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KOMMENTAR Massendemo gegen Verelendung?

Arm, alt und einsam - warum haben Rentner eigentlich keine Lobby?

21.07.17 - Schon Bert Brecht wusste: die im Dunkeln sieht man nicht .. Alte Menschen, deren Rente vorne und hinten nicht reicht, die nicht wissen, wovon sie den kaputten Kühlschrank ersetzen oder die Schuhe besohlen lassen können, für die der Begriff Restaurantbesuch oder Urlaubsreise eine Utopie und ein Geschenk für einen lieben Menschen eine Unmöglichkeit darstellt - wir alle wissen ganz genau, dass es sich dabei nicht um exotische Einzelschicksale in einem unterentwickelten Land handelt. Die Zahlen, die wir für unsere Region recherchiert haben, sprechen eine deutliche Sprache.

Warum begegnet uns aber das Thema Altersarmut so wenig konkret in Gestalt von Menschen aus dem eigenen Umfeld oder Bekanntenkreis? Eher spenden wir für Opfer von Naturkatastrophen, Hungersnöten oder für Kriegsopfer, als dass wir uns um die Rentnerin in der Nachbarschaft kümmern, die immer so schnell vorbeihuscht. Wir wollen ja auch niemandem zu nahe treten, der nicht von sich aus um Hilfe bittet. Und es gibt so viele Missstände. Wir sind mittlerweile gewöhnt, von den Medien und obendrein von unserem privaten Bekannten- und Freundeskreis eine Hororgeschichte nach er anderen aufgetischt zu bekommen. Ungerechtigkeiten, Skandale, schlimme Krankheits- und Leidensgeschichten können und dürfen uns aber nicht allzusehr erschüttern, sonst wären wir völlig handlungsunfähig. Auch unser Potential an Mitleid ist schließlich nicht unerschöpflich.

Die zahlenmäßig nicht eben kleine Gruppe von älteren und alten Menschen ohne jeden finanziellen Spielraum, ohne Sparguthaben oder wenigstens einen Notgroschen lebt  in unmittelbarer Nähe zu uns - und ist doch irgendwie unsichtbar. Solange diese Menschen ihr Dasein mit vielen Entbehrungen irgendwie auf die Reihe kriegen und mit der mehr als mageren Rente doch über die Runden zu kommen scheinen, bleibt ihre Not verborgen - oder ein rein theoretisches Problem aus der Armutsstatistik. Offenbar verhindert eine tief sitzende (und definitiv falsche) Scham, dass sich die Betroffenen zu Wort melden, gegen ihren Notstand wehren, solidarisieren, organisieren und ihre Stimme gegen diesen Missstand erheben. Sind Sie denn selber schuld an ihrem Elend? Haben sie sich ihre Situation selbst eingebrockt? Schlecht verdient, geschludert, das Geld mit vollen Händen zum Fenster rausgeworfen?"

Nein, ganz sicher nicht. Vor allem Frauen, die ihren Beruf aufgegeben haben, um ihre Kinder aufzuziehen, werden bei den Rentenbezügen für diese meist alternativlose Lebensentscheidung bitter bestraft. Und was soll ein heute 70-Jähriger glauben, der über 40 Jahre womöglich harte körperliche Arbeit verrichtet hat, wenn er die paar Huller betrachtet, die er nach Steuerabzug rausbekommt?

"Ich will doch niemandem zur Last fallen, keinem auf der Tasche liegen", heißt häufig die Antwort, wenn man nachfragt. Und 'aufs Amt' zu gehen und um staatliche Unterstützung zu bitten, scheint für die Meisten überhaupt keine Option zu sein. Sicher, man kann sich einschränken beim Konsum, beim Essen. Doch schon die Höhe der Miete ist keine Verhandlungssache. Und wer sich keinen Lokal-, Theater oder Kinobesuch leisten kann, wer niemals jemanden einladen oder einen ausgeben kann, sitzt trübselig zuhause und verkümmert einsam. 

Wir möchten genauer hinschauen und nicht nur über einzelne Schicksale berichten, sondern auch über die Möglichkeiten, auch mit knappster Rente soziale Kontakte und Freundschaften zu pflegen und sich die Hilfe zu holen, die jedem zusteht: eben etwas Licht ins Dunkel bringen.+++ Carla Ihle-Becker


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