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- Foto: Martin Angelstein

BERLIN Gegen den Widerstand der Union

Historisch! Bundestag beschließt mit klarer Mehrheit die "Ehe für alle"

30.06.17 - Historische Abstimmung in Berlin: Der Deutsche Bundestag hat die sogenannte "Ehe für alle" beschlossen. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich heute morgen für die vollständige Gleichstellung von homosexuellen Paaren aus. Bei 623 abgegebenen Stimmen votierte eine Mehrheit von 393 Abgeordneten für eine völlige rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare. 226 Abgeordnete stimmten mit Nein. Es gab vier Enthaltung. 

Foto: Walter M. Rammler fotodesign

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der Abstimmung: "Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau. Und deshalb habe ich heute auch dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt." Sie hoffe, dass mit dem Bundestagsbeschluss "auch ein Stück Friede und gesellschaftlicher Zusammenhalt geschaffen wurde".

OSTHESSEN|NEWS hatte seine Leser vor zwei Tagen nach deren Meinung zu dem umstritteten Thema gefragt. Insgesammt 1806 Stimmen gingen ein. 939 Leser (52,2%) votierten für die "Ehe für alle", 858 (47,8%) waren dagegen. Nachfolgend Stimmen heimischer Politiker.


MdB Michael Brand (CDU) stimmte gegen „Ehe für alle“

Michael Brand Foto: Erich Gutberlet

In einer Pressemitteilung nahm MdB Michael Brand (CDU) Stellung: „Dass eine so sensible Frage zum Spielball eines taktischen Polit-Pokers gemacht wird, ist des Themas unwürdig. Das ist in der Geschichte von fast 70 Jahren Bundestag die erste Debatte mit Gewissensentscheidung, die nach 38 Minuten Debatte innerhalb von drei Tagen durch das Parlament gejagt wurde. Solche Entscheidungen sind immer mit intensiver, auch zeitlicher Prüfung verbunden, wie zuletzt beim Thema Sterbebegleitung. Die Ehe ist von der Verfassung besonders geschützt, sie bleibt für mich die Verbindung von Frau und Mann. Sie ist der Beginn von Familie und Kindern, die Keimzelle unserer Gesellschaft, dafür trete ich entschieden ein. Das Gesetz von Linken, SPD und Grünen habe ich aus gutem Grund abgelehnt. Die Politik muss auch auf die Bedenken von Millionen Menschen eingehen, die mit diesem Paradigmenwechsel große innere Probleme haben.

Beim vieldiskutierten Adoptionsrecht geht es zuallererst um das Kindeswohl, und nicht um das der Eltern. Kinder brauchen Eltern, und sie brauchen das, was Vater und Mutter sind. Das auch in anderen Verbindungen Werte vermittelt und Verantwortung übernommen wird, ist überhaupt kein Widerspruch, das ist Realität. Die Belange von Alleinerziehenden kommen in der Debatte völlig zu kurz, hier braucht es mehr Unterstützung. Die Ehe hat eine lange kulturelle und religiöse, christliche Tradition. Die Umdefinition des vom Bundesverfassungsgericht klar bestimmten Ehebegriffs kann ich nicht mittragen.“Das Hau-Ruck-Vorgehen von SPD, Grünen und Linken bei einem sensiblen Thema, das selbst einen Verfassungsbruch riskiert, ist beispiellos. Es ist nicht nachvollziehbar, dass auf Verlangen der SPD die Frage der Privatisierung von Autobahnen in der letzten Sitzungswoche im Grundgesetz geregelt wurde, die Frage eine jahrhundertalten Institution aber einfach-gesetzlich. Es gibt einen übergroßen und richtigen Konsens, dass es Diskriminierungen nicht geben darf. Deshalb haben wir im Bundestag ja auch notwendige Gleichstellungen bei Betreuung, wechselseitigen Vertretungen, im Steuerrecht und mehr entschieden. Die SPD tut sich keinen Gefallen mit der Polarisierung, schon gar nicht durch Respektlosigkeit gegenüber anderen Meinungen. Den Respekt, den ich jedem entgegenbringe, wünsche ich auch für meine eigene Haltung sowie für die von Millionen im Land.“


Grünen-Direktkandidat Walter M. Rammler freut sich über den Gesetzentwurf

Walter M. Rammler Foto: privat

Walter M. Rammler, der Grüne Direktkandidat für den Bundestag, freut sich über die Entwicklung beim Thema „Ehe für alle“: „Es dauerte fast 30 Jahre und bedurfte des Appells der Hamburger Pfarrerstochter Merkel an die Gewissensfreiheit der Abgeordneten. Endlich wird umgesetzt, was der bekennende Schwule und Grünen-Politiker Volker Beck schon Ende der 1980er Jahre forderte“, schreibt Rammler in einer Pressenotiz.

Die Aufregung darüber ist enorm. Rammler versteht sie nicht. Deutschland ziehe nur nach, was in den meisten europäischen Ländern, darunter sogar sehr konservativ und katholisch geprägte Staaten Südeuropas wie Portugal und Spanien, seit Jahren gelebte Praxis sei. Auch in Deutschland dürfen sich jetzt gleichgeschlechtliche Paare "Eheleute" nennen und Kinder adoptieren. Um viel mehr gehe es nicht.

Vorbildlich für Rammler ist die bereits seit Jahren von der hessen-nassauischen Kirche gelebte Praxis bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Kirchenpräsident Volker Jung setzte damit Zeichen. „Die Ehe für alle“ würde nach seinen Worten „die Ehe als Schutzraum verbindlich und verantwortungsvoll gelebter Partnerschaft stärken“. Rammler hofft, dass Jungs Beispiel Schule macht und Einzug in die Kirchenstrukturen hält.


MdB Birgit Kömpel (SPD): "Diskriminierung muss ein Ende haben"

Birgit Kömpel Foto: privat

In einer Pressemitteilung meldete sich auch Birgit Kömpel zu Wort: "Ich habe selbstverständlich für die ,Ehe für alle' gestimmt. Für die SPD und für uns ist Familie immer da, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Das rückständige Gesellschaftsbild wird mit der Behauptung verteidigt, man wolle Ehe und Familie schützen. Wer will das nicht? Aber die Abwehrhaltung der Konservativen bewirkt doch genau das Gegenteil: Menschen, die füreinander und oftmals auch für Kinder Verantwortung übernehmen möchten, werden durch die bisherige Rechtslage genau daran gehindert. Es wird so getan, als würde die Gleichstellung der Ehe für Homosexuelle irgendeiner traditionellen Ehe oder Familie schaden. Das ist Unsinn und die Menschen in Fulda sollten sich fragen, ob sie weiter von einer Partei regiert werden möchten, deren Gesellschaftsbild vor Jahrzehnten stehengeblieben ist.

Zum Glück hat der Bundestag sich für eine deutliche Mehrheit entschieden. In den vergangenen vier Jahren scheiterten sämtliche Vorstöße der SPD zur Abstimmung für die Ehe vor allem an der Blockade der Kanzlerin. Ihre Behauptung, sie habe in den vergangenen vier Jahren nicht mit der SPD darüber gesprochen, hat mich sehr gewundert. Für mich steht fest: Die jahrzehntelange Diskriminierung für Lesben und Schwule muss ein Ende haben. Die ,Ehe für alle' nimmt niemandem etwas weg. Vielmehr macht sie viele homosexuelle Paare in der Rhön, im Vogelsberg, in Fulda und in ganz Deutschland glücklich."


Bettina Müller (SPD): "Mit der ,Ehe für alle" wird vielen gegeben, aber niemandem genommen"

Bettina Müller und Christoph Degen beim CSD Frankfurt 2014. Beide setzen sich seit ...Foto: Christina Fischer

„Die Eheöffnung war lange überfällig. Möglich gemacht hat das der Einsatz von couragierten Lesben und Schwulen in den 50er, 60er und 70er Jahren, die auch für diesen Einsatz einen hohen Preis zahlen mussten. Ich bin stolz darauf, dass wir für die nach § 175 StGB verurteilten Homosexuellen die Rehabilitierung und Entschädigung im Deutschen Bundestag durchsetzen konnten.

Mit der Öffnung der Ehe beenden wir die rechtliche Diskriminierung Homosexueller. Dennoch sind wir erst am Ziel, wenn Homosexualität gesellschaftlich akzeptiert wird. Den Grundstein hierfür hat das Parlament heute gelegt“, so die Bundestagsabgeordnete aus Flörsbachtal. 


Torsten Warnecke (SPD): "SPD Hersfeld-Rotenburg sieht in Bundestagsentscheidung Gleichstellung"

Torsten Warnecke Archivbild: Stefanie Harth

"Der Deutsche Bundestag hat auf Initiative der SPD in seiner übergroßen Mehrheit die ,Ehe für alle' beschlossen. Dabei waren nicht nur die Oppositionsfraktionen Bündnis90/Die Grünen und die Partei die Linke, sondern unerwartete 75 Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion. Darin sieht die SPD von Hersfeld-Rotenburg ein großes Signal für Gleichstellung und gegen Diskriminierung, wird doch damit das gegenseitige, dauerhafte Eheversprechen des lebenslangen Füreinandereinstehens nicht mehr nur einer Mehrheit eröffnet. Vielmehr können dieses Eheversprechen zukünftig alle Menschen eingehen, wenn sie dies wollen. Eine Entscheidung des Bundestages, die letztlich niemandem etwas nimmt. Nunmehr wird aber allen Paaren die Chance gegeben, sich zu entscheiden. Und warum sollen sich schließlich nicht alle Bürgerinnen und Bürger entscheiden können?,“ stellt Warnecke fest.

Als völlig unakzeptabel bezeichnet der SPD-Unterbezirksvorsitzende die erneute Sachbeschädigung am Michael-Schnabrich-Haus. Wurde doch in der Nacht vor der Abstimmung im Deutschen Bundestag zur „Ehe für alle“ eine Hauswand ungelenk beschmiert. „Das ist keine zu akzeptierende Form der politischen Auseinandersetzung. Gerade die SPD steht für offene politische Gespräche und Debatten. Daher gehen wir davon aus, daß der Schmierer den Mut aufbringt und sich meldet. Schließlich muß der Schaden beseitigt werden. Das erfordert aber Haltung,“ meint Warnecke. +++


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