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Oberst Pickering (Gunther Emmerlich), Eliza Doolittle (Sandy Mölling) und Professor Higgens (Cusch Jung) im Studierzimmer - Fotos: ON-Archiv

BAD HERSFELD Musical-Klassiker als Wiederaufnahme

Umjubelte Festspielpremiere "My Fair Lady" - es gibt noch Restkarten

02.07.17 - Es riecht nach Sommer, auch wenn die Temperaturen eher herbstlich anmuten. Dem Premierenpublikum in der restlos ausverkauften Stiftsruine wurde es am Freitagabend dennoch schnell warm ums Herz, denn die Wiederaufnahme des Musical-Klassikers „My Fair Lady“ in der modernen, frischen, schnellen, humorvollen Inszenierung von Cusch Jung bietet ein höchst vergnügliches Musical-Erlebnis. George Bernard Shaws Schauspiel „Pygmalion“ diente als Vorlage, doch erst die wunderbare Musik von Frederick Loewe hat „My Fair Lady“ zum Evergreen gemacht, der bis heute nichts von seinem Charme eingebüßt hat. Das 1956 uraufgeführte Musical strotzt nur so vor unvergesslichen Ohrwürmern, die von den Darstellern und dem Orchester unter der Leitung von Christoph Wohlleben mitreißend dargeboten wurden.

„My Fair Lady“ stand im vergangenen Jahr zum allerersten Mal auf dem Spielplan der Bad Hersfelder Festspiele. Schon lange vor der Premiere waren sämtliche Vorstellungen ausverkauft, viele Kartenwünsche blieben unerfüllt. Kein Wunder, dass auch in diesem Jahr die Nachfrage nach Karten groß ist, denn das Märchen für Erwachsene verzaubert. Die Handlung ist so einfach wie genial: Phonetik-Professor Henry Higgins wettet, das Blumenmädchen Eliza binnen sechs Monaten mittels Spracherziehung gesellschaftsfähig zu machen. Ihre kraftvoll-vulgäre Sprache, die in der englischen Fassung mit starkem Cockney-Akzent ausgeschmückt ist, nimmt er als Beispiel für die Deformierung der Muttersprache (Kann denn die Kinder keiner lehren?). Higgins glaubt, dass der Mensch sich nicht über die Herkunft, sondern seine Sprache definiere. Cusch Jung spielt den bornierten, zynischen Professor überzeugend und glaubhaft.

Während Professor Higgins seine Logier-Schülerin mit Vokal-Konsonant-Übungen und Grammatik-Drill quält (Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen), setzt das hinreißende Temperamentsbündel Eliza mit rotziger Penetranz und dreckiger Röhre dagegen (Wart´s nur ab), treibt den Professor nahezu in den Wahnsinn. „Ich habe nur Blumen verkauft, nicht mich selbst“, hält sie ihrem tyrannischen Lehrer entgegen, um sich dann doch dessen Drill zu unterwerfen. Schon im letzten Jahr hat Sandy Mölling ihre Kritiker überzeugt, die zweifelten, ob eine – wenn auch überaus erfolgreiche Popsängerin – der Rolle gewachsen ist. Auch die Herzen des Publikums hat sie längst erobert mit ihrem leidenschaftlichen, authentischen Spiel, ihrer Wandlungsfähigkeit von der vorlauten berlinernden Göre zur Lady.

Üben...üben...üben...

Gunther Emmerlich als Oberst Pickering steht für Menschlichkeit, gute Laune und als väterlicher Freund an der Seite von Eliza Doolittle. Marlon Wehmeier rührt als liebeskranker Freddy Eynsford-Hill vor allem mit der gefühlvollen Darbietung des Songs: „In der Straße, mein Schatz, wo du lebst“. Hervorzuheben ist Ilja Richter in der Rolle des Müllkutschers Alfred P. Doolittle, die er mit sichtlicher Freude spielt. Ein versoffener Lebenskünstler und Taugenichts, der jede Verantwortung und Moral von sich weist und in den Tag hinein lebt, feiert seinen Lebensstil mit seinen Saufkumpanen (Mit ´nem kleenen Stückchen Glück).

Gertraud Jessener als Mrs. Higgens trifft Oberst Pickering (Gunther Emmerlich) beim ...

Eliza Doolittle (Sandy Mölling) hat erstmals Zutritt in die feine Gesellschaft. ...

Ein insgesamt hochkarätig besetztes Ensemble brilliert und begeistert. Auch das durchdachte Bühnenbild, das die Handlung aus dem geschlossenen Raum ins Freie verlegt, die opulenten Kostüme (Ella Späte) und die von Melissa King schwungvoll ausgearbeitete Choreographie - grandios Doolittles Hochzeitsszene (Bringt mich pünktlich zum Altar) - tragen wesentlich zum Erfolg dieser Musical-Produktion bei, in der Eliza Doolittle letztendlich zu der Einsicht kommt, dass der Unterschied zwischen einem Blumenmädchen und einer Lady nicht ist, wie man sich verhält, sondern wie man behandelt wird. Sie erkennt: Wer seine Herkunft verschleiert, der läuft Gefahr, sein wahres Ich zu verlieren.

Marlon Wehmeier als Freddy Eynsford-Hill

Jetzt muss Eliza Doolittle beweisen, dass sie sich in der hochgestochenen Londoner ...

Und selbst der hartgesottenste Junggeselle ist zu knacken, wenn er nur auf die richtige Frau trifft. Dem engstirnigen und eigenbrötlerischen Higgins traut man eigentlich bis zum Schluss überhaupt keine Gefühle zu, schon gar nicht eine Verliebtheit in Eliza. Und doch jammert er „Ich vermisse ihr Gesicht“, nachdem die ehemalige Rinnstein-Tussi als charakterstarke junge Frau sein Haus verlassen hat, weil er sich weigert, ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Letztendlich kommt sie zu ihm zurück! Das ist die Schlussszene mit offenem Ausgang in einer Inszenierung, die Cusch Jung nicht „aus der Zeit“ herausgenommen hat. Das ist auch gar nicht nötig, denn „My Fair Lady“ hat bis heute nicht an Schärfe und Aktualität verloren. Das Premierenpublikum bedankte sich minutenlang mit stehenden Ovationen.

Reservierung & Buchung unter Ticket-Service Am Markt 1, Bad Hersfeld, Telefon (06621)640200, [email protected] und www.bad-hersfelder-festspiele.de. (Gudrun Schmidl) +++

Alfred P. Doolittle (Ilja Richter), der seine Tochter Eliza immer wieder angepumpt hat, kommt ...

Hochzeitsszene: "Bringt mich pünktlich zum Altar" feuert Alfred P. Doolittle die fröhliche ...

Als rotzfreche Taschendiebe sind die jüngsten Darsteller Jayden Mölling, (links) und Silas ... Fotos (4): Gudrun Schmidl


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