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Festspiele: Im Zeichen von Fake News - Wedels „Hexenjagd“ als Spiegelbild
12.07.17 - Sie verbreiten sich in blitzartiger Geschwindigkeit im Netz. Unaufhaltsam bricht eine Woge von Falschmeldungen über uns herein. Die Wirklichkeit verschwimmt. Unter die Überschrift „Was Fake News anrichten“ hat Festspielintendant Dieter Wedel 2017 seine Inszenierung von Arthur Millers „Hexenjagd“ gestellt, die ab Freitagabend, 21. Juli, wiederaufgenommen wird. Aktueller denn je, mit teilweise neuer Besetzung und neuen Szenen, kommt der Politthriller daher, der dieses Jahr zum zweiten und letzten Mal in der Bad Hersfelder Stiftsruine dargeboten wird.
„Seit der Premiere 2016 hat die Welt sich rasend schnell verändert – das greifen wir auf“, erläutert Dieter Wedel. „Wir wollen aufzeigen, was Lügenmärchen, die gezielt verbreitet werden, anrichten können.“ Der Intendant verneigt sich vor dem Werk des amerikanischen Schriftstellers und gesellschaftskritischen Dramatikers Arthur Miller. „Das Stück ist wie ein Schwamm: Wenn man ihn zusammendrückt, fließt Gegenwart heraus.“ Kopfschüttelnd blickt der Regisseur nach Hamburg. „Wir erleben gerade, wie ein Bürgermeister innerhalb kürzester Zeit demontiert wird. Auch hier fiel der Begriff Hexenjagd.“
Das Publikum kann sich auf eine Mischung aus spannendem Politthriller und beklemmendem Drama freuen. Aufklärerisch. Emotional. Aufwühlend. „Die politische Brisanz, die das Stück mitbringt, macht ‚Hexenjagd‘ sehenswert“, sagt Tilo Keiner, der in diesem Sommer den Reverend Parris mimt. „Alle Rollen haben sich vor dem Hintergrund des vorherrschenden Klimas unterschwellig verändert: Die Leute, die die Inszenierung zum zweiten Mal sehen, werden staunen“, betont Brigitte Grothum, die Rebecca Nurse verkörpert. Als „beglückend“ empfindet es Simone Kabst (Susanna Walcott), Teil des Ensembles zu sein. „Das Drama verdeutlicht, wie das pubertäre Verhalten einer kleinen Gruppe ausgeschlachtet und benutzt werden kann“, unterstreicht die Schauspielerin.
Corinna Pohlmann (Abigail Williams) erachtet es als spannend, die Widersprüche, die eine Figur in sich trägt, auszuloten. „Ich übernehme gerne Täterrollen“, meint sie augenzwinkernd. Total nervös beim Probenauftakt ist Otlile „Oti“ Mabuse gewesen, die im Juli ihre große Schwester Motsi vertritt und als Tituba auf der Bühne stehen wird. „Ich habe hier viel gelernt und bin dankbar, dass ich mit diesem großartigen Team zusammenwirken darf“, sagt die Tänzerin und studierte Bauingenieurin.
Für Dieter Wedel persönlich ist „Hexenjagd“ „eine der schönsten Inszenierungen, die ich erlebt habe“. Er freue sich über die erneute Zusammenarbeit mit einem beglückenden Ensemble. Abermals kommen die Festspielgänger in den Genuss, eine Riege von prominenten Schauspielern auf der Bühne bestaunen zu dürfen: Richy Müller, Elisabeth Lanz, Christian Nickel, Horst Janson, Motsi und Otlile Mabuse, Brigitte Grothum, André Hennicke, Hans Diehl, Rudolf Krause, Corinna Pohlmann und viele andere machen das Schauspiel – neben Inhalt und Botschaft – zu einem besonderen Theater-Ereignis. Mehr Infos: http://www.bad-hersfelder-festspiele.de. (Stefanie Harth) +++