Volles Haus, Erbenhausen erhält zur 800 Jahrfeier seine erste Dorf-Chronik

13.06.17 - Im Dorfgemeinschaftshaus wurden vorsorglich alle verfügbaren Stühle zur Vorstellung der neuen Dorfchronik aufgebaut. Weit über 100 Gäste füllten den Saal zur Zufriedenheit der Organisatoren, denn mit Spannung wurde die „Vorstellung“ der Neuen Dorfchronik von Erbenhausen erwartet. Eine Reihe von prominenten Besucher garnierten den zentralen Vortrag von Dr. Wolfgang Seim mit zusätzlichen humoristischen aber auch kritischen Beiträgen zu der Frage nach dem tatsächlichen Alter von Erbenhausen. Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Evangelisch Gemischten Chor Erbenhausen mit drei Liedvorträgen.

Bürgermeisterin Claudia Blum bzw. das Rathaus unterstützen die Aktivitäten um die 800 Jahrfeier von Erbenhausen nicht nur finanziell, sondern auch mit Kräften durch den Bauhof und die Verwaltung. „Das Ehrenamt muss unterstützt werden. Aber man lernt auch durch diese Auseinandersetzung mit der Geschichte. So konnte ich diese Tage in einer Unterhaltung mit meinem neu erworbenen Wissen glänzen, da ich den Begriff des Schinnrasen (früher eine Beerdigungsstelle für das verendete Vieh) hier in Erbenhausen gelernt hatte. Ich wünsche den Veranstaltungen um die 800 Jahrfeier noch weiterhin alle Gute.“ Auch Pfarrer Christoph Schulze-Gockel freut sich über die Bereicherung, die durch die Chronik für Erbenhausen entsteht. Neben dem Sippenbuch, das 2014 veröffentlicht wurde, wird das Bild für die Erbenhäuser Geschichte wieder ein Stück weit vollständiger. Die Arbeit hat auch das Zusammenleben im Dorf positiv verändert.

Es wurde viel gesprochen und ausgetauscht, um die gesamten Inhalte für die Chronik zu sammeln.
Dr. Hans Heuser, Kreistagsvorsitzender begrüßte die Besucher, überbrachte die Grüße des Landkreises und würdigte kurzweilig und humoristisch die Leistung der Organisatoren. Von den anwesenden Ehrengästen verzichtete der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Herr Armin Klein auf eine eigene Rede und ließ die Frau Bürgermeisterin Blum die guten Wünsche der Stadtverordneten überbringen. Als Ehrengast war auch der Alt-und Ehrenbürgermeister der Stadt Homberg, Herr Walter Seitz anwesend. 

Vor 140 Gästen stellte Herr Dr. Wolfgang Seim die neue Dorfchronik von Erbenhausen ...

Der erste Erwerber der Dorfchronik von Erbenhausen, Ehrengast und Kreistagsvorsitzender ...

Die Vorstellung der Erbenhäuser Chronik fand in dem sehr gut gefüllten Dorfgemeinschaftshaus ...

Der Historiker Ferdinand Stein hatte unabhängig von Frau Erika Müller an den Erbenhäuser Wüstungen selbst bereits früher Scherben aus der Karolingerzeit (751 bis 911) gefunden, berichtete er. „Er mahnte nicht ganz ohne Schalk an, bei den Recherchen auch das „Kleingedruckte“ bzw. die nachträglichen Korrekturen mit zu berücksichtigen. „Gelegentlich berichtet ein Historiker zu einem Ort und die nachfolgenden Schreiben es ab,“ erläutert der erfahrene Historiker Stein, „Dabei hat der erste die Quellen nicht sorgfältig studiert und die Nachfolger unterliegen dann dem gleichen Fehler.“ In Erbenhausen scheint auch ein solcher Fall vor zu liegen, stellt Stein fest und überreicht die Ablichtung einer historischen „Korrektur einer Quelle“. Stein ermuntert die Erbenhäuser weiter an dem Thema der Erforschung des Ursprungs zu bleiben. Zum Beispiel unter der aktuellen Kirche sind weitere aufschlussreiche Funde nicht undenkbar/durchaus möglich.

Der Festvortrag wurde von amtlicher Seite aus bestritten. Dr. phil. Wolfhard Vahl, Archivoberrat des Staatsarchivs Marburg erklärte den Hintergrund zur Entstehungsgeschichte. „Es gibt viele Orte in meinem Einzugsbereich, die die gleiche Problematik einer lückenhaften Urkundenlage haben. Dem 30 jährigen Krieg sind z.B. viele Kirchenbücher und Dokumente zum Opfer gefallen. Im Falle von Erbenhausen, das zur Abtei Fulda gehörte, wurde das Archiv für einige Jahre des Krieges in die Schweiz gerettet. Was dabei verschwunden ist, lässt sich allerdings auch nicht nachvollziehen. Anhand der Urkunden kann ich also offiziell nur bestätigen, dass Erbenhausen mindestens 800 Jahre alt ist. Das hat aber nichts über das Alter der Siedlung zu sagen. Viele heutige Orte sind spontan aus kleinen Ansiedlungen entstanden. Es gibt also häufig keinen „Akt“ der Gründung, der dann mit Urkunden belegt ist“ erläutert Archivoberrat Vahl. Er und seine Kollegen werden gerne auch als „Jubiläums- Killer“ bezeichnet. Denn hin und wieder sind die Jubiläums-Feiern schon fest organisiert und sie können dann von offizieller Seite aus das Jubiläum nicht bestätigen/erhalten vom Staatsarchiv dann kein positives Ersterwähnungsgutachten.

„Da kommt dann keine Freude bei den Veranstaltern und zuständigen Politikern auf!“ Für Erbenhausen machte er aber Mut, dass hier nicht nur eine 800- , sondern nach weiteren vertieften Recherchen doch auch noch ein eine 1100-Jahr-Feier angezeigt sein könnte, da die Angabe im Codex Eberhardi aus dem Kloster Fulda sicher auch Erbenhausen bei Homberg und nicht auf Erbenhausen bei Marburg zu beziehen sei.

Nun folgte der Höhepunkt: Die Vorstellung der Chronik in einem Lichtbildvortrag. Dr. Wolfgang Seim erläuterte detailliert den Aufbau und die Gestaltung des Buches. Der Vortrag überzeugte die Zuhörerschaft. So war die Schlange beim anschließenden Buchverkauf länger als am ebenfalls gereichten Imbiss. Herr Seim zeigte eine Reihe von Bildern, die letztlich noch nie öffentlich zu sehen waren, da sie in mühseliger Kleinarbeit aus Privatbeständen freundlicherweise bereit gestellt wurden. Die Recherchen der Autoren brachten hochinteressante und auch überraschende Ergebnisse und Funde zu Tage. Nun liegt die Spannung bei der Autorenschaft, denn das Echo der Leser ist für Autoren nach dieser Mammutaufgabe wie das Lampenfieber bei Schauspieler, bevor der Vorhang aufgeht.
Die Ortschronik kann im Rathaus Homberg bezogen werden. +++