das ganz und gar nicht, denn dieses freie Spiel setzt voraus, dass die Künstler tief in die Materie vorgedrungen sind. Und weil das Publikum so begeistert ist, intonieren Carrington/Brown zum Schluss ihre persönliche Version des Ed-Sheeran-Songs „Shape Of You“, den sie eigentlich mit Orchester-Begleitung einstudiert haben. Befeuert von intensivem Applaus, wird es auch ohne Orchester ein Hit. Das Leben ist eben ein Beziehungsspiel. +++



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